Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Düsseldorf liege doch etwas abseits vom Weg der Reisenden. Nach anfänglichen<br />
Erfolgen holte Schumann aber auch in Düsseldorf seine Krankheit wieder ein,<br />
so dass es zu dem endgültigen Zusammenbruch kam: Am Rosenmontag, dem<br />
27. Februar 1854, geht Schumann im Schlafrock mit Filzschuhen auf die nahe<br />
Rheinbrücke, wirft seinen Ehering ins Wasser und springt hinterher.<br />
Selbst in seinem verzweifelten Irrsinn entspricht Robert Schumann noch dem<br />
Ideal des romantischen Künstlers, bei dem Genie und Wahnsinn ineinander übergehen.<br />
Und welchen Stoff gibt die romantische Liebesgeschichte mit Clara ab!<br />
Vor allem seine frühen Kompositionen wurden fester Bestandteil des klassischromantischen<br />
Musikrepertoires. Sie vereinen nahezu alles, was als musikalische<br />
Romantik bezeichnet werden darf: kleine, poetische Klavierstücke an Stelle<br />
der klassischen großen Sonate, literarische Sujets phantastischer, exotischer<br />
oder folkloristischer Provenienz, subjektive Emphase großer Ausdrucksstärke,<br />
harmonische Experimente als Ausweitung des Klangspektrums, formale Gestaltung<br />
in der Spannung von Auflösung und Einfachheit, all dies ist in Schumanns<br />
frühen Werken zu finden. Problematisch wurde lange Zeit seine weitere kompositorische<br />
Entwicklung eingeschätzt: „Schumann hat sich vom Genie zum<br />
Talent heruntergearbeitet“, so lautete ein böses Wort von Felix Draeseke. Es war<br />
die Auseinandersetzung mit Schumanns Krankheit, die Vorbehalte provozierte,<br />
selbst bei Clara, Johannes Brahms und Joseph Joachim. Heute diagnostizieren<br />
Musikwissenschaftler im Spätwerk Schumanns eine Tendenz zum Realismus im<br />
Zusammenhang mit den revolutionären Bewegungen der Zeit um 1848. Aber so<br />
etwas Prosaisches läuft der Vorstellung vom idealen Romantiker natürlich direkt<br />
zuwider …<br />
Helmut Loos<br />
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