22.10.2012 Aufrufe

Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der während der Reise ständig mit Krankheiten zu kämpfen hatte, war schon<br />

vor jener kurfürstlichen Anordnung zusammen mit den erworbenen Tieren und<br />

verschiedenem Sammlungsgut in die Heimat zurückgereist. Am 15. Mai 1733<br />

berichtete Hebenstreit aus Marseille an Ludwig: „Nach dem Tode des Königs<br />

hat es dem ErbPrintzen gefallen uns zurückzuberuffen, wobey mir gemeldet<br />

worden, daß ich Professor Physiologiae ordinarius … worden. … darauf hab ich<br />

mich nicht zubeklagen, inzwischen habe doch an den Printzen supplicirt, daß<br />

mir erlaubt seyn möchte die Reise zu vollführen, ich weiß nicht was darauf erfolgen<br />

wird. Dem Befehl zufolgen gehe ich durch Holland zurücke und kan mich<br />

allemahl im Fall andrer ordre einschiffen.“ In Sachsen war man jedoch ganz auf<br />

die bevorstehenden Auseinandersetzungen um den Erwerb der polnischen Krone<br />

fixiert; Hebenstreits Ersuchen wurde abgeschlagen. Die gesamte Reise hatte<br />

Kosten in Höhe von knapp 15 000 Talern erfordert, eine vergleichsweise geringe<br />

Summe; manches Fest am Dresdner Hof dürfte mehr Geld verschlungen haben.<br />

Trotzdem bemängelte das „Ober-Rechnungs-Collegium“ diese und jene „unnötige“<br />

Ausgabe, so den Loskauf zweier Sklaven mit 728 Talern.<br />

Die gesamte materielle Ausbeute der Expedition ist in den Wirren des Dresdner<br />

Maiaufstandes des Jahres 1849 vernichtet worden. Die einzigen erhaltenen Zeugnisse<br />

bilden schriftliche Aufzeichnungen der Expeditionsteilnemer. Unter diesen<br />

nimmt das Reisetagebuch Ludwigs einen hervorragenden Platz ein. Wahrscheinlich<br />

gelangte es bereits nach seinem Tod in den Besitz der <strong>Leipzig</strong>er <strong>Universität</strong>sbibliothek,<br />

wo es erst vor gut 100 Jahren entdeckt wurde. Derjenige, der auf<br />

diesen Fund stieß und darüber publizierte (Martin Grosse), urteilte damals, ihm<br />

sei es damit gelungen, einen „Mann in die Reihe der wissenschaftlichen Reisebeschreiber<br />

Afrikas“ zu stellen, „von dessen handschriftlichen Reiseberichten<br />

sogar unter seinen Zeitgenossen nur wenige Freunde Kenntnis hatten“.<br />

Bei der Kenntnisnahme ist es bis heute geblieben. Die Edition des Textes bildet<br />

immer noch ein Desiderat der Forschung. Angesichts ihrer Bedeutung seien<br />

dieser Quelle noch einige Zeilen gewidmet. Das Tagebuch enthält minutiöse Beschreibungen<br />

des Reiseverlaufs, umfangreiche Aufzeichnungen zur Geographie<br />

und zur Pflanzenwelt Nordafrikas, insbesondere aber reichhaltige Beobachtungen<br />

zum Leben und zu den Sitten der Bewohner in den bereisten Gegenden. Ethnologen<br />

und Historiker werden den hohen Wert dieser Mitteilungen einschätzen<br />

können. Interessant ist aber auch ein anderer Aspekt: Ludwig zeigt sich in seinen<br />

Notizen ganz als ein Vertreter der Aufklärung, die gerade in <strong>Leipzig</strong> eines ihrer<br />

Zentren besaß. Das Gesehene wird danach beurteilt, inwieweit es den Vernunftprinzipien<br />

und Nützlichkeitserwägungen des aufgeklärten Europäers entspricht.<br />

Das Ergebnis bildet oft harsche Kritik. Die Menschen jener Gegenden, urteilt<br />

152

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!