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ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

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<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />

Die räumliche Trennung vom Vater und <strong>der</strong> für einen großen Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> damit einhergehende<br />

deutlich verringerte und verän<strong>der</strong>te Kontakt zum Vater gilt als <strong>der</strong> entscheidende Mechanismus,<br />

<strong>der</strong> zur Verschlechterung <strong>der</strong> Befindlichkeit beiträgt (Amato/Sobolewski 2004). Daneben<br />

spielen jedoch weitere Ursachen eine Rolle, wie u. a. ein anhaltend hohes elterliches<br />

Konfliktniveau, ein geringeres Ausmaß emotionaler Unterstützung, ökonomische Probleme <strong>der</strong><br />

<strong>Familie</strong> und weitere belastende Lebensereignisse, wie z. B. ein Umzug o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verlust von Beziehungen<br />

zur Herkunftsfamilie des Vaters (Amato 2000).<br />

Analog zu Studien mit jüngeren Kin<strong>der</strong>n erweist sich eine schwache Beziehung 70 zum getrennt<br />

lebenden Vater auch bei jungen Erwachsenen als maßgebliche Ursache <strong>der</strong> verringerten Befindlichkeit<br />

(Amato/Sobolweski 2001). Dabei wird davon ausgegangen, dass <strong>der</strong> Übergang ins<br />

Erwachsenenleben eine Phase erhöhter Instabilität darstellt, in <strong>der</strong> den Vätern sowohl durch die<br />

Bereitstellung von finanziellem als auch sozialem Kapital eine wichtige Funktion zukommt. Getrennt<br />

lebende Väter leisten weniger materielle, emotionale und praktische Unterstützung beim<br />

Übergang ins Berufsleben. Zudem ist auch <strong>der</strong> Zugang zu Ressourcen an<strong>der</strong>er Verwandter, wie<br />

z. B. zu den Großeltern, bei Kin<strong>der</strong>n aus Scheidungsfamilien vermin<strong>der</strong>t (Amato/Sobolweski<br />

2001, 2005).<br />

Sozioemotionale Entwicklung<br />

Ausgehend von bindungstheoretischen Annahmen haben Böhm/Grossmann (2000) sowie<br />

Böhm/Emslän<strong>der</strong> & Grossmann (2001) die sozioemotionale Entwicklung von 9- bis 14jährigen<br />

Jungen aus Scheidungsfamilien mit Buben, die bei zusammen lebenden Eltern aufwachsen,<br />

verglichen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich die Kin<strong>der</strong> geschiedener Eltern stärker<br />

belastet fühlen, ihre Belastungsgefühle weniger gut ausdrücken können und vermehrt nach Bestätigung<br />

durch das Umfeld suchen. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Trennungserfahrung<br />

zur Ausbildung eines unsicheren Bindungsstils beiträgt. Die Hinweise auf ein höheres Ausmaß<br />

von Belastungsgefühlen bei gleichzeitig verringerten Bewältigungskompetenzen werden<br />

auch von tiefenpsychologischen Arbeiten gestützt. So zeigen die Arbeiten von Figdor (1991,<br />

1997; nach Erhard/Janig 2003: S. 61), dass sich Kin<strong>der</strong>, denen <strong>der</strong> Kontakt zum getrennt lebenden<br />

Elternteil fehlt, häufig schuldig an den elterlichen Konflikten o<strong>der</strong> von den Eltern enttäuscht<br />

fühlen. Diese Gefühle tragen zu einem erhöhten Aggressionspotential bei. Trotz des methodisch<br />

anspruchsvollen Designs dieser Studien, haben die Ergebnisse bisher den Stellenwert vorläufiger<br />

Hinweise, da die Datenbasis aufgrund <strong>der</strong> geringen Stichprobengröße nur von eingeschränkter<br />

Aussagekraft ist.<br />

Auf einer breiten empirischen Basis bestätigt sich, dass Söhne, die getrennt vom Vater aufgewachsen<br />

sind, ein höheres Ausmaß an externalisierenden Verhaltensproblemen, wie z. B. aggressives<br />

Problemverhalten und Delinquenz, zeigen. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für Jungs, die bei<br />

allein erziehenden Müttern mit einem geringem sozioökonomischen Status aufwachsen o<strong>der</strong><br />

Peergroups angehören, in denen aggressives Verhalten positiv verstärkt wird (vgl. Erhard/Janig<br />

2003). Als mögliche Gründe hierfür werden das fehlende Rollenmodell des Vaters sowie die verän<strong>der</strong>te<br />

Mutter-Kind-Interaktion diskutiert.<br />

Wie bereits dargelegt, wird dem Vater eine hohe Bedeutung für die Autonomieentwicklung zugeschrieben.<br />

Walper (1998) untersucht in ihrer Studie den Prozess <strong>der</strong> Individuation von Jugendlichen<br />

aus <strong>Familie</strong>n mit zusammen lebenden und getrennt lebenden Eltern. Dabei können<br />

nur schwache Zusammenhänge zwischen <strong>der</strong> Individuation und <strong>der</strong> <strong>Familie</strong>nform festgestellt<br />

werden. Das geringfügig schlechtere Abschneiden <strong>der</strong> Jugendlichen aus Scheidungsfamilien<br />

steht mit dem Kontakt zum getrennt lebenden Vater in Verbindung: Jugendliche, die ihren ge-<br />

70 Die Qualität <strong>der</strong> Beziehung zum Vater wurde erfasst, indem danach gefragt wurde, ob die Kin<strong>der</strong> Vertrauen zum Vater haben, sich von ihm<br />

respektiert fühlen und ihm emotional nahe stehen.<br />

Wenn <strong>der</strong> Vater im Alltag fehlt<br />

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