ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />
Von Missgunst und Skepsis unter den Kollegen berichten die Befragten in <strong>der</strong> Studie. Kurze Arbeitszeiten<br />
und eine ausgeprägte Freizeitorientierung, so die einhellige Schil<strong>der</strong>ung, wirken<br />
provozierend und lösen bisweilen Aggressionen aus. In <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung um kürzere Arbeitszeiten<br />
prallen Lebenskonzepte aufeinan<strong>der</strong>, es entwickelt sich ein kultureller Konflikt. Gerade<br />
den Männern gelingt es selten, eine glaubwürdige Begründung zu liefern, warum sie weniger arbeiten.<br />
Im Gegensatz zu Frauen in vergleichbaren Situationen fehlen ihnen gesellschaftlich anerkannte<br />
Rollenzuweisungen für die erwerbsarbeitsfreie Zeit (Hörning, Gerhard und Michailow 1990).<br />
Die Einstellung zur Erwerbsarbeit ist in vielen Unternehmen ein wichtiger Bestandteil des heimlichen<br />
Lehrplans. Viele Vorgesetzte interpretieren den Wunsch, weniger zu arbeiten, als Ausdruck<br />
von Unzufriedenheit und mangelndem Engagement. Mitarbeiter, die sich nicht vollständig<br />
auf ihre Arbeit einlassen, die signalisieren, dass ihnen an<strong>der</strong>e Lebensbereiche wichtiger<br />
sind, werden misstrauisch beäugt. Häufig geht es bei den konkreten Auseinan<strong>der</strong>setzungen im<br />
Betrieb nur am Rande um die praktischen Umsetzungsprobleme einer geringeren Präsenz am<br />
Arbeitsplatz. Viel bedrohlicher scheint die demonstrative Distanz zur bezahlten Tätigkeit, das<br />
mögliche Aushöhlen einer strengen Arbeitsmoral (Gesterkamp 2002).<br />
Trotz weiterhin wirksamer Blockaden ist das Thema „Männer zwischen Kind und Karriere“ in<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft heute viel präsenter als noch zu Beginn <strong>der</strong> neunziger Jahre. In den Debatten um<br />
Managementkonzepte wie „Diversity“ o<strong>der</strong> „Work-Life-Balance“ spielen Väter als betriebliche<br />
Zielgruppe zwar weiterhin keine zentrale Rolle, familiäre Verpflichtungen von Mitarbeitern werden<br />
aber immerhin registriert und ernst genommen (Rost 2004). Im internationalen Kontext<br />
wird Väterfreundlichkeit gar als „Business Imperative“ diskutiert. Die britische Work Foundation<br />
geht in einer Untersuchung davon aus, dass Väter, die in ihrer Rolle von Arbeitgebern unterstützt<br />
werden, motiviertere und loyalere Mitarbeiter sind. Sie besitzen <strong>der</strong> Studie zufolge auch<br />
besser ausgebildete emotionale Fähigkeiten. Schon aus wirtschaftlichen Gründen werde ein<br />
offener Umgang mit Väter-Interessen im betrieblichen Umfeld zum Muss, glaubt <strong>der</strong> Work-Life-<br />
Experte Richard Reeves (2002): „Unternehmen, die die Flexibilität für die Mitarbeiter erhöhen,<br />
Elternzeit für Väter anbieten und die überholten traditionellen Geschlechterrollen verän<strong>der</strong>n, werden<br />
die ersten sein, die von <strong>der</strong> neuen Welt die finanzielle Belohnung dafür erhalten werden.“<br />
Zugleich weist die britische Studie darauf hin, dass die Realität in den meisten Unternehmen<br />
eine an<strong>der</strong>e ist. „Dinosaur Dads“, Väter mit traditionellem Rollenverständnis, sitzen in den entscheidenden<br />
Positionen und prägen die Unternehmenskultur. Sie betrachten die Welt im Licht<br />
ihrer eigenen Generations-Erfahrung und tun sich deshalb schwer mit Männern, die familiäre<br />
Interessen zeitweise in den Vor<strong>der</strong>grund ihres Lebens stellen. „Wenn Väter <strong>der</strong> oberen Führungsetagen<br />
so arbeiten, als hätten sie keine Kin<strong>der</strong>, ist die klare Botschaft an die an<strong>der</strong>en Väter,<br />
ihre Probleme bezüglich Vereinbarkeit von Beruf und <strong>Familie</strong> für sich zu behalten“ (ebd.).<br />
5.7 Beruflich Profi, privat nicht länger Amateur? Ein Ausblick<br />
Das Lebensgefühl junger Paare ist heute von einem selbstverständlichen Anspruch auf gleiche<br />
Chancen geprägt. Mit <strong>der</strong> Realisierung des Kin<strong>der</strong>wunsches gerät dies häufig ins Wanken. Vor<br />
allem Frauen müssen plötzlich feststellen, dass Vollzeiterwerbstätigkeit und <strong>Familie</strong>ngründung<br />
in Deutschland nahezu unvereinbar sind. Betriebliche Hin<strong>der</strong>nisse, noch mehr aber gesellschaftliche<br />
Normen und entsprechende politische Gesetzgebungen legen beide Geschlechter<br />
dann für Jahre auf die traditionelle Arbeitsteilung fest.<br />
Den Schulen wie auch den beruflichen und politischen Bildungseinrichtungen kommt vor diesem<br />
Hintergrund die Aufgabe zu, schon vor <strong>der</strong> entscheidenden Situation <strong>der</strong> Geburt des ersten<br />
149