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ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

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<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />

Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />

142<br />

Kommentatorinnen, die sich auf ihn berufen) könnte man sagen: Der Wandel in den Köpfen hat<br />

stattgefunden, drückt sich aber noch wenig in praktischem Handeln aus.<br />

Beson<strong>der</strong>s bei den gut ausgebildeten jüngeren Männern macht sich ein vorsichtiges Infragestellen<br />

alter Rollenbil<strong>der</strong> bemerkbar – nicht als Massenphänomen, eher als dünnes Pflänzchen, das<br />

<strong>der</strong> sorgfältigen Pflege bedarf. „Das Schlagwort von <strong>der</strong> vaterlosen Gesellschaft war empirisch<br />

niemals richtig – und heute stimmt es weniger denn je“, betonte schon 1998 eine Untersuchung<br />

des Staatsinstituts für <strong>Familie</strong>nforschung an <strong>der</strong> Universität Bamberg, die die Zeitverwendung<br />

junger Ehemänner im Übergang zur Elternschaft thematisierte (Rosenkranz/Rost/Vaskovics,<br />

S. 61 ff.). Der Studie zufolge nehmen Männer „kontinuierlich mehr familiale Aufgaben wahr“.<br />

Es gebe „erstaunliche Verän<strong>der</strong>ungen bei jungen <strong>Familie</strong>n, die ihr Leben sehr variabel, kreativ<br />

und stressig gestalten“, stellen auch Grottian, Kassner und Rüling (2003) in einer neueren Forschungsarbeit<br />

für das Hessische Sozialministerium fest.<br />

Waren einst nur die „instrumentellen“ Fähigkeiten des Vaters für seine Rolle von Bedeutung, so<br />

sind jetzt auch emotionale Qualitäten gefragt. Männer, so formuliert eine Studie am Bayerischen<br />

Staatsinstitut für Frühpädagogik, werden „vom Ernährer zum Miterzieher“ (Fthenakis<br />

2002). Eine repräsentative Untersuchung im Auftrag <strong>der</strong> beiden großen Kirchen (Zulehner/Volz<br />

1998) belegt, dass die so genannten „neuen Männer“ mit 19 Prozent <strong>der</strong> Interviewten durchaus<br />

keine unbedeutende Min<strong>der</strong>heit mehr darstellen. Eine gleich große, im Durchschnitt deutlich<br />

ältere Gruppe ist einem stark konservativen Männerbild verhaftet. 25 Prozent <strong>der</strong> Männer bezeichnen<br />

die Forscher als „pragmatisch“, 37 Prozent als „verunsichert“: Sie lehnen die alte<br />

Männerrolle ab, kommen mit <strong>der</strong> neuen aber nur teilweise zurecht. In <strong>der</strong> gleichen Studie halten<br />

es mehr als ein Drittel <strong>der</strong> männlichen Interviewpartner „für eine Bereicherung, zur Betreuung<br />

eines kleinen Kindes in Erziehungsurlaub zu gehen“ (ebd., S. 143 ff.). Der Untertitel <strong>der</strong> Expertise<br />

„Wie Deutschlands Männer sich selbst und wie Frauen sie sehen“ deutet jedoch bereits an,<br />

dass das Selbstbild vieler Männer mit ihrem Verhalten oft wenig gemein hat. Das gilt gerade für<br />

die Zeit direkt nach <strong>der</strong> <strong>Familie</strong>ngründung.<br />

90 Prozent <strong>der</strong> Männer sind inzwischen bei <strong>der</strong> Entbindung ihrer Kin<strong>der</strong> dabei – noch vor drei<br />

Jahrzehnten waren es nur 10 Prozent. Väter galten früher im Kreißsaal als unerwünscht, warteten<br />

nervös auf Krankenhausfluren o<strong>der</strong> verschwanden gar in die Kneipe. Mittlerweile haben sie<br />

selbstverständlichen Zugang zu dem archaischen – und auch für sie beeindruckenden – Erlebnis<br />

<strong>der</strong> Geburt. Diese gewichtige kulturelle Verän<strong>der</strong>ung führt allerdings nicht automatisch dazu,<br />

dass sie sich auch später Zeit für ihren Nachwuchs nehmen. Angesichts wirtschaftlich schwieriger<br />

Zeiten steht einem stärkeren privaten Engagement bei vielen Männern die große Verunsicherung<br />

in <strong>der</strong> Arbeitswelt im Wege: Eine verlässliche Erwerbsbiografie scheint ungewiss.<br />

In einem gesellschaftlichen Klima, das kaum Raum lässt für Visionen und langfristige Perspektiven,<br />

bleibt für Väter wenig Spielraum für Experimente bei <strong>der</strong> Arbeitszeitgestaltung und beim<br />

Ausprobieren neuer Geschlechterrollen im Privatleben. Für Männer zwischen 30 und 50 Jahren<br />

gilt in beson<strong>der</strong>em Maße die Devise „Hauptsache Arbeit“ (Schnack/Gesterkamp 1998), die die<br />

<strong>Familie</strong> zur „Nebensache“ macht. Die Väter dieser Altersgruppe arbeiten beson<strong>der</strong>s lange und<br />

folgen in ihrer privaten Arbeitsteilung weitgehend den althergebrachten gesellschaftlichen Zuschreibungen<br />

(Vaskovics/Rost 1999, Fthenakis 2001).

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