Warum Artenschutz? - Deutscher Rat für Landespflege
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daß legale Methoden angewandt werden, die dem <strong>Artenschutz</strong><br />
tatsächlich zugute kommen.<br />
Grundsätzlich ist festzustellen, daß Wiedereinbürgerungen<br />
lediglich als eine Notmaßnahme anzusehen sind. Sie spielen<br />
deshalb in der heutigen Naturschutzstrategie nur eine<br />
untergeordnete Rolle.<br />
4.7 zoologische und Botanische Gärten/ Genbanken<br />
Noch begrenzter als die Wiedereinbürgerungen sind die<br />
Möglichkeiten des <strong>Artenschutz</strong>es mit Hilfe von Zoologischen<br />
Gärten sowie Genbanken. Daran ändern auch einige<br />
der häufig zitierten Beispiele für die Erhaltung vom Aussterben<br />
bedrohter Arten nichts. Ein Beispiel ist der Kaiserliche<br />
Jagdpark bei Peking. Im Jahre 1865 entdeckte der französische<br />
Naturforscher und Missionar Abbe Armand David dort<br />
eine bis dahin unbekannte Hirschart - heute nach seinem<br />
Entdecker Davidshirsch, Elaphurus davidianus, genannt -,<br />
der ursprünglich in den Sümpfen des nordchinesischen<br />
Flachlandes beheimatet war. Diese Sümpfe wurden schon<br />
in der Zeit zwischen 1700 und 1100 v. Chr. kultiviert. Lediglich<br />
durch die Haltung in Gefangenschaft konnte diese endemische<br />
Hirschart bis heute überdauern.<br />
Equus przewalski, das Przewalski-Pferd, stellt die letzte<br />
überlebende Wildpferdart dar und existiert wahrscheinlich<br />
nur noch in Gefangenschaft. An dieser Art läßt sich gleichzeitig<br />
ein Problem der Zooaufzucht von Wildtieren verdeutlichen.<br />
Innerhalb weniger Generationen in Gefangenschaft<br />
können entscheidende Veränderungen eintreten. Beim Przewalski-Pferd<br />
verlagerte sich der Zeitpunkt der Geburt der<br />
Fohlen derart, daß sie bei Wiedereinbürgerung im natürlichen<br />
Verbreitungsgebiet zu einer ungünstigen Jahreszeit<br />
zu r Welt kämen und keine Überlebenschancen hätten. Die<br />
an diesem Beispiel gezeigten Veränderungen in der Gefangenschaft<br />
sind ein entscheidendes Argument für die begrenzten<br />
Möglichkeiten des <strong>Artenschutz</strong>es in Zoologischen<br />
Gärten.<br />
Der wesentliche Nachteil der Zoos ist die Tatsache, daß<br />
sich die Zuchten stets aus einer geringen Anzahl von Tieren<br />
zusammensetzen und ein Verlust der genetischen Variabilität<br />
nicht vermeidbar ist. Damit verbunden ist die Abnahme<br />
der Vitalität und der Fertilität der Tiere. Die durch Inzucht<br />
bedingte Schwächung führt letztlich zum Aussterben der<br />
Population. Dieses Phänomen wird auch bei zu kleinen bzw.<br />
isolierten Freilandpopulationen beobachtet, deren Erhaltung<br />
nicht selten der Situation eines Zoologischen Gartens<br />
vergleichbar ist.<br />
Ähnliches gilt auch für die Erhaltung von bedrohten oder bereits<br />
im Freiland verschol lenen Pflanzenarten in den Botanischen<br />
Gärten. Zahlreiche Beispiele aus aller Welt zeigen,<br />
daß viele seltene und vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten<br />
in Botanischen Gärten kultiviert und dort erhalt en bleiben,<br />
wenngleich das Risiko genetischer Veränderungen<br />
auch hier nicht ausgeschlossen werden kann. Gemäß den<br />
Empfehlungen einer internationalen Konferenz 1975 in Kew<br />
(Großbritannien) sollen die Botanischen Gärten bevorzugt<br />
die jeweilige dort regional bedrohte Flora erhalt en.<br />
Neuerdings bemühen sich bäuerliche Freilichtmuseen um<br />
die Erhaltung von Ackerwildkräutern, Ruderalpflanzen und<br />
nitrophilen Stauden, die im Zuge der intensiven landwirtschaftlichen<br />
Methoden (Saatgutreinigung, Herbizidanwendung,<br />
Wandel der Feldbestellung und der Fruchtfolge) sowie<br />
der Verstädterung von ländlichen Siedlungen vom A ussterben<br />
bedroht sind. Der museale Charakter dieser Arterhaltungsmaßnahmen<br />
wird hierbei deutlich.<br />
Bei Pflanzen bietet es sich an, durch Gewinnung und Aufbewahrung<br />
