ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />
144<br />
Diese Gruppe von Arbeitnehmern lässt sich nicht mehr allein mit hohen Gehältern, teuren<br />
Dienstwagen o<strong>der</strong> luxuriösen Tagungshotels kö<strong>der</strong>n. Sie suchen ein berufliches Umfeld, das<br />
stabile Freiräume bietet für private Interessen und Verpflichtungen. Sie wenden sich gegen die<br />
Ansprüche ihrer Vorgesetzten, die gerade von ihren männlichen Mitarbeitern stets Einsatzbereitschaft<br />
„über dem Limit“ erwarten. Sie for<strong>der</strong>n betriebliches Entgegenkommen und Rücksichtnahme<br />
auch gegenüber Vätern: Ein „familienfreundliches“ Unternehmen darf sich aus<br />
ihrer Sicht nicht auf „mütterfreundliche“ Maßnahmen beschränken.<br />
5.3 Schwangerer Mann, was nun? Väter vor <strong>der</strong> Geburt ihres Kindes<br />
Die Nachricht „Du wirst Papa“ löst ein zwiespältiges Echo aus. Sie ist nicht nur Grund zur<br />
Freude, son<strong>der</strong>n auch zur Beunruhigung. Manche Männer wissen, dass ein Kind ihr Leben radikal<br />
verän<strong>der</strong>t – und fühlen sich dadurch zunächst eher bedroht als bereichert. Sie fürchten um<br />
ihre Liebesbeziehung, um ihre Karriere; vor allem belastet sie <strong>der</strong> Gedanke an ihre künftige finanzielle<br />
Verantwortung. Sie erleben „die Entscheidung für ein Kind als Entscheidung gegen<br />
ihre Freiheit“, stellt <strong>der</strong> Pädagoge Hermann Bullinger in seinem Ratgeber-Klassiker „Wenn<br />
Männer Väter werden“ fest (Bullinger 1983, S. 40 ff.).<br />
Die neue Elternrolle lässt sich nicht einfach in den Griff kriegen wie ein handfestes Projekt in <strong>der</strong><br />
Firma. „Im Übergang zur Vaterschaft haben Männer häufig das Gefühl, die Kontrolle über ihr<br />
Leben zu verlieren“, beobachtet Wassilios Fthenakis (1999, S. 43 ff.). In einer Langzeituntersuchung<br />
hat er bei werdenden Vätern „negative Gefühle“ festgestellt – auch wenn die meisten bei<br />
<strong>der</strong> Aussicht, Papa zu werden, „Befriedigung und Stolz zum Ausdruck bringen“ (ebd.).<br />
Frauen sind bei <strong>der</strong> Entscheidung für ein Kind meist „die treibende Kraft“, glaubt Bullinger<br />
(ebd.). Daran hat sich trotz aller Debatten um die „neuen Väter“ in den letzten zwei Jahrzehnten<br />
kaum etwas geän<strong>der</strong>t. Schon weil die biologische Uhr tickt, ist <strong>der</strong> Wunsch nach einem Baby<br />
unter den 30- bis 35-jährigen Frauen äußerst präsent. Ihre männlichen Altersgenossen verspüren<br />
keinen vergleichbaren Druck, son<strong>der</strong>n zögern. Der Eintritt einer Schwangerschaft ist selten<br />
Zufall o<strong>der</strong> gar Unfall, äußere Umstände und eigene Motive vermischen sich. Männer wissen<br />
Bescheid, auf was sie sich einlassen, wollen sich den Konsequenzen aber noch nicht so recht<br />
stellen. Während Frauen jeden Tag spüren, dass etwas Neues in ihnen wächst, sie sich körperlich<br />
wie psychisch intensiv auf die Geburt vorbereiten, machen Männer sich eher intellektuell<br />
klar, dass sich demnächst etwas Wichtiges tut in ihrem Leben.<br />
Angehende Väter durchlaufen, wie in einer Studie beschrieben wird, unterschiedliche Phasen:<br />
„Bei ihnen sind zu Beginn einer Schwangerschaft ihrer Partnerin sowohl Glücksgefühle als auch<br />
Schockerlebnisse zu beobachten, teilweise sogar einan<strong>der</strong> abwechselnd.“ In <strong>der</strong> folgenden Zeit<br />
werde <strong>der</strong> Mann „einerseits durch das verstärkte Bedürfnis seiner Partnerin nach Zuwendung<br />
und Unterstützung zusätzlich beansprucht, an<strong>der</strong>erseits hat er die Tatsache des Vaterwerdens<br />
noch keineswegs hinreichend verarbeitet, so dass es durchaus zu ambivalenten Gefühlsreaktionen<br />
kommen kann“ (Nickel 2002, S. 561).<br />
Die Vorbereitung auf das Vater-Sein beginnt weit vor <strong>der</strong> Geburt. „Männer können bereits in<br />
dieser Phase an Veranstaltungen zum Themenbereich <strong>Familie</strong>nplanung, Verhütung, aber auch<br />
zu unerfülltem Kin<strong>der</strong>wunsch Interesse haben“, stellen Robert Richter und Martin Verlinden<br />
vom Sozialpädagischen Institut Nordrhein-Westfalen fest (2000, S. 27). Allerdings, so schränken<br />
die Autoren in einem Praxisband zur Bildungsarbeit mit Vätern ein, nehme die männliche <strong>Familie</strong>norientierung<br />
in <strong>der</strong> Regel wenige Monate nach <strong>der</strong> Geburt zu Gunsten einer verstärkten Berufs-<br />
und Karriereorientierung wie<strong>der</strong> ab. „Diese, auch von Arbeitgebern geför<strong>der</strong>te Tendenz,<br />
wird durch die äußerst geringe Zahl <strong>der</strong> Männer im Erziehungsurlaub belegt“ (ebd.).