Die ausführliche Version als pdf - Futur III
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den ich bearbeite, um so weniger muss ich mir Gedanken um das „vor mir” und „nach mir”<br />
machen.<br />
Aufteilung von Verantwortung durch „Verantwortungsdreiecke”<br />
Ein geniales System von Verantwortungsteilung plündert uns seit Jahrzehnten systematisch<br />
aus: Das System der gesetzlichen Krankenkassen. Es funktioniert so:<br />
• Der Patient zahlt seinen Krankenkassenbeitrag und ist damit praktisch vollkaskoversichert.<br />
Er kann mehr oder weniger alle Leistungen beanspruchen, die die moderne<br />
Medizin zu bieten hat, und hat damit an einer sparsamen Verwendung kein Interesse<br />
mehr. In der gesetzlichen Krankenkasse erfährt er noch nicht einmal, was seine Behandlung<br />
kostet, er bekommt direkt die medizinischen Leistungen („Sachleistungsprinzip”).<br />
• Der Arzt behandelt den Patienten und stellt die Rechnung an die Krankenkasse. Dank<br />
der „Einzelleistungsvergütung” erhält der Arzt umso mehr Geld, je aufwendiger er<br />
behandelt, und er kann dieses „aufwendiger” in weiten Grenzen frei gestalten. Er hat<br />
schon gar kein Interesse an Sparsamkeit, im Gegenteil: Viele Ärzte haben den „Blankoscheck”<br />
Krankenschein in der Vergangenheit für betrügerische Abrechnungen genutzt.<br />
Der einzige Mensch, der die Abrechnung hätte kontrollieren können, nämlich<br />
der Patient, ausgerechnet der bekam diese Abrechnung ja nie zu sehen.<br />
• <strong>Die</strong> Krankenkasse hat ebenfalls kein vitales Interesse an Sparsamkeit, denn es ist ja<br />
eigentlich nicht ihr Geld. Sie verwaltet nur das Geld ihrer Patienten.<br />
Somit ist jede Verantwortung völlig ausgehebelt. Zusätzlich zur immer größeren Leistungsfähigkeit<br />
der Medizin kommt auch noch dieser Effekt der fehlenden Verantwortung, und beides<br />
lässt die Kosten im Gesundheitssystem immer weiter steigen.<br />
Einführen von Maßzahlen<br />
Maßzahlen und scheinbare Objektivität ersetzen den Sinn. Zum Beispiel „Management by<br />
objectives”, zu deutsch „Führung durch Zielvereinbarungen”. Zusammen mit dem Arbeitnehmer<br />
werden möglichst objektive, am besten messbare Ziele vereinbart und eine Belohnung<br />
nachvollziehbar an die Erfüllung dieser Ziele gekoppelt. Wie der Arbeitnehmer diese<br />
Ziele erreicht, soll er selbst entscheiden. Auf diese Weise soll der Sportsgeist des Arbeitnehmers<br />
motiviert werden. Andere „Management by ...”-Methoden verwenden ebenfalls<br />
Maßzahlen.<br />
Maßzahlen haben die unangenehme Eigenschaft, sich zu verselbständigen und an die Stelle<br />
des eigentlichen Zieles zu treten, wenn der persönliche Erfolg oder Misserfolg mit dieser<br />
Maßzahl verknüpft ist. Maßzahlen fördern Verantwortungslosigkeit. Wer eine Maßzahl einführt,<br />
wird bekommen, was er verdient – nämlich dass das Erfüllen der Maßzahl im Zweifel<br />
vor verantwortungsvolles Handeln rückt. Profitcenter, Renditeziele, Umsatzziele etc. – alles<br />
die gleiche Absicht. Eine Maßzahl ist nichts anderes <strong>als</strong> ein Ablenken vom fehlenden Sinn.<br />
Und: Maßzahlen bedeuten Kontrolle. Kontrolle ist nicht gut, Vertrauen ist besser. Warum<br />
sollten Menschen nicht anständig arbeiten wollen, wenn sie den Sinn darin sehen? Vertrauen<br />
macht den Menschen besser, Kontrolle macht ihn schlechter.<br />
Anonymität<br />
Verantwortungslosigkeit und Anonymität hängen eng zusammen. Unmoralisches Verhalten<br />
fällt leichter, wenn das Opfer nicht bekannt ist – oder sogar völlig unklar ist, ob überhaupt<br />
jemand zu leiden hat. Je weniger Konsument und Produzent über die Prozesse wissen, desto<br />
leichter fallen Konsum und Produktion.<br />
Zwischenhändler und Globalisierung erhöhen zwar die Produktivität, aber auch die Anonymität<br />
und die Unübersichtlichkeit des Handels. Deswegen findet man auf fair gehandelten Produkten<br />
auch immer wieder wieder Hinweise auf konkrete Projekte oder Bilder von dankbaren<br />
Kleinbauern: Gutes zu tun fällt leichter, wenn keine Anonymität herrscht.<br />
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