11.12.2012 Aufrufe

ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />

Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />

5.2 Zwischen Laptop und Wickeltisch – „Vereinbarkeit“ aus männlicher Sicht<br />

Männliche Patriarchen und „Bestimmer“, die sich auf gelegentliche einschüchternde Auftritte<br />

beschränken, sind in den <strong>Familie</strong>n heute weniger gefragt. Das klassische Leitbild des Ernährers<br />

aber hat weiterhin große Bedeutung. Stabile wirtschaftliche Verhältnisse sind Männern wichtig,<br />

bevor sie Vater werden wollen. Zumindest ein Teil <strong>der</strong> Väter ist bereit, neben <strong>der</strong> finanziellen<br />

auch die soziale Verantwortung zu übernehmen. Wie die Mütter möchten sie ihre mitmenschlichen<br />

Qualitäten und fürsorglichen Anteile ausleben – und sich nicht auf die Rolle eines zahlenden<br />

Zaungastes beschränken. Deutlicher sichtbar in den Großstädten und in akademischen Sozialmilieus,<br />

wächst eine Väter-Generation heran, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit<br />

tradierten Geschlechterrollen bricht.<br />

Wer zu Hause nicht randständig sein will, gerät in eine Zwickmühle zwischen privaten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

und beruflichen Zwängen. Das „Väterdilemma“ beginnt gleich nach <strong>der</strong> Ausbildung:<br />

Gerade Hochschulabsolventen müssen sich über Jahre mit Zeitverträgen und befristeter Beschäftigung<br />

auseinan<strong>der</strong> setzen. Das Zeitfenster für die <strong>Familie</strong>ngründung ist schmal: Manchmal<br />

vergeht eine ganze Dekade, bevor junge Akademiker ihrer erste feste und abgesicherte<br />

Stelle finden. Der siebte <strong>Familie</strong>nbericht spricht von einer „Rush hour in <strong>der</strong> Mitte des Lebens“<br />

(Bundesministerium für <strong>Familie</strong>, Senioren, Frauen und Jugend 2005). Ist die gewünschte berufliche<br />

Position dann endlich erreicht, wird volles Engagement im Job erwartet. Männern droht<br />

<strong>der</strong> Absturz auf <strong>der</strong> Karriereleiter, in extremen Fällen sogar die Kündigung, wenn sie etwa versuchen,<br />

in Elternzeit zu gehen – obwohl diese eine Arbeitsplatzgarantie per Gesetz beinhaltet.<br />

Wünsche nach kürzeren Arbeitszeiten, o<strong>der</strong> auch nur nach Einhaltung <strong>der</strong> tariflich vereinbarten<br />

Stundenzahl, werten Vorgesetzte als Verweigerungssignal. Der 2001 eingeführte Rechtsanspruch<br />

auf Teilzeitarbeit hat die Situation ein bisschen entschärft. Doch nach wie vor bilden betriebliche<br />

Hin<strong>der</strong>nisse das klassische Argument von Männern, wenn sie ihr geringes Engagement<br />

in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong> erklären wollen.<br />

Eine verän<strong>der</strong>te Rechtslage allein bewirkt noch keine Än<strong>der</strong>ung des Rollenverhaltens. Die meisten<br />

Väter kommen zum Beispiel gar nicht erst auf die Idee, sich frei zu nehmen, wenn ihr Kind<br />

die Masern hat – und deshalb <strong>der</strong> Besuch <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte ausfallen muss. Dabei haben sie<br />

genauso wie Mütter die gesetzliche Möglichkeit, fünf Arbeitstage im Jahr wegen <strong>der</strong> Krankheit<br />

eines Kindes zu Hause zu bleiben. Den anteiligen Lohn für diesen Zeitraum zahlt die Krankenkasse,<br />

wenn kein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht.<br />

Beruflich stark eingespannte Väter leisten freiwillig und ohne Bezahlung Mehrarbeit, bleiben bis<br />

in die Abendstunden hinein: Sie trauen sich nicht, die wichtige Konferenz um 18 Uhr mit <strong>der</strong><br />

offen geäußerten Begründung zu verlassen, sie wollten ihre Kin<strong>der</strong> noch sehen. Auf dem Heimweg<br />

quälen sie sich durch einen nicht eingeplanten Stau auf <strong>der</strong> Autobahn – zu Hause kommen<br />

sie erst an, wenn es längst zu spät ist für die Gute-Nacht-Geschichte. Solche Alltagserfahrungen<br />

sind Ausdruck einer missglückten Balance zwischen Laptop und Wickeltisch.<br />

In <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Arbeit hatten Vater-Kind-Beziehungen einst keinen Platz o<strong>der</strong> durften zumindest<br />

in keiner Weise den betrieblichen Ablauf stören. Der langfristig prognostizierte Mangel an qualifizierten<br />

Fachkräften lässt inzwischen manches innovative Unternehmen umdenken. Zwar gilt<br />

als idealer „High Potential“ weiterhin <strong>der</strong> beliebig verfügbare und hoch motivierte 30-Jährige,<br />

<strong>der</strong> sich in seiner knapp bemessenen Freizeit eher im Kraftraum als im Kin<strong>der</strong>zimmer aufhält.<br />

Doch die Personalchefs stellen überrascht fest, dass auch ein Teil ihrer männlichen Mitarbeiter<br />

ein „Vereinbarkeitsproblem“ formuliert und sich zwischen Kind und Karriere aufgerieben fühlt<br />

(Döge 2004).<br />

143

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!