Die ausführliche Version als pdf - Futur III
Die ausführliche Version als pdf - Futur III
Die ausführliche Version als pdf - Futur III
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
eigenes Kapitel wert. Man kann das, was nun folgt, <strong>als</strong> nostalgisches Geheule eines Romantikers<br />
verunglimpfen. Man kann es aber auch die Suche nach Lebensqualität nennen.<br />
<strong>Die</strong> genannten Prinzipien ergeben möglicherweise die „4. Kränkung der Menschheit”: Zurückweisung<br />
in die natürlichen Schranken, Feststellung der Unvollkommenheit des handelnden<br />
Menschen, der sich vor sich selbst schützen und selbst beschränken muss. Und demzufolge<br />
ist die Aufgabe, die vor uns liegt, in erster Linie eine große Psychotherapie. Ich meine<br />
das auch ganz praktisch: Es geht um den sogenannten Bewusstseinswandel. Wir sollen in<br />
kurzer Zeit vieles genau anders herum machen <strong>als</strong> in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten.<br />
Das wird nicht ganz einfach sein und viele benötigen, die tapfer vorangehen, während<br />
der Nachbar noch weiter schlemmt und rülpst.<br />
Das Bild vom Menschen <strong>als</strong> Krone der Schöpfung, welches wir selbst durch unser Handeln <strong>als</strong><br />
Karikatur entlarvt haben, stürzt vom eitel errichteten Sockel und hinterlässt uns im wahrsten<br />
Sinne des Wortes in Bestürzung. Für Kleinmut ist dennoch kein Anlass: Über den Humanismus<br />
haben wir die Möglichkeit, wieder ein menschlicheres Bild unserer selbst zu etablieren,<br />
in einer Welt mit menschlichen Dimensionen, einigermaßen im Gleichgewicht mit der Umgebung.<br />
Eigentlich möchten wir eins sein mit der Natur. Das ist die conditio humana.<br />
Gedankenexperiment: Man lasse einen „ganz normalen” modernen Menschen vom Himmel<br />
herab in eine gebildete, tolerante, aber agrarisch und handwerklich lebende Gesellschaft<br />
fallen. Würde dieser Mensch an Depressionen eingehen, weil er all die Nettigkeiten der Vergangenheit<br />
nicht mehr hat? Nein, würde er nicht. Er würde sich anpassen und mitmachen<br />
und wäre möglicherweise glücklicher <strong>als</strong> vorher. Können Sie sich das auch umgekehrt vorstellen?<br />
Es ist hauptsächlich unser Umfeld, welches uns an der Selbstverwirklichung hindert,<br />
und wir wiederum hindern unser Umfeld, indem wir mitmachen.<br />
Zufriedenheit ist die Übereinstimmung von Soll und Ist. Man kann versuchen, das Ist zu steigern<br />
oder das Soll zu senken. Für beides gibt es historische Beispiele: „<strong>Die</strong> alte Zeit der einfachen<br />
Bedürfnisse ist keine