Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Am 29. Juli 1856 ist Robert Schumann in Endenich bei Bonn in einer Heilanstalt<br />
verstorben. Über zwei Jahre lang hatte er nach seinem Zusammenbruch<br />
im Februar 1854 in einer Heilanstalt unter der Aufsicht von Dr. Franz Richarz,<br />
ihrem Gründer und Leiter, leben müssen, zeitweise in geschlossenem Vollzug.<br />
Legenden spinnen sich um das traurige Schicksal des berühmten Komponisten<br />
und seine geheimnisvolle Krankheit. Clara Schumann, seit 1840 mit Robert verheiratet<br />
und Mutter acht gemeinsamer Kinder, besuchte ihren Gatten auf Anraten<br />
des Arztes nicht, erst zu seinem Tod wurde sie herbeigerufen. Aber Johannes<br />
Brahms und Joseph Joachim empfing Robert Schumann, auch Bettina Brentano<br />
(verheiratete von Arnim), die Clara ausdrücklich um die Erlaubnis gebeten hatte,<br />
den Kranken aufsuchen zu dürfen. Doch Bettina fand Robert anscheinend in<br />
einem günstigen Augenblick recht ausgeglichen vor und machte Clara anschließend<br />
heftige Vorwürfe wegen der Unterbringung in der elenden Irrenanstalt:<br />
Robert habe lediglich einen nervösen Anfall erlitten, der wahre Kranke sei sein<br />
Arzt, Dr. Richarz. Später kamen noch schlimmere Gerüchte auf, zumal der junge<br />
Johannes Brahms sich im selben Haus wie Clara in Düsseldorf einquartiert und<br />
ihr in der schweren Zeit beigestanden hatte. Sollte die berühmte Pianistin ihren<br />
zunehmend unfähigen Mann zugunsten eines vielversprechenden jungen Genies<br />
abserviert haben? War nicht Claras letztes Kind im Juni 1854 geboren worden,<br />
als Robert schon in der Heilanstalt eingesperrt war?<br />
Erst im Jahre 1994 wurden die Aufzeichnungen von Schumanns Arzt bekannt,<br />
Richarz hatte Schumanns Krankenakte in seinen persönlichen Besitz übernommen.<br />
Sie war im Familienbesitz geblieben und stets als tiefes Geheimnis bewahrt<br />
worden, bis Aribert Reimann sie der Akademie der Künste zu Berlin übergeben<br />
und bekannt gemacht hat. Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass Schumann<br />
mit Syphilis infiziert war und an progressiver Paralyse litt. Nichts ist wahr an<br />
den Verdächtigungen der Verschwörung und Intrige, sie belegen nur die Sensationsgier<br />
der Öffentlichkeit an einem hochberühmten Künstlerehepaar, dessen<br />
Verbindung in einem dramatischen Prozess erkämpft werden musste.<br />
Robert Schumann kam aus einem kunstsinnigen Haus in Zwickau: Sein Vater<br />
betätigte sich als Schriftsteller und betrieb erfolgreich einen Verlag, seine Mutter<br />
war musikalisch veranlagt und förderte sehr erfolgreich Roberts Begabungen.<br />
Dabei erwies sich der Knabe als außerordentlich talentiert für die Künste, er<br />
zeigte ausgezeichnete schriftstellerische Fähigkeiten und begeisterte sich für die<br />
Dichtkunst. Doch fesselte ihn die Musik nicht weniger, er bildete sich während<br />
seiner Schulzeit weiter, verzichtete aber auf Anraten der Mutter zunächst auf<br />
eine musikalische Laufbahn und ging 1828 zum Jurastudium nach <strong>Leipzig</strong>.<br />
Heimlich aber begann er eine musikalische Ausbildung, ein Studienaufenthalt in<br />
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