Jubiläen 2006 - Universitätsarchiv Leipzig - Universität Leipzig
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Kötzschke, am 8. Juli 1867 in Dresden geboren, hatte in <strong>Leipzig</strong> die Hauptfächer<br />
Latein und Geschichte und die Nebenfächer Deutsch, Geographie und<br />
Griechisch studiert. Nichts deutete in seinem Studium darauf hin, dass er zu<br />
einem der innovativsten Historiker des beginnenden 20. Jahrhunderts werden<br />
sollte, dessen Name bis heute Fachleuten auch außerhalb Sachsens geläufig ist.<br />
Wesentliche Impulse hat Kötzschke allerdings auch nicht von der damaligen<br />
Geschichtswissenschaft erhalten, die vorrangig an der großen Politikgeschichte<br />
interessiert war.<br />
Nach Staatsprüfung und Promotion 1890 war Kötzschke zunächst als Lehrer an<br />
einer Dresdner Privatschule tätig, bis ihn 1894 der Historiker Karl Lamprecht<br />
(1856 – 1915) nach <strong>Leipzig</strong> holte. Dessen Betonung der Kulturgeschichte im<br />
weitesten Sinne zielte auf eine konzeptionelle Neuausrichtung der Geschichtswissenschaft.<br />
Lamprecht hatte sich durch sein bahnbrechendes Buch „Deutsches<br />
Wirtschaftsleben im Mittelalter“ über die Entwicklung der materiellen Kultur<br />
des Mosellandes (1885/1886) einen Namen gemacht. Diese Forschungen gedachte<br />
er in <strong>Leipzig</strong> fortzusetzen und gewann Kötzschke für die Herausgabe der<br />
Urbare der Abtei Werden an der Ruhr. Mit Studien zur Verwaltungsgeschichte<br />
dieser Grundherrschaft hat sich Kötzschke 1899 in <strong>Leipzig</strong> für „mittlere und neuere<br />
Geschichte, im besonderen für sächsische Landesgeschichte“ habilitiert. Die<br />
Beschäftigung mit wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Quellen hat Kötzschke<br />
den Zugang zur allgemeinen Wirtschaftsgeschichte eröffnet, die zeitlebens ein<br />
wichtiges Arbeitsfeld bleiben sollte, wie an seinen großen Handbuchdarstellungen<br />
der Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters (1908, 1924) ablesbar ist.<br />
Ein Schüler Lamprechts im eigentlichen Sinne ist Kötzschke zwar nicht gewesen,<br />
doch ließ er sich von ihm für landesgeschichtliche Forschungen gewinnen,<br />
für die mit der Sächsischen Kommission für Geschichte 1896 ein erster organisatorischer<br />
Rahmen geschaffen worden war. Mit Hilfe Kötzschkes gelang<br />
es Lamprecht, die Landesgeschichte an der <strong>Universität</strong> <strong>Leipzig</strong> zu etablieren.<br />
Allerdings gestaltete sich die akademische Laufbahn Kötzschkes angesichts<br />
des sogenannten „Methodenstreits“, der in <strong>Leipzig</strong> um Lamprecht entbrannt<br />
war, schwierig. 1905 wurde Kötzschke Extraordinarius, seit 1917 Inhaber einer<br />
Professur für sächsische Geschichte, doch erst 1930 sollte er ein persönliches<br />
Ordinariat erhalten.<br />
Ein Meilenstein auf dem Weg zur Institutionalisierung des Faches war das<br />
1906 begründete Seminar für Landesgeschichte und Siedlungskunde, nach<br />
dessen Vorbild später an weiteren <strong>Universität</strong>en landesgeschichtliche Institute<br />
gegründet worden sind. Schon an der Bezeichnung ist der prägende Einfluss der<br />
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