ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
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Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />
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<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Die Aufgabenteilung zwischen jungen Eltern wird laufend neu definiert und ist daher konfliktträchtig.<br />
Ein Diktat karriereverliebter männlicher Workaholics, die ihren Nachtschlaf retten und<br />
sich vor dem Wickeln drücken wollen, ist sie jedoch mit Sicherheit nicht. „Junge Paare sind gut<br />
beraten, wenn sie ihr Augenmerk frühzeitig auf die gravierenden Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> gesamten<br />
Lebenssituation durch die Geburt eines Kindes richten und zu einer Aufteilung von familiären<br />
und beruflichen Aufgaben finden, die beide Partner zufrieden stellt“, betont <strong>der</strong> kirchliche Erwachsenenbildner<br />
Wilfried Vogelmann (1999, S. 27). Er betrachtet es als „wichtige Aufgabe <strong>der</strong><br />
Bildungsarbeit, mit jungen Männern und Frauen bzw. Paaren und Eltern an dieser Thematik bewusstseinsbildend<br />
zu arbeiten, damit sie später als Ersteltern nicht in Verhaltensmuster hineinschlittern,<br />
die ihre Zufriedenheit und ihr Glück in <strong>der</strong> Partnerschaft schleichend untergraben<br />
und aushöhlen können“ (ebd.).<br />
Das „Zutrauen, das die Mutter in die Kompetenzen ihres Partners zur Ausübung <strong>der</strong> Elternrolle<br />
besitzt“, betrachtet auch Wassilios Fthenakis als „kritische Größe“. Er schil<strong>der</strong>t seine Beobachtungen<br />
aus <strong>der</strong> bereits erwähnten Langzeitstudie: „Mütter, die schon vor <strong>der</strong> Geburt des Kindes<br />
ihrem Partner die Fähigkeiten absprechen, das Kind angemessen zu betreuen und engagiert,<br />
sensibel und kompetent auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen, geben ihm wenig Möglichkeiten,<br />
sich an <strong>der</strong> Betreuung und Versorgung des Kindes zu beteiligen.“ Dies könne dazu führen,<br />
„dass die ursprünglich durchaus vorhandene Motivation des Mannes durch gut gemeinte<br />
Anweisungen o<strong>der</strong> Kritik untergraben wird“. Ein geringes väterliches Engagement, spitzt Fthenakis<br />
zu, sei „somit auch Resultat des mütterlichen Verhaltens“ (Fthenakis 2001, S. 84).<br />
Die geringe Nutzung <strong>der</strong> Elternzeit durch Väter gilt in vielen öffentlichen Diskussionen als Gradmesser<br />
für eine männliche „Verhaltensstarre“. Immerhin haben die verbesserten Bedingungen<br />
des seit 2001 gültigen Erziehungsgeldgesetzes zu einem Anstieg <strong>der</strong> antragstellenden Väter von<br />
zuvor unter zwei auf knapp fünf Prozent geführt (Empirica 2004). Das deutsche Erziehungsgeld<br />
ist, bis zur geplanten Neuregelung ab 1.1.2007, an<strong>der</strong>s als etwa in Skandinavien, keine Lohnersatzleistung,<br />
son<strong>der</strong>n eher eine Art Taschengeld, dessen dauerhafter Bezug zudem an Einkommensgrenzen<br />
stößt. Von den ersten Monaten abgesehen, steht es nur den ökonomisch schwach<br />
gestellten Haushalten zu. Für Frauen in gut bezahlten Jobs und erst recht für die meisten Männer<br />
stellt es keine lukrative Alternative dar.<br />
Die niedrige Väterquote ist vor diesem Hintergrund wenig erstaunlich – zumal sich auch die Haltungen<br />
<strong>der</strong> Mütter zu einer männlichen Babypause ambivalent darstellen (Döge/Volz 2002, S. 46 ff.).<br />
Zudem zählt die Elternzeit-Statistik nur jene Väter, die tatsächlich Erziehungsgeld beziehen – ein<br />
eher schwacher Beleg für aktive Vaterschaft, da Selbstständige, Teilzeitarbeiter und Berufstätige,<br />
die die Verdienstgrenzen überschreiten, nicht erfasst werden. An<strong>der</strong>e väterliche Aktivitäten<br />
in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> und mit Kin<strong>der</strong>n, die auf ein verän<strong>der</strong>ten Rollenverhalten hindeuten könnten, bleiben<br />
ohnehin weitgehend unsichtbar (Lochmann 2003).<br />
Auch Vollzeit arbeitende Väter können gute Väter sein. Die traditionelle Versorgerrolle, die Männer<br />
in <strong>der</strong> ersten Phase <strong>der</strong> Elternschaft oft alleine schultern müssen, for<strong>der</strong>t aber ihren Tribut.<br />
Gefragt nach den persönlichen Gründen, warum sie keine Babypause machen, „antwortete die<br />
Mehrzahl <strong>der</strong> Männer, dass das Erziehungsgeld nicht ausgereicht hätte, um den Einkommensverlust<br />
auszugleichen. Knapp drei Viertel <strong>der</strong> befragten Männer in den alten und neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
nannten dieses Argument.“ So verstärkt sich die „schiefe Einkommensverteilung zwischen<br />
den Geschlechtern“ im weiteren Verlauf <strong>der</strong> <strong>Familie</strong>nentwicklung, „<strong>der</strong> Mann übernimmt<br />
also immer stärker die Rolle des Haupternährers“ (Vaskovics/Rost 1999, S. 44).