Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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eruflichen Abschlüssen, die sie anstrebten, waren es vor allem zwei: Einerseits<br />
drängten an die philosophische Fakultät Frauen, die sich für das wissenschaftliche<br />
Lehramt qualifizieren wollten. Lehrerinnen, die in Volksschulen tätig waren,<br />
gab es bereits, das höher angesehene öffentliche Schulwesen blieb den Frauen<br />
aber bislang verwehrt. Andererseits stieg angesichts des ethisch-moralischen<br />
Grundkonsenses der bürgerlichen Gesellschaft die Nachfrage nach weiblichen<br />
Ärzten insbesondere für Frauenheilkunde, die nicht länger ignoriert werden<br />
konnte. Denn als Hebammen waren Frauen längst etabliert. Beide Berufsfelder,<br />
das der Lehrerin und das der Ärztin, ließen sich auch am ehesten mit den traditionellen<br />
Rollenzuschreibungen von Frauen in der Gesellschaft vereinbaren. Die<br />
erzieherischen Fähigkeiten der Frauen in der Familie und deren Engagement zu<br />
wohltätigen Zwecken waren anerkannt und unbestritten. Es lag nahe, dann auch<br />
der Professionalisierung derselben aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Die<br />
Konzentration der Frauen auf die philosophische und die medizinische Fakultät<br />
korrespondiert mit der an den anderen deutschen <strong>Universität</strong>en und war keineswegs<br />
zufällig. Mit einer zeitlichen Verzögerung von zwei Jahren finden wir 1908<br />
die erste Studentin an der juristischen Fakultät, und es dauerte weitere zwei Jahre,<br />
bis 1910 die erste Studentin an der theologischen Fakultät anzutreffen ist. Es<br />
sind dies Professionen, die mit sehr viel Einfluss und Prestige verbunden sind.<br />
Von daher hielten sich hier die Vorurteile am hartnäckigsten. Darüber hinaus<br />
machten die herrschenden Weiblichkeitsbilder und die bestehenden gesetzlichen<br />
Regelungen den Berufseinstieg für Frauen in diese Professionen außerordentlich<br />
schwierig bzw. gar unmöglich.<br />
In den Folgejahren bis zum 1. Weltkrieg entwickelte sich das Frauenstudium mit<br />
nur langsam steigender Tendenz. 1914/15 waren insgesamt 200 Studentinnen<br />
an der <strong>Leipzig</strong>er <strong>Universität</strong> immatrikuliert, das entsprach einem Anteil von<br />
4,85 Prozent.<br />
Astrid Franzke<br />
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