Wissenschaftliches Arbeiten - Socialnet
Wissenschaftliches Arbeiten - Socialnet
Wissenschaftliches Arbeiten - Socialnet
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
54 Sprache und Stil<br />
werden sollte. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die hilfreiche<br />
Übersicht von Kornmeier (vgl. 2012, S. 178 f.).<br />
Die Antwort auf die Frage nach dem stilistisch angemessenen Einsatz der Gegenwarts-<br />
und Vergangenheitsformen scheint uns in folgende einfache Regel<br />
gefasst werden zu können: Wo immer möglich und zeitlich bzw. logisch nicht<br />
sinnwidrig ist die Gegenwartsform, das Präsens, das Tempus der Wahl. Kein<br />
Autor hat das so klar ausgedrückt wie Kühtz:<br />
„Wissenschaftliche Texte werden üblicherweise in der Gegenwartsform, dem<br />
Präsens, abgefasst.<br />
Selbst bei Angaben über zeitlich Zurückliegendes findet man häufig Formulierungen<br />
im Präsens… Es können jedoch auch Tempusformen der Vergangenheit<br />
gewählt werden, wobei ein Wechsel der Zeitebene vor allem dann sinnvoll ist,<br />
wenn der Aspekt der Vorzeitigkeit in der Darstellung besonders hervorgehoben<br />
werden soll… Längere Passagen in Vergangenheitsformen sollten jedoch vermieden<br />
werden, da sie einem Sachtext leicht einen unangemessen erzählenden<br />
Stil … verleihen. Vorsicht ist auch geboten, wenn sehr häufig zwischen verschiedenen<br />
Zeitebenen gewechselt wird. In solchen Fällen sollte man prüfen,<br />
ob der Text nicht flüssiger zu lesen und prägnanter ist, wenn er durchgängig<br />
im Präsens formuliert wird. Inhaltsangaben (z. B. von dichterischen oder wissenschaftlichen<br />
Werken) werden ebenfalls im Präsens abgefasst.“<br />
(Kühtz 2011, S. 30; Hervorh. im Orig. fett)<br />
Auf den Punkt gebracht empfiehlt sich also primär der Einsatz des Präsens,<br />
aber nicht uneingeschränkt. In einem Praktikumsbericht z. B. kann es nicht<br />
angewandt, sondern es muss das Imperfekt (Präteritum) gewählt werden, das<br />
als unvollendete Vergangenheit ein in der Vergangenheit liegendes Geschehen<br />
kennzeichnet und die zumeist genutzte Vergangenheitsform des geschriebenen<br />
Deutsch repräsentiert („Vom … bis zum … leistete ich mein Praktikum<br />
bei…“).<br />
Auch bei der Darstellung eigener und fremder Untersuchungen kommt das<br />
Imperfekt zum Zuge, soweit es sich um den Prozess der Untersuchung handelt<br />
(„Im Monat … wurden … Probanden in … Einrichtungen mit Hilfe eines<br />
standardisierten Fragebogens befragt…“). Die Untersuchungsergebnisse und<br />
daraus abgeleitete Erkenntnisse, neue Fragestellungen, Thesenbestätigung<br />
oder -verwerfung usw. werden dann wieder ins Präsens gesetzt: „Die Zeitform<br />
für Ihre Ergebnisdarstellung ist in der Regel das Präteritum, wenn es um Prozesse<br />
und Vorgänge geht, das Präsens, wenn Befunde mitgeteilt werden“ (Esselborn-Krumbiegel<br />
2012, S. 131; Hervorh. im Original fett).