ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
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Wenn <strong>der</strong> Vater im Alltag fehlt<br />
94<br />
Zeitpunkt zu ihren Kin<strong>der</strong>n ein freundschaftliches Verhältnis entwickeln und ihren Nachwuchs<br />
als weniger hilfsbedürftig einschätzen als Mütter. So berichten Jugendliche einer deutsch-israelischen<br />
Vergleichsstudie, dass ihnen ihr Vater mehr Vertrauen entgegenbringt als ihre Mutter.<br />
Dies spiegelt sich auch in den Aussagen <strong>der</strong> Eltern wi<strong>der</strong>: Väter trauen ihrem 12jährigen Nachwuchs<br />
ein Ausmaß an Selbstständigkeit zu, dass Mütter erst ihren 16jährigen Kin<strong>der</strong>n zugestehen<br />
(Shulman/Seiffge-Krenke 1997).<br />
Gen<strong>der</strong>spezifisches Elternverhalten<br />
Breiter Konsens besteht dahingehend, dass Väter sich von <strong>der</strong> Geburt ihrer Kin<strong>der</strong> an, 67 in ihrem<br />
Verhalten gegenüber Mädchen und Jungen stärker unterscheiden als Mütter (zusfd. s. Seiffge-<br />
Krenke 2004). Dies gilt in erster Linie für den Umgang mit <strong>der</strong> körperlichen Entwicklung, dem<br />
Spielverhalten und <strong>der</strong> eingefor<strong>der</strong>ten Disziplin, wobei sich das geschlechtsdifferenzierende<br />
Verhalten mit zunehmendem Alter des Kindes verstärkt (s. Russel/Saebel 1997). So verhalten<br />
sich Väter beim Spiel mit Töchtern sanfter und unterstützen<strong>der</strong> und sie betonen die femininen<br />
Attribute <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>. In Spielsituationen mit Söhnen sind Väter hingegen wil<strong>der</strong>, direktiver und<br />
strenger im Umgang mit Regelverstößen (Siegal 1987; Russell/Saebel 1997).<br />
3.3.2 Folgen des väterlichen Engagements für die Entwicklung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Flouri (2005) legt die <strong>der</strong>zeit umfassendste Zusammenstellung von Studien zum väterlichen Engagement<br />
in <strong>Familie</strong>n vor, in denen die Kin<strong>der</strong> bei beiden leiblichen Eltern aufwachsen. 68 Diesem<br />
Überblick lassen sich folgende zentrale Schlussfolgerungen entnehmen:<br />
• Grundsätzlich zeigt sich, dass das Engagement bei<strong>der</strong> Eltern sehr eng miteinan<strong>der</strong> zusammenhängt.<br />
Kümmert sich ein Elternteil stark um das Kind, ist auch das Engagement des an<strong>der</strong>en<br />
Elternteils hoch und umgekehrt: Zieht sich ein Elternteil aus <strong>der</strong> Beziehung zum Kind zurück,<br />
ist auch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e weniger präsent. Das väterliche Engagement hat einen eigenständigen<br />
Einfluss auf die Entwicklung von Verhaltensproblemen im Jugendalter. Eine hohe Präsenz des<br />
Vaters verringert zwar nicht generell das Ausmaß von Verhaltensproblemen, doch entwickeln<br />
die Jugendlichen seltener massive, behandlungsbedürftige Probleme. Zudem wird bei diesen<br />
Jungendlichen ein geringeres Ausmaß aggressiver Verhaltensweisen in ihrem Freundeskreis<br />
beobachtet. Speziell bei Söhnen führt eine höhere Einbindung des Vaters dazu, dass sie<br />
seltener in Konflikt mit <strong>der</strong> Polizei geraten.<br />
• Insgesamt zeichnet sich ab, dass das Ausmaß des väterlichen Engagements das Leben <strong>der</strong><br />
Töchter nachhaltiger beeinflusst als das <strong>der</strong> Söhne. Dies zeigt sich daran, dass sich erwachsene<br />
Frauen umso weniger belastet fühlen, je stärker <strong>der</strong> Vater in ihrer Kindheit präsent war.<br />
Bei Männern ergeben sich keine entsprechenden Zusammenhänge.<br />
• Unabhängig vom mütterlichen Engagement för<strong>der</strong>t eine hohe väterliche Beteiligung die Bildungsmotivation<br />
und trägt dazu bei, dass die Kin<strong>der</strong> höhere Bildungsabschlüsse erzielen.<br />
Auffällig ist bei diesen Analysen, dass sich die väterliche Präsenz in älteren Kohorten noch<br />
stärker auf den Bildungsverlauf des Nachwuchses auswirkt als in jüngeren.<br />
• Eine gute Beziehung zu Vater und Mutter wirkt sich positiv auf die wahrgenommene Qualität<br />
<strong>der</strong> Beziehung zu Geschwistern und zum/zur späteren Ehepartner(in) aus.<br />
67 Bereits in früheren Studien konnten gen<strong>der</strong>spezifische Bewertungsmuster bei Vätern nachgewiesen werden. So schreiben Väter 24 Stunden nach<br />
<strong>der</strong> Geburt ihren Söhnen an<strong>der</strong>e Attribute zu (groß, stark, kräftig) als ihren Töchtern (zart, niedlich, hübsch). In den mütterlichen Beschreibungen<br />
finden sich hingegen weniger gen<strong>der</strong>spezifische Unterschiede (zusammenfassend s. Seiffge-Krenke 2004).<br />
68 Folgt man <strong>der</strong> Einteilung von Lamb (2000) handelt es sich bei dem väterlichen Engagement in erster Linie um gemeinsame Unternehmungen mit<br />
dem Kind („engagement“) und dem Interesse an schulischen Leistungen und dem Bildungsverlauf des Kindes („responsibility“).