Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Ludwig zusammenfassend in einem lange nach der Reise vor dem Kurfürsten gehaltenen<br />
Vortrag, lebten „in dem elendesten Zustande“, woran die „dumme Religion<br />
der Türken“ und eine „sclavische Regierung“ die Schuld trage. „Wieviel<br />
glücklicher sind wir nicht, wir, die wir eine bessere Religion, Liebe zum Wissenschaften<br />
und weise Regenten haben.“ Auch im Tagebuch stoßen wir immer wieder<br />
auf entsprechende Reflexionen. Einen Wissenschaftler interessiert natürlich<br />
das Bildungswesen der bereisten Landschaften. Das Ergebnis ist enttäuschend:<br />
„Man kan gemeiniglich schon zehn Häuser davor hören wo eine Schule ist, weil<br />
sie laut und ofters alle zusammen mit großem Gepläre lesen … so viel ich mich<br />
bemühet habe etwas von der Gelehrsamkeit dieser Völcker zu erfahren, so habe<br />
doch endlich gesehen daß derjenige unter ihnen schon gelehrt zu nennen sey<br />
welcher sich im Schreiben und Lesen gut geübt hat.“ Grund zur Klage bietet dem<br />
am praktischen Wirken orientierten Beobachter auch mangelnder Arbeitseifer:<br />
Zwar gäbe es viele Gärten, „nur ist schade daß das Volck so nachläßig ist und<br />
nicht mehr arbeitet als zu einem elenden Unterhalte des Lebens nöthig ist“; so<br />
befänden sie sich in einem schlechten Zustand.<br />
Ludwig ist unter allen Teilnehmern derjenige, der sich am intensivsten mit den<br />
antiken Überresten Nordafrikas beschäftigt. So besucht er die Ruinen des alten<br />
Karthago, entdeckt aber auch dort einen in die Vergangenheit zurückprojizierten<br />
Gegensatz zwischen der Tüchtigkeit des „Europäers“ und der Bequemlichkeit<br />
des „Orientalen“: „Jetzo ist nicht das geringste Merckwürdigste mehr übrig, und<br />
ich wundere mich auch hierüber nicht, weil ich glaube daß sich die Karthaginenser<br />
nicht so viele Mühe gaben als die Römer, welche die größten Quader<br />
Stücke aus andern Länder schlepten, um nur kostbahre Gebäude auf zurichten.“<br />
Andererseits gelangt im Tagebuch auch der deistische Standpunkt vieler Aufklärer<br />
zum Ausdruck, wonach es genügt, an die Existenz eines höchsten Wesens<br />
zu glauben. Hier kann unser Reisender von positiven Beobachtungen berichten:<br />
„Und dieses muß ich von diesen Leuthen rühmen wenn sie auch noch so schlecht<br />
erfahren sind, so werden sie doch von der Einigkeit und von den vollkommenheiten<br />
Gottes so gut zu reden wissen als wir Christen, ja manchmahl noch besser.“<br />
Die Teilnahme an der Afrika-Expedition hat für Ludwig übrigens keine karrierefördernde<br />
Bedeutung. Drückende Armut verfolgte ihn, erst 1738 wurde ihm<br />
eine Pension gewährt, 1748 erlangt er schließlich eine Professur an der Medizinischen<br />
Fakultät. Bekannt ist, daß Goethe während seines Studiums zeitweilig<br />
Ludwigs Tischgast war. Ob bei den Mahlzeiten auch über Afrika gesprochen<br />
wurde, ist uns freilich nicht überliefert.<br />
Detlef Döring<br />
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