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Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

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schung der Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre maßgeblich geprägt und ihr<br />

durch die Verbindung von mittelalterlicher Verfassungs- und Landesgeschichte<br />

nachhaltige Impulse gegeben.<br />

Kötzschkes innovativer Paradigmenwechsel hatte sich allerdings schon seit den<br />

20er Jahren mit völkischen Vorstellungen verbunden. Die Schockerfahrung des<br />

Ersten Weltkrieges und Grenzverschiebungen im Osten lenkten den Blick auf<br />

„deutsches Land und deutsches Volkstum“ jenseits der Reichsgrenze und damit<br />

auf die Erforschung der deutschen Ostsiedlung des Mittelalters. Die neuen<br />

landesgeschichtlichen Ansätze mündeten in den 30er Jahren in die sogenannte<br />

Volks- und Kulturbodenforschung, als deren maßgeblicher Vertreter neben<br />

Kötzschke der Bonner Landeshistoriker Hermann Aubin (1885 – 1969) zu nennen<br />

ist. Wie in Bonn resultierte daraus in <strong>Leipzig</strong> eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

mit der Sprachgeschichte und Volkskunde, die sich in dem Werk<br />

„Kulturräume und Kulturströmungen im mitteldeutschen Osten“ (1936) manifestierte.<br />

Gemeinsam mit seinem Schüler Wolfgang Ebert veröffentlichte Kötzschke<br />

1937 eine „Geschichte der ostdeutschen Kolonisation“, die erste umfassende<br />

Synthese dieses für Sachsen und Mitteldeutschland wie für den gesamten<br />

ostdeutschen und ostmitteleuropäischen Raum bedeutenden Umbruchprozesses.<br />

1935, im Jahr seiner Emeritierung, hat Kötzschke gemeinsam mit dem Dresdner<br />

Archivar Hellmut Kretzschmar die „Geschichte Sachsens“ veröffentlicht. Das<br />

Buch stellt eine bis heute unübertroffene Synthese dar, die durch die vorbildliche<br />

Berücksichtigung der Wirtschafts-, Sozial-, Verfassungs- und Kulturgeschichte<br />

im Kontext der Landes- und Reichsgeschichte noch immer besticht.<br />

Als Nachfolger Kötzschkes wurde 1935 der Österreicher Adolf Helbok berufen,<br />

der durch Arbeiten zur Siedlungsgeschichte für die Fortführung der<br />

<strong>Leipzig</strong>er Neuansätze in der Landesgeschichte geeignet erschien. Allerdings<br />

hatte sich Helbok nicht nur frühzeitig der Volksgeschichte zugewandt, sondern<br />

gefordert, die „Rassekunde“ als neue geschichtswissenschaftliche Methodik zu<br />

berücksichtigen, während sich Kötzschke schon 1927 gegen die Verwendung<br />

des Begriffs „Rasse“ in der Geschichtswissenschaft verwahrt hatte. Nach der<br />

Machtergreifung Hitlers 1933 enthalten zwar manche Veröffentlichungen<br />

Kötzschkes regimekonforme Äußerungen, doch bleibt festzuhalten, dass er sich<br />

langfristig weder weltanschaulich angepasst noch für die NS-Bewegung engagiert<br />

hat. Zu den Protagonisten einer nationalsozialistisch geprägten Volks- und<br />

Kulturraumforschung hat er nicht gehört. Ganz anders sein Nachfolger Adolf<br />

Helbok, dessen <strong>Leipzig</strong>er Antrittsvorlesung über „Die Aufgaben der deutschen<br />

Landes- und Volkstumsgeschichte“ 1935 deutlich machte, dass mit seiner Berufung<br />

eine Neuausrichtung der Landesgeschichte und damit auch des Seminars<br />

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