Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Ordentlichen Professors der Medizinischen Fakultät und ständigen Dekans,<br />
des Physiologen und Philosophen Ernst Platner (1744 – 1818), geraten, und so<br />
wird er mit ihm die Schrift ‚De melancholia senili occvlta observatio‘ erarbeitet<br />
haben. Endgültig legte er sich spätestens mit seinem Büchlein ‚Beyträge zur<br />
Krankheitslehre‘ und seiner Entscheidung für ein psychiatrisches Thema seiner<br />
Antrittsvorlesung zur außerordentlichen Professur auf die Seelenheilkunde<br />
als Hauptarbeitsgebiet fest. Diese Professur, die noch ohne Lehrgebiet ausgeschrieben<br />
war, hatte ihm, dem Doktor der Medizin und Philosophie und auf dem<br />
Gebiet der Medizin Habilitierten, auf Antrag der sächsische König bewilligt.<br />
Weil er also besonders dazu prädestiniert schien und weil im sozial-ökonomisch<br />
vorangehenden Sachsen durch die Errichtung von Irrenanstalten rasch Bedarf<br />
an speziell für psychische Heilkunde ausgebildeten Ärzten entstand, wurde ihm<br />
im Zuge einer allgemeinen <strong>Universität</strong>sreform auf Weisung Friedrich August I.<br />
(1750 – 1827) 1811 eine außerordentliche Professur für ‚Psychische Therapie‘<br />
übertragen. War es doch die Bestimmung außerordentlicher Professoren ohne<br />
Lehramt, bei Bedarf und besonderer Befähigung entsprechend eingesetzt zu<br />
werden.<br />
Dieser Lehrstuhl an der <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong> ist tatsächlich der erste eigens für<br />
ein seelenheilkundliches Fach eingerichtete und Heinroth der erste akademische<br />
Lehrer, der eigens für ein psychiatrisches Gebiet berufen worden ist. Gilt dies<br />
mit Gewissheit für das Abendland, besteht dieser Anspruch aber wohl auch<br />
angesichts von Definitionsproblemen im Vergleich mit den frühen islamischen<br />
Lehranstalten.<br />
Jedoch muss definitiv festgestellt werden, dass dieser Lehrstuhl trotz Heinroths<br />
ernsthaften Bemühungen zu seinen Lebzeiten nie in einen ordentlichen umgewandelt<br />
worden ist, die ‚Psychische Therapie‘ außerordentliches Lehrgebiet<br />
blieb, wenngleich er selbst als Hochschullehrer 1819 den Status eines ordentlichen<br />
Professors der Medizin erhielt.<br />
1813 gelangte Heinroth durch die Fürsprache der Medizinischen Fakultät zusätzlich<br />
in die Stellung als Hausarzt am Waisen-, Zucht- und Versorgungshaus<br />
St. Georg. In diese 1212 gegründete städtische Pflege- und Krankenanstalt sind<br />
zwar auch psychisch Kranke eingeliefert worden, aber doch längst nicht in der<br />
Anzahl und Verweildauer, als dass Heinroth hier unbeschränkt der Zugang zu<br />
seelenkranken Patienten ermöglicht worden wäre. So blieb er als psychiatrischer<br />
Arzt weitgehend Theoretiker, denn über eine eigene psychiatrische <strong>Universität</strong>sklinik<br />
konnte er schon gar nicht verfügen.<br />
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