der Samen zur Erhaltung des Artenbestandes bei-<br />
zutragen. Nach Eingriffen in natürliche Standorte einer seltenen<br />
Art können Samen später wieder ausgebracht werden.<br />
Hierbei gelten die für die Wiedereinbürgerung von Tierarten<br />
genannten Grundsätze (vgl. Abschnitt 4.6).<br />
Für Kulturpflanzen ist in der Bundesrepublik Deutschland<br />
an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in<br />
Braunschweig eine Genbank eingerichtet worden. Samen<br />
werden hier vor der Ein lagerung getrocknet und sind dann<br />
20- 30 Jahre haltbar. Ihre Keimfähigkeit wird im 3-5jährfgen<br />
Abstand kontrolliert, gegebenenfalls wird das Material<br />
ausgesät und vermehrt. Eine derartige Konservierung von<br />
Wildpflanzenarten ist nur unzureichend erprobt und ist wegen<br />
der außerordentlich großen Artenvielfalt und der starken<br />
Varibilität bei der Samenkeimung schwieriger als bei<br />
Kulturpflanzen.<br />
5 Rechtliche und planerische Grundlagen<br />
5. 1 Bundes- und Landesrecht<br />
Zu den im Bundesnaturschutzgesetz von 1976 genannten<br />
Zielen des Naturschutzes (§1) gehören Schutz, Pflege und<br />
Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt; als einen der Grund·<br />
sätze des Naturschutzes(§ 2, Abs. 1 Nr. 10) nennt es Schutz<br />
und Pflege wildlebender Tiere und wildwachsender Pflanzen<br />
als Teile des Naturhaushaltes. Im 5. Abschnitt des Bundesnaturschutzgesetzes<br />
„Schutz und Pflege wildwachsender<br />
Pflanzen und wildlebender Tiere" wird in§ 20 der Schutz<br />
und die Pflege der wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden<br />
Tiere, ihrer Entwicklungsformen, Lebensstätten, Lebensräume<br />
und Lebensgemeinschaften als Teil des Naturhaushaltes<br />
(<strong>Artenschutz</strong>) allgemein vorgeschrieben. Der<br />
§ 21 regelt den allgemeinen Schutz von Pflanzen und Tieren<br />
und in§ 22 werden Ge- und Verbote für besonders geschützte<br />
Pflanzen und Tiere ausgesprochen. Auch wenn formell<br />
der Begriff des Biotopschutzes nicht ausdrücklich im Bundesnaturschutzgesetz<br />
und in den Landesnaturschutzgesetzen<br />
verankert ist, wird diesem Anliegen materiell Rechnung<br />
getragen, wie sich aus den in § 20 BNatSchG gemachten<br />
Angaben herauslesen läßt.<br />
In fast allen Landesgesetzen sind Ansätze zu einer Konkretisierung<br />
von Biotopschutzmaßnahmen feststellbar (vgl. Abschnitt<br />
3.2 und Anlage 1). Eine besondere Stellung nimmt<br />
dabei der Schutz der Feuchtgebiete ein (in Hessen s ind Eingriffe<br />
z. B. in Naß- und Feuchtgebiete, in die Verlandungszonen<br />
stehender Gewässer oder in die Ufervegetation und<br />
Röhrichtbestände sonstiger öffentlicher Gewässer unzulässig;<br />
in Bayern sind Maßnahmen, die zu einer Zerstörung<br />
oder Beschädigung, nachhaltiger Störung oder Veränderung<br />
des charakteristischen Zustandes vo n ökologisch besonders<br />
wertvollen Naß- und Feuchtflächen führen können,<br />
einer Erlaubnispflicht unterworfen). Neben den Feuchtgebieten<br />
werden als weitere Biotope ausdrücklic h bestimmte<br />
Lebensbereic he angesprochen, die vor allem für Kleintierund<br />
Vogelwelt besondere Bedeutung besitzen. Erfaßt werden<br />
die Vegetation auf Wiesen, Feldrainen, ungenutzte Gelände<br />
an Hängen oder Böschungen, Hecken, lebende Zäune,<br />
Bäume, Gebüsche und Röhrichtbestände. Einige Gesetze<br />
regeln auch ein Verbot des Fällens oder Besteigens von<br />
Bäumen mit Horsten oder Bruthöhlen während der Brutzeit.<br />
In einigen Landesnaturschutzgesetzen wird versucht, auch<br />
die Verwendung chemischer Mittel zur Bekämpfung von<br />
Schadorganismen und Pflanzenkrankheiten zu regeln und<br />
eine Applikation dieser Mittel außerhalb land- und forstwirtschaftlich<br />
genutzter Grundstücke soweit als möglich auszuschließen<br />
und in formell geschützten Gebieten völlig zu verbieten.<br />
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