Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Der 50. Todestag von Albrecht Alt (20. September 1883 – 24. April 1956) gibt<br />
Gelegenheit, eines Mannes zu gedenken, der zu den prägenden Gestalten der<br />
alttestamentlichen Wissenschaft des 20. Jahrhunderts in Deutschland gehörte<br />
und weit über die Grenzen seines Faches und Heimatlandes als Lehrer und Wissenschaftler<br />
geachtet und verehrt wurde. In den 33 Jahren seines Wirkens an der<br />
<strong>Leipzig</strong>er Theologischen Fakultät war er ein Magnet, der viele Studierende in die<br />
Hörsäle lockte. In seinen letzten Lebensjahren opferte er seine Semesterferien<br />
und las viermal ein volles Semesterprogramm in Tübingen, zweimal außerdem<br />
noch in Göttingen und Heidelberg, indem er in der Woche mit der Bahn hin- und<br />
zurückfuhr. Nicht nur Studierende der Theologie und Orientalistik füllten die<br />
Bänke, sondern auch Kollegen und Freunde, „um ihn zu hören, wie er es sagte“<br />
(S. Herrmann). Die Faszination, die von seiner Person ausging, wird von seinen<br />
Schülern und Kollegen eindrücklich beschrieben. Persönlich anspruchslos, war<br />
er ein Mann von „unbedingter Lauterkeit und Wahrhaftigkeit“, der „gerecht<br />
und fair“ (R. Smend) urteilte und dessen Verhältnis zur Lehre und Forschung<br />
mit dem Wort „Hingabe“ (W. F. Albright) charakterisiert werden kann. Für die<br />
Lehre bedeutete das zunächst, dass er ein hohes Maß an Lehrveranstaltungen<br />
wahrnahm. Er hielt regelmäßig zwei vierstündige Hauptvorlesungen, oft auch<br />
noch eine Spezialvorlesung zu einem Thema außerhalb des Curriculums, dazu<br />
ein Hauptseminar und eine Übung an der biblisch-archäologischen Sammlung.<br />
Von 1941 – 1947 musste er die alttestamentliche Wissenschaft einschließlich<br />
des Hebräischunterrichts allein vertreten und hat durchschnittlich 20, nach eigenen<br />
Angaben gelegentlich sogar 29 Wochenstunden gehalten. Sowohl sein<br />
jüngerer Kollege, der Extraordinarius Joachim Begrich, als auch sein Assistent<br />
Werner Müller waren zum Heeresdienst eingezogen worden. Beide sind gefallen,<br />
und erst zum Sommersemester 1948 erhielt Alt mit Hans Bardtke wieder<br />
Unterstützung. Eindrucksvoll war aber auch die Art, wie Alt lehrte. Er „las“ nicht<br />
nur, sondern gestaltete die Vorlesungen mit vollem stimmlichem Einsatz und<br />
einem gewissen schauspielerischen Talent. Für Rat und Hilfe stand er stets zur<br />
Verfügung. Zu seinem 70. Geburtstag lohnten die Studenten sein Engagement<br />
mit einem Fackelzug, während Kollegen und Schüler in Ost und West den Wissenschaftler<br />
mit zwei Festschriften ehrten.<br />
Die außerordentlichen Lehrerfolge Alts wären ohne seine Hingabe an die Forschung<br />
undenkbar gewesen. Alt entsagte aller Ablenkung und widmete sich<br />
einem Thema, das man mit Fug und Recht als sein Thema bezeichnen kann: die<br />
Palästinawissenschaft in umfassendem Sinn, aber nicht um ihrer selbst willen,<br />
sondern in steter Beziehung auf das Alte Testament. Für dieses Thema war er,<br />
als er 1923 seine Lehrtätigkeit in <strong>Leipzig</strong> begann, glänzend vorbereitet. Der in<br />
Stübach in Mittelfranken geborene Pfarrerssohn hatte eine solide humanistische<br />
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