Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Dem graphisch herausgehobenen Stichwort folgen grammatische Angaben,<br />
und zwar in alter schulgrammatischer Tradition, so wie man es heute noch<br />
im Lateinunterricht lernt, Genitiv Singular und Nominativ Plural. Es werden<br />
Bedeutungen und Unterbedeutungen differenziert. Unter einer Hauptbedeutung<br />
Die Handlung des Abtretens subsumiert Adelung 1. Die Einkehr auf der<br />
Reise, 2. Die Verfügung an einen sehr nahe gelegenen Ort, 3. Die Begebung<br />
eines Rechtes, 4. Die Verlassung einer Parthey oder Sache, am meisten in<br />
Oberdeutschland. Dieser letztgenannte Gliederungspunkt dokumentiert die im<br />
Werkstitel angekündigte Rücksicht auf oberdeutsche Wortverwendungen. Von<br />
dieser an 1 gesetzten abstrakten Verwendungsweise werden unter 2 bis 4 drei<br />
weitere – konkrete – Bedeutungen dokumentiert: 2. Ein Ort, an welchem man<br />
von einem höhern niedertritt, Absatz, 3. Ein Ort, an welchem man sich bey Seite<br />
begiebt, 4. Dasjenige, was abgetreten worden. Diese letzte Bedeutung ist fach-,<br />
genauer gesagt jägersprachlich, ebenso wie Bedeutung 3 (1), die eine bergmannsprachliche<br />
Verwendungsweise dokumentiert. Zu allen Bedeutungen werden<br />
Beispiele gegeben, die Adelung entweder selbst formuliert (so in 2: Falle nicht,<br />
hier ist ein Abtritt) oder literarischen Werken entnommen hat. Stilistisch-pragmatische,<br />
sachbezogene Ausführungen und Angaben von Synonymen vermischen<br />
sich in 3 (2): Im gemeinen Leben, ein abgesonderter Ort zur Erleichterung<br />
des Leibes. Da es der Wohlstand nothwendig gemacht hat, manche Dinge nicht<br />
bey ihrem rechten Namen zu nennen, so hat auch diesem Orte schon in den mittleren<br />
Zeiten verschiedene theils allgemeine, theils mildere Namen gegeben, den<br />
damit verbundenen schmutzigen Begriff zu verstecken. So nannte man ihn z. B.<br />
ehedem das Läublein, von Laube, den Gang, Ausgang, das Sprachhaus u. s. f.<br />
Dann formuliert Adelung eine geradezu moderne sprachwandeltheoretische<br />
Einsicht, nämlich die, dass das Wort Abtritt … durch den immer gemeiner gewordenen<br />
Gebrauch auch schon niedrig zu werden anfängt, daher man sich statt<br />
derselben lieber des Ausdruckes heimliches Gemach bedienet. Die Erkenntnis,<br />
dass ursprünglich höher bewertete Begriffe durch häufigen Gebrauch ohne (oder<br />
sogar gegen) die Absicht der Sprecher „pejorisiert“ werden, ist vor nicht allzu<br />
langer Zeit zur Theorie der „Unsichtbaren Hand“ ausgebaut worden. Gewusst<br />
hat’s freilich schon Adelung!<br />
Hans Ulrich Schmid<br />
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