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Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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Was mit ihm, abgesehen von allem persönlichen Verluste, überhaupt verloren<br />

gegangen ist, ob nicht in ihm der letzte große Philologe zu Grabe<br />

getragen wurde – das weiß ich nicht mit Sicherheit zu beantworten. Aber<br />

ob die Antwort so oder ganz anders ausfalle – daß in seinen Schülern eine<br />

nie erhörte Fruchtbarkeit seiner Wissenschaft verbürgt sei –, jede Antwort<br />

fällt zu seiner Ehre aus: es ist ein gleich großer Ruhm, der letzte der<br />

Großen oder der Vater einer ganzen großen Periode zu heißen.<br />

Mit diesen Worten gedenkt Friedrich Nietzsche seines am 9. November 1876 in<br />

<strong>Leipzig</strong> verstorbenen Lehrers Friedrich Ritschl in einem Brief an dessen Witwe<br />

Sophie vom Januar 1877.<br />

Geboren wurde Friedrich Ritschl am 6. April 1806 im thüringischen Groß-Vargula<br />

bei Erfurt als Sohn eines Pfarrers. Er studierte Philologie in <strong>Leipzig</strong> bei<br />

Gottfried Hermann und in Halle bei Karl Christian Reisig, wo er sich 1829 als<br />

Vierundzwanzigjähriger habilitierte und 1832 zum Extraordinarius ernannt wurde.<br />

1833 folgte er einem Ruf an die <strong>Universität</strong> Breslau. Dort heiratete er 1838<br />

Sophie Guttentag; die beiden hatten zwei Töchter und einen Sohn. Im Jahr 1839<br />

wechselte Ritschl an die <strong>Universität</strong> Bonn, wo er bis 1865 als Ordinarius wirkte.<br />

Nach Konflikten mit seinem dortigen Kollegen Otto Jahn folgte er 1865 einem<br />

Ruf nach <strong>Leipzig</strong>. Dort lehrte Ritschl bis zu seinem Tod am 9. November 1876.<br />

Obwohl Ritschls wissenschaftlicher Ruhm vor allem auf seinen Forschungen<br />

in der lateinischen Philologie, insbesondere zu Plautus und zum Altlateinischen<br />

beruht, sind seine frühesten wissenschaftlichen Arbeiten dem Griechischen gewidmet:<br />

Bis heute nicht ersetzt ist Ritschls Ausgabe der Ecloga vocum Atticarum<br />

des Thomas Magister (Halle 1832), eines attizistischen Lexikons aus dem frühen<br />

14. Jahrhundert. 1838 erschien dann in Breslau seine Arbeit über „Die Alexandrinischen<br />

Bibliotheken und die Sammlung der Homerischen Gedichte durch<br />

Pisistratus“, die Karl Lehrs, einer der besten Kenner der antiken Homerphilologie<br />

im 19. Jahrhundert, als „goldenes Büchlein“ gepriesen hat. Ausgangspunkt<br />

ist ein neues Zeugnis zur antiken Philologiegeschichte, welches Ritschl in dieser<br />

Arbeit erstmals vollständig aus einer römischen Handschrift mitteilte und welches<br />

ihn veranlasste, auf die Geschichte der Bibliothek von Alexandria und das<br />

Zustandekommen des Homertextes einzugehen.<br />

Seit der Bonner Zeit steht jedoch der altlateinische Komödiendichter Plautus<br />

(ca. 250 – 180 v. Chr.) im Zentrum von Ritschls wissenschaftlichem Schaffen.<br />

Den entscheidenden Impuls zu einer lebenslangen Beschäftigung mit diesem<br />

Dichter hatte eine Italienreise in den Jahren 1836 bis 1837 gegeben: In Mailand

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