ifb-Familienreport Bayern 2006. Zur Lage der Familie - ifb - Bayern
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Wenn <strong>der</strong> Vater im Alltag fehlt<br />
92<br />
3.3 Die Bedeutung des anwesenden Vaters für die Entwicklung<br />
<strong>ifb</strong>-<strong><strong>Familie</strong>nreport</strong> <strong>Bayern</strong> 2006<br />
Im Folgenden werden aktuelle Befunde zu den spezifischen Merkmalen <strong>der</strong> Vater-Kind-Interaktion<br />
und <strong>der</strong>en Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung vorgestellt.<br />
3.3.1 Merkmale <strong>der</strong> Vater-Kind-Interaktion<br />
Der Vater wird für das Kind erst gegen Ende <strong>der</strong> Kleinkindphase interessant – bis Ende <strong>der</strong><br />
1970er Jahre war diese Auffassung unumstritten. Mit den Arbeiten, die u. a. von Stern (1992),<br />
Dornes (1993) sowie <strong>der</strong> Forschungsgruppe von Grossmann & Grossmann vorgelegt wurden,<br />
begann sich diese Annahme jedoch von Grund auf zu verän<strong>der</strong>n. Heute gilt es als gesichert,<br />
dass Kin<strong>der</strong> von Geburt an zu mehr als einer Person eine Beziehung aufnehmen können und die<br />
Interaktion in <strong>der</strong> Triade mit beiden anwesenden Eltern aktiv mitgestalten. Vorliegende Studien<br />
zeigen zudem, dass nicht nur Mütter, son<strong>der</strong>n auch Väter gegenüber ihren Neugeborenen ein<br />
„intuitives Elternverhalten“ zeigen und die Fürsorge für Neugeborene adäquat übernehmen<br />
können (zfds. s. Kindler/Grossmann 2004: 246). 64 Die weitere Entwicklung <strong>der</strong> elterlichen Kompetenzen<br />
ist davon abhängig, welcher Elternteil mehr Zeit mit dem Neugeborenen verbringt<br />
und über einen entsprechenden Erfahrungsvorsprung verfügt: Ist <strong>der</strong> Vater die primäre Bezugsperson<br />
und die Mutter deutlich weniger involviert, erweist er sich ein Jahr nach <strong>der</strong> Geburt des<br />
Kindes als <strong>der</strong> kompetentere Elternteil und umgekehrt (zusammenfassend s. Silverstein/Auerbach<br />
1999).<br />
Im Folgenden werden aktuelle Befunde vorgestellt, die das Elternverhalten zusammen leben<strong>der</strong><br />
leiblicher Väter und Mütter vergleichen und vor diesem Hintergrund spezifische Merkmale <strong>der</strong><br />
Vater-Kind-Interaktion beschreiben. Bei <strong>der</strong> Einordnung dieser Befunde ist zu beachten, dass sie<br />
keine unmittelbaren Rückschlüsse über die Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n allein erziehende<br />
Eltern erlauben. Erste Studien über die Eltern-Kind-Interaktionen in dieser <strong>Familie</strong>nform weisen<br />
darauf hin, dass allein erziehende Mütter und Väter offenbar in <strong>der</strong> <strong>Lage</strong> sind, Verhaltensweisen,<br />
die bei zusammen lebenden heterosexuellen Eltern stärker vom gegengeschlechtlichen Elternteil<br />
gezeigt werden, in das eigene Verhaltensrepertoire zu integrieren (zusammenfassend<br />
s. Silverstein/Auerbach 1999). 65<br />
64 Unter „intuitivem Elternverhalten“ wird die Kompetenz verstanden, Säuglingen und Kleinkin<strong>der</strong>n Interaktionsangebote zu unterbreiten, die an<br />
den kindlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Präferenzen angepasst ist. Dabei handelt es sich um universell beobachtbare Elternkompetenzen,<br />
für die eine genetische Disposition vermutet wird. Ein Element des intuitiven Elternverhaltens ist beispielsweise die Ammensprache, die sich<br />
durch eine hohe Tonlage und überzogene Satzmelodie auszeichnet und damit den Fähigkeiten zur Reizverarbeitung von Säuglingen entgegenkommt<br />
(s. Grimm/Weinert 2002).<br />
65 Dies gilt in gleicher Weise für zusammen lebende homosexuelle Eltern.