Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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derung der Wirtschaftlichkeit nachkommen musste. Er nutzte die vielfältigen<br />
Kontakte durch seine Vereinstätigkeit zur weiteren Verbreitung des Gedankens<br />
der Zahnerhaltung und der Kariesprophylaxe mit organisatorischem und rhetorischem<br />
Talent. Das tragische Ende Hesses sei ihrer Meinung nach nicht allein auf<br />
seinen Gesundheitszustand zurückzuführen, sondern auch auf seine heute kaum<br />
nachzuempfindenden Vorstellungen einer „Standesehre“, für die er so lange erfolglos<br />
vor Gericht kämpfte.<br />
Sein Lebensziel, die Gründung eines Zahnärztlichen Instituts, die optimale<br />
Ausbildung der Studierenden und eine bestmögliche Versorgung aller Bevölkerungsschichten<br />
erreichte er, und es hat durch seine Nachfolger eine Fortsetzung<br />
erfahren. Das neue Institutsgebäude bot seinerzeit weltweit einmalige Ausbildungs-<br />
und Forschungsmöglichkeiten und zog eine große Zahl von Studierenden<br />
der Zahnheilkunde aus dem In- und Ausland an. Erstmalig in Deutschland wurden<br />
bereits 1909 Vorlesungen und Praktika zur Werkstoffkunde gehalten und<br />
entsprechendes Fachpersonal eingestellt, was den wissenschaftlichen Ruf der<br />
Ausbildungsstätte unterstrich. Die Einrichtung einer Bettenstation für Kiefer-<br />
und Gesichtsversehrte in Folge des Ersten Weltkrieges beförderte nicht nur die<br />
Entwicklung der Kiefer-, Gesichts- und plastischen Chirurgie sondern begründete<br />
auch die die <strong>Leipzig</strong>er Klinik auszeichnende Tradition der Versorgung von<br />
fehlenden Gesichtsteilen, der sogenannten Epithetik.<br />
Die von Hesse angestrebte Verknüpfung von wissenschaftlicher Lehre und<br />
Forschung darf heute als erfolgreich verwirklicht angesehen werden, auch<br />
wenn erneut durch den Zwiespalt zwischen Zwang zur Eigenerwirtschaftung<br />
von Mitteln und der Notwendigkeit zur Absicherung der Lehre trotz unzureichender<br />
Personalstärke bei steigenden Studentenzahlen die wissenschaftlichen<br />
Erfolge gegenwärtig noch nicht den gewünschten Stand erreichen können. Die in<br />
Aussicht stehende neue Approbationsordnung Zahnmedizin beinhaltet in ihren<br />
Grundzügen die von Hesse geforderte Verknüpfung der Zahn- und Allgemeinmedizin<br />
im Sinne einer Gleichstellung und Aufwertung allgemeinmedizinischer<br />
Anteile im Zahnmedizinstudium.<br />
Ehren wir Hesse künftig durch geschickte Umsetzung dieser Grundlage eines<br />
modernen Zahnmedizinstudiums, die hoffentlich bald ihren Weg durch die administrativen<br />
Gremien geschafft haben wird, vergessen dabei aber nicht, dass<br />
der Beruf des Zahnarztes trotz modernster Technologien eine manuell praktisch<br />
geprägte Tätigkeit bleibt, wie bereits Hesse seinen Studenten aufgrund seiner<br />
großen Fingerfertigkeit und handwerklichen Begabung demonstrieren konnte!<br />
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