ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wenn <strong>der</strong> Vater im Alltag fehlt<br />
102<br />
Form <strong>der</strong> Beziehung zum Kind als wenig befriedigend – sie beschreiben den Kontakt als anstrengend<br />
und „künstlich“ (Amato/Sobolewski 2004). Väter, die mit ihren Kin<strong>der</strong>n primär alltagsferne<br />
Erlebnisse teilen, enthalten ihren Kin<strong>der</strong>n offenbar wichtige Beziehungserfahrungen<br />
vor. Dies zeigt <strong>der</strong> Vergleich mit getrennt lebenden Vätern, die ein autoritatives Erziehungsverhalten<br />
praktizieren, das durch eine hohes Maß an Zuwendung und Unterstützung, aber<br />
auch Regelsetzung und Kontrolle <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> gekennzeichnet ist. Bietet <strong>der</strong> getrennt lebende<br />
Vater dieses för<strong>der</strong>nde und for<strong>der</strong>nde Interaktionsangebot, entwickeln Kin<strong>der</strong>n deutlich seltener<br />
Verhaltensprobleme und sie zeigen bessere Schulleistungen (Amato/Sobolewski 2004;<br />
Flouri 2005). Ein autoritatives Verhalten erfor<strong>der</strong>t von den getrennt lebenden Vätern allerdings<br />
erhebliche Kompetenzen und sie müssen sich sehr gut über ihr Kind informieren. Dies<br />
wie<strong>der</strong>um setzt einen guten Kontakt zur allein erziehenden Mutter voraus o<strong>der</strong> häufige, alltagsnahe<br />
Kontakte (vgl. Bauserman 2002).<br />
3.5 Resümee<br />
<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Die Beschäftigung mit dem abwesenden Vater in <strong>der</strong> aktuellen Forschung konzentriert sich auf<br />
Väter, die nach Trennung o<strong>der</strong> Scheidung getrennt vom Kind leben. Die vorliegenden Befunde<br />
verweisen auf erhebliche Folgen dieser Form von Vaterabwesenheit für die kindliche Entwicklung.<br />
Am klarsten belegt, ist die Bedeutung des finanziellen Kapitals <strong>der</strong> Väter. Werden Auswirkungen<br />
des sozialen Kapitals von Vätern untersucht, zeigt sich, dass das rein quantitativ bemessene<br />
Ausmaß an Zeit, das Väter mit ihren Kin<strong>der</strong>n verbringen, keine entscheidende Einflussgröße für<br />
die kindliche Entwicklung ist. Was zählt, sind jedoch die qualitativen Merkmale <strong>der</strong> Vater-Kind-<br />
Beziehung und die konkrete Gestaltung <strong>der</strong> gemeinsam verbrachten Zeit. Aus Sicht von Amato<br />
und Sobolewski (2004: 354) lässt sich <strong>der</strong> Forschungsstand wie folgt zusammenfassen: „fathers,<br />
as part of a cooperative parental partnership, have the potential to benefit children in singlemother<br />
households, as much as they benefit children in two-parent households.“ Die vorliegenden<br />
Befunde dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich dabei lediglich um erste Schritte zu<br />
einem umfassen<strong>der</strong>en Verständnis <strong>der</strong> Bedeutung des abwesenden Vaters für die kindliche Entwicklung<br />
handelt.<br />
Trotz bestehen<strong>der</strong> Forschungsdefizite lassen sich dem <strong>der</strong>zeitigen Kenntnisstand Hinweise für<br />
sozialpolitisches Handeln entnehmen. Die gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklung ist dadurch<br />
gekennzeichnet, dass aufgrund anhaltend hoher Scheidungsraten, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Männer,<br />
die in beson<strong>der</strong>s anfor<strong>der</strong>ungsreichen Konstellationen, z. B. als getrennt lebende leibliche Eltern<br />
o<strong>der</strong> als soziale Eltern in Stieffamilien, Vater sind, steigt. Gleichzeitig gewinnen die<br />
Ressourcen, die Väter für ihre Kin<strong>der</strong> bereitstellen können, an Bedeutung. Beson<strong>der</strong>s deutlich<br />
wird dies u. a. im Zusammenhang mit <strong>der</strong> nach wie vor steigenden Relevanz des Bildungsstatus<br />
für die berufliche Etablierung: Durch verlängerte Ausbildungszeiten und insgesamt wachsende<br />
Bildungskosten (z. B. För<strong>der</strong>unterricht, Studiengebühren, verlängerte Ausbildungszeiten) werden<br />
Kin<strong>der</strong> immer stärker von materiellen und sozialen Unterstützungsleistungen ihrer Eltern<br />
abhängig. Es besteht die Gefahr, dass die ungleichen Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n zusammen<br />
leben<strong>der</strong> Eltern und Kin<strong>der</strong>n getrennt leben<strong>der</strong> Eltern, weiter zunehmen. Vor diesem<br />
Hintergrund gilt es insbeson<strong>der</strong>e getrennt lebende Väter bei <strong>der</strong> Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Beziehung<br />
zu ihren Kin<strong>der</strong>n zu unterstützen. Dabei bieten sich u. a. Ansatzpunkte auf <strong>der</strong> Ebene struktureller<br />
Barrieren und im Bereich <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>schwelligen <strong>Familie</strong>nbildung.