ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
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Das Väterdilemma: Die Balance zwischen Anfor<strong>der</strong>ungen im Beruf und Engagement in <strong>der</strong> <strong>Familie</strong><br />
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<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Kindes einem „Realitätsschock“ vorzubeugen. Jungen Frauen sollte zum Beispiel frühzeitig<br />
deutlich gemacht werden, welche persönlichen Risiken sie eingehen, wenn sie einen schlecht<br />
bezahlten „typischen“ Frauenberuf wählen. Sie brauchen Ermunterung, ihre künftige Erwerbsarbeit<br />
ernst zu nehmen, weil sie sonst Gefahr laufen, frühzeitig von männlicher o<strong>der</strong> staatlicher<br />
Unterstützung abhängig zu werden. Junge Männer sind umgekehrt wenig darauf vorbereitet,<br />
dass ihnen zwar gesellschaftlich weiterhin die Rolle des „Breadwinners“ zugewiesen sind, sie diese<br />
Aufgabe aber in einer rapide umstrukturierten Erwerbswelt immer weniger ausfüllen können.<br />
Deregulierte Arbeitsverhältnisse, prekäre Selbstständigkeit, befristete Jobs und erst recht Arbeitslosigkeit<br />
stellen die traditionelle männliche Identität als Ernährer in Frage. Dennoch gehen<br />
Männer weiterhin ganz selbstverständlich davon aus, auch künftig den Löwenanteil des <strong>Familie</strong>neinkommens<br />
nach Hause zu bringen (Gesterkamp 2004). Es liegt oft jenseits ihrer Vorstellungskraft,<br />
dass sie als Verlierer des gesellschaftlichen Wandels demnächst vielleicht weniger verdienen<br />
könnten als ihre gleich gut o<strong>der</strong> besser qualifizierten Partnerinnen. Noch seltener antizipieren sie<br />
die möglichen Konsequenzen dieser Verschiebung <strong>der</strong> Geschlechterrollen: Eine „Ernährerin“<br />
im Rücken, sollen sie sich plötzlich um Haushalt und Kin<strong>der</strong> kümmern o<strong>der</strong> dabei zumindest<br />
einen Beitrag leisten, <strong>der</strong> über gelegentliches Assistieren hinausgeht. Die „Berufsvorbereitung“<br />
in den Schulen müsste männliche Jugendliche – so besehen – nicht nur auf eine unregelmäßige<br />
Erwerbsbiografie, son<strong>der</strong>n auch auf die „Arbeit des Alltags“ im Haushalt und bei <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>versorgung<br />
vorbereiten.<br />
Ein Modellprojekt <strong>der</strong> Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat versucht, das<br />
Thema „<strong>Familie</strong>n- und Berufsplanung“ dauerhaft in die betriebliche Ausbildung zu implementieren.<br />
Eine „offene Zeitperspektive mit Blick auf <strong>Familie</strong>ngründung und Berufsabschluss“<br />
schreibt die Begleituntersuchung vor allem männlichen Jugendlichen und Jugendlichen aus<br />
höheren sozialen Schichten zu. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern wie auch zwischen<br />
den Heranwachsenden aus verschiedenen Milieus sei „frappant“ (Fichtner 2000, S. 29 f.).<br />
Bei Mädchen seien kurz vor Beendigung ihrer Berufsausbildung kaum Vorstellungen vorhanden,<br />
wie Beruf und <strong>Familie</strong> miteinan<strong>der</strong> kombinierbar sein könnten. „Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen<br />
den als selbstverständlich erlebten Berufswünschen und dem Wunsch nach <strong>Familie</strong> und Mutterschaft<br />
werden noch gar nicht wahrgenommen“, resümiert die Studie. Vor allem bei Hauptschülerinnen<br />
überwiegen „idealistische Lösungsansätze“ wie etwa <strong>der</strong> Wunsch, „dass durch den<br />
mithelfenden Partner die Probleme beseitigt werden können; die männlichen Schulabgänger<br />
teilen diese Sicht keineswegs“ (ebd., S. 30).<br />
„Eine Verän<strong>der</strong>ung vorherrschen<strong>der</strong> Geschlechterbil<strong>der</strong> muss zunächst auf <strong>der</strong> individuellen<br />
Ebene unterstützt werden und braucht vor allem neue Vorbil<strong>der</strong> für Jungen und Mädchen“,<br />
schreiben Döge und Volz (2002, S. 60). Die pädagogischen Fachkräfte in <strong>der</strong> Ausbildung und<br />
Betreuung für Kin<strong>der</strong> unter zehn Jahre sind aber fast ausschließlich weiblichen Geschlechts.<br />
Männliches Lehr- und Erziehungspersonal ist in Grundschule und Kin<strong>der</strong>garten die große Ausnahme.<br />
Neue Leitbil<strong>der</strong> von Männlichkeit können sich in <strong>der</strong> nachwachsenden Generation<br />
schon deshalb kaum entwickeln, weil Jungen in den öffentlichen Einrichtungen wenig mit Männern<br />
zu tun haben, an denen sie sich orientieren könnten.<br />
Beim Blick in Schulklassen o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gartengruppen fällt auf, dass die „Kleinen Helden in<br />
Not“ (Schnack/Neutzling 2000) sogar in beson<strong>der</strong>er Weise desorientiert und bedürftig sind. Die<br />
Geschlechterforschung (Döge/Volz 2002, S. 60) leitet daraus eine Erhöhung des Männeranteils<br />
vor allem in <strong>der</strong> vorschulischen Erziehung ab. „Jungen und Mädchen sollen hier stärker konfrontiert<br />
werden mit Männern, welche Haus- und Fürsorgearbeiten übernehmen, um auf diese<br />
Weise langfristig die bestehende Zuschreibung dieser Tätigkeit zu Frauen aufzulösen.“