Die ausführliche Version als pdf - Futur III
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<strong>Die</strong>ses Konzept halte ich grundsätzlich für sinnvoll, gebe aber zu bedenken, dass es auch<br />
noch andere Stimmlose in unserer Demokratie gibt: <strong>Die</strong> Tiere, die Natur, die Menschen in<br />
anderen Nationen.<br />
6.3 Demut, Selbstvertrauen und Vernunft<br />
Eine Gesellschaft, die sich den Wettbewerb zum Ziel setzt, ist krank. Es gibt eine Therapie,<br />
die dagegen hilft:<br />
• Demut gegen die Eitelkeit<br />
• Selbstvertrauen gegen die Angst<br />
• Vernunft gegen die Maßlosigkeit<br />
Wobei jeder der drei Punkte auch gegen die anderen hilft. Es ist eine einfache und gute Medizin.<br />
Sie wird seit Jahrtausenden verabreicht. Ich kann Ihnen hier allerdings nur beschreiben,<br />
wie ich sie einnehme. Sie müssen Ihren eigenen Weg finden. Das Rezept aber, glaube<br />
ich, ist für alle Menschen gleich. Der folgende Text ist sehr persönlich, anders konnte ich ihn<br />
nicht kurz halten. Ich hatte das Gefühl, wenn ich anfange, allgemein über diese Themen zu<br />
schreiben, müsste ich viel weiter ausholen. Also kann ich nur von mir berichten.<br />
6.3.1 Demut<br />
Letztlich steht die Frage nach dem „Höheren” dahinter. Demut ist eine innere Haltung, mit<br />
der ich akzeptiere, dass es Dinge gibt, die für mich nicht erreichbar sind, obwohl ich sie erreichen<br />
wollen kann. Demut ist die Haltung des Gläubigen gegenüber Gott. Demut ist die<br />
Einsicht in die Notwendigkeiten. Mit Demut ist hier nicht die unterwürfige Haltung eines<br />
Knechtes gemeint, der sich einer äußeren Macht beugt, denn die Macht ist in uns selbst. Mit<br />
Demut erkennen wir die eigene Unvollkommenheit an.<br />
Ich bin „ontologischer Materialist”. Umgangssprachlich ist ein Materialist jemand, der sich<br />
dem materiellen Konsum hingibt, aber hier ist etwas anderes gemeint, nämlich eine philosophische<br />
Position. Ein ontologischer Materialist ist jemand, der nicht an Gott glaubt, sondern<br />
an die naturwissenschaftliche Erklärung der Welt. Es gibt außer Materie und den Naturgesetzen<br />
nichts. Nichts Höheres, keinen Gott und insbesondere keine außerkörperliche Seele, die<br />
nach dem Tod oder möglicherweise auch vorher schon existiert. Es gibt somit auch keinen<br />
höheren Sinn des Lebens. Der Materialismus ist eine Position, die sich auf das Leben im Hier<br />
und Jetzt fokussiert.<br />
Generationen von Denkern haben sich mit diesen Fragen befasst. <strong>Die</strong>ses Spiel mit der eigenen<br />
Erkenntnis gehört zum Menschen wie Demokratie und Marktwirtschaft. Der Mensch ist<br />
permanent dabei, sich seiner selbst zu vergewissern, um einerseits Sinn zu erreichen und<br />
andererseits eine logische Begründung, warum er in der Welt ist und so anders <strong>als</strong> die Tiere.<br />
Und um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, weil er seine Welt nachhaltig verändert.<br />
Ich stelle in meinen Überlegungen das menschliche Gehirn in den Vordergrund. Ich bin fest<br />
davon überzeugt (man könnte auch sagen: ich glaube), dass es nichts weiter braucht <strong>als</strong><br />
dieses unglaubliche Bündel von Neuronen und Synapsen, befeuert von einer komplexen Biochemie<br />
und einem Energiekreislauf aus Kohlehydraten, Proteinen und Fett, um damit die<br />
Vielfalt der menschlichen Erscheinungen zu erklären. Was wissen wir denn darüber? Mittlerweile<br />
beeindruckend viel und doch herzlich wenig, aber dieses wenige reicht mir aus, um für<br />
mich zu erklären: Reicht völlig. Ich glaube, dass die Art der „Verschaltung” des Gehirns in<br />
Verbindung mit zufälligen (stochastischen) Ereignissen, wie sie die Physik beschreibt, sowie<br />
Unstetigkeiten, wie sie die Chaostheorie beschreibt, völlig ausreicht für ein unglaubliches<br />
Spektrum an menschlichen Fähigkeiten und Defekten. Deshalb bin ich auch überzeugt, dass<br />
die Kollegen von der Künstlichen Intelligenz eines Tages „Erfolg” haben werden in dem Bemühen,<br />
ein künstliches, denkendes Objekt zu erschaffen, wenn man ihnen nicht vorher in<br />
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