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Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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und kulturellen Kontakten fragen ließ. Eine Reise zur Weltausstellung nach<br />

St. Louis und durch den Mittleren Westen der USA inspirierten ihn, ein Programm<br />

auszuarbeiten, das er zuerst den Studierenden der Columbia University<br />

während einer Serie von Gastvorlesungen darbot: Der künftige Wettbewerb der<br />

Staaten werde nicht mehr vorrangig mit militärischen Waffen, sondern mit der<br />

kulturellen Fähigkeit geführt, sich die besten Ideen anderer Gesellschaften produktiv<br />

anzueignen. Im Zeitalter zunehmender globaler Verflechtungen hatte die<br />

von Lamprecht hartnäckig vertretene Kulturgeschichte damit als Weltgeschichte<br />

wieder eine patriotische Aufgabe gewonnen, die das Engagement der Vorgängergeneration<br />

für die nationale Einigung ablösen würde.<br />

Wiederum setzte der <strong>Leipzig</strong>er Ordinarius sein Organisationstalent dafür ein,<br />

dem neu gewonnenen Ansatz günstige Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen:<br />

Als er mit seinen Kollegen Brandenburg und Seeliger nicht einig werden konnte<br />

über die radikale Gegenstandserweiterung der Geschichtswissenschaft, betrieb er<br />

die Trennung seines Instituts vom Historischen Seminar und stützte sich vorrangig<br />

auf die Kooperation mit Kollegen aus anderen Disziplinen, vorzugsweise den<br />

Spezialisten der verschiedenen Weltregionen in Sinologie, Japanologie, Afrikanistik<br />

und Nordeuropakunde, Völkerkunde und Geographie. Den Internationalen<br />

Historikerkongress 1908 in Berlin machte er zur Bühne seiner Pläne, und nur ein<br />

Jahr später folgte die Gründung des Instituts für Kultur- und Universalgeschichte<br />

mit einer (u. a. aus dem kaiserlichen Dispositionsfonds) reich ausgestatteten<br />

Bibliothek und Forschungsmöglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler. Mit<br />

seinem systematisch modularisierten Lehrbetrieb zog es schon bald über 300<br />

Studierende an und trug damit tatsächlich dazu bei, die Nachfrage nach historischem<br />

Wissen in <strong>Leipzig</strong> gegenüber den 1890er Jahren zu vervielfachen.<br />

Lamprecht wusste insbesondere <strong>Leipzig</strong>s Verleger zu begeistern, und mit deren<br />

Spenden machte er sich während seines Rektorates 1910/11 an die Gründung<br />

der König-Friedrich-August-Stiftung, die in wichtigen Punkten in direkter Gegenüberstellung<br />

zur Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft konzipiert war: Statt einer<br />

utilitaristischen Ausrichtung auf industrielle Verwertbarkeit der Naturwissenschaften<br />

hatten hier die Geistes- und Sozialwissenschaften den zentralen Platz;<br />

statt einer Abtrennung der Forschung von der <strong>Universität</strong> verblieben die Forschungsinstitute<br />

der Stiftung direkt bei der Hochschule (und Lamprecht träumte<br />

gar von einem gemeinsamen Campus für Lehre und Forschung in Probstheida).<br />

Mit Geschick wusste der rastlose Antreiber das sächsische Selbstbewusstsein<br />

in Monarchie und Parlament sowie bei den Mäzenaten für die Planungen einer<br />

drittmittelgestützten <strong>Universität</strong>sentwicklung zu mobilisieren und die vielfachen<br />

internationalen Kontakte einzusetzen.<br />

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