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ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern

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Väter im internationalen Vergleich<br />

114<br />

<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />

<strong>Familie</strong>nbezogene Freistellungen gehen historisch zurück auf Regelungen des Mutterschaftsurlaubs,<br />

die einzelne europäische Staaten bereits Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts einführten, und die<br />

zunächst den Zweck verfolgten, Frauen im direkten Umfeld <strong>der</strong> Geburt von Kin<strong>der</strong>n mehrwöchig<br />

von ihrer Arbeit zu beurlauben und damit ihre Gesundheit zu schützen (Ruhm & Teague 1997:<br />

134ff.). Diese Maßnahme wurde im Laufe des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts ausgebaut und um einen sog.<br />

„Erziehungsurlaub“ ergänzt, <strong>der</strong> Eltern eine längere Erwerbspause zur Pflege und Erziehung<br />

eines Kleinkinds bei gleichzeitigem Kündigungsschutz und meist einer begrenzten materiellen<br />

Ausgleichszahlung ermöglicht. Entsprechende Urlaubsansprüche wurden insbeson<strong>der</strong>e in<br />

jüngerer Vergangenheit im Sinne einer gleichmäßigeren Inanspruchnahme durch Männer und<br />

Frauen als „<strong>Familie</strong>nanspruch“ (family entitlement) rechtlich verankert und können flexibel zwischen<br />

beiden Ehepartnern aufgeteilt werden. Die existierenden europäischen Elternurlaubsregelungen<br />

unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer (maximalen) Dauer und des während<br />

<strong>der</strong> Urlaubszeit gewährten finanziellen Einkommensausgleichs. Diese Charakteristika stehen<br />

häufig in einem engen Wechselverhältnis mit öffentlich angebotener o<strong>der</strong> geför<strong>der</strong>ter Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

für Klein- und Vorschulkin<strong>der</strong>, die für beide Elternteile nach einer möglichen Erwerbspause<br />

einen Wie<strong>der</strong>einstieg in den Arbeitsmarkt durch „Auslagerung“ eines Teils <strong>der</strong><br />

Pflege- und Betreuungsaufgaben ermöglichen soll.<br />

In den skandinavischen Staaten för<strong>der</strong>n Elternurlaubsregelungen oft nur eine zeitlich begrenzte<br />

Erwerbspause von bis zu 11/2 Jahren, während <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Staat eine Kompensation gewährt, die<br />

sich eng am vorherigen Einkommen des von <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit freigestellten Elternteils<br />

orientiert. Nach Ablauf <strong>der</strong> Urlaubszeit unterstützt ein breites Angebot an Kin<strong>der</strong>krippen und<br />

Kin<strong>der</strong>gärten den Wie<strong>der</strong>einstieg in den Arbeitsmarkt.<br />

Demgegenüber för<strong>der</strong>n eine Reihe von mittel- und z. T. südeuropäischen Staaten längere Erwerbspausen<br />

von bis zu 3 Jahren (bei begrenzten Pauschalzahlungen), verbunden mit einem<br />

nur geringem Ausbau frühkindlicher Betreuung. Ähnlich lange Urlaubsansprüche finden sich in<br />

den osteuropäischen Län<strong>der</strong>n; hier verlieren zudem die während des Sozialismus umfassend<br />

ausgebauten Betreuungsangebote für Kleinkin<strong>der</strong> aufgrund rückläufiger staatlicher För<strong>der</strong>ung<br />

und ihrer sinkenden gesellschaftlichen Akzeptanz zunehmend an Bedeutung (Unicef 1999, Hamplová<br />

2006). Diese Kombinationen von langem Elternurlaub und geringer (Nutzung) frühkindlicher<br />

Betreuung begünstigen in den genannten Län<strong>der</strong>n eher einen mehrjährigen Erwerbsausstieg<br />

eines Elternteils während <strong>der</strong> frühkindlichen Phase. Bemerkenswerte Ausnahmen stellen<br />

Frankreich, Belgien, die Schweiz und die Nie<strong>der</strong>lande dar: Frankreich verbindet einen langen Elternurlaub<br />

mit einem vergleichsweise guten Ausbau frühkindlicher Betreuung und überlässt<br />

damit den Eltern die Wahl zwischen einer baldigen Erwerbsrückkehr und einem längeren Erwerbsausstieg.<br />

Eine ähnliche Situation existierte in Belgien, allerdings wurde hier <strong>der</strong> zuvor<br />

mehrjährige Elternurlaub in jüngerer Vergangenheit durch einen Anspruch auf eine 6-monatige<br />

„Laufbahnunterbrechung“ ersetzt. In den Nie<strong>der</strong>landen beruht <strong>der</strong> Elternurlaub hingegen nicht<br />

auf einer vollständigen Erwerbsaufgabe, son<strong>der</strong>n lediglich auf einer Reduzierung <strong>der</strong> Wochenarbeitszeit,<br />

während in <strong>der</strong> Schweiz, zusätzlich zum 16-wöchigen Elternurlaub, ein Anspruch auf<br />

Teilzeitarbeit existiert, bis das jüngste Kind 8 Jahre alt ist.<br />

Im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en europäischen Staaten fällt das staatliche Angebot an Vereinbarkeitsoptionen<br />

in den angelsächsischen Staaten gering aus: Ein meist unbezahlter Elternurlaub<br />

und ein nur geringes öffentliches Betreuungsangebot legen es vielen <strong>Familie</strong>n nahe, den Konflikt<br />

zwischen <strong>Familie</strong> und Beruf durch die Inanspruchnahme privater o<strong>der</strong> familiärer Betreuungsarrangements<br />

zu lösen. Aufgrund geringer staatlicher Transferleistungen an Ehepaare mit Kin<strong>der</strong>n<br />

wird hier die Erwerbsarbeit von dem „pausierenden“ Ehepartner häufig vergleichsweise<br />

kürzer unterbrochen.

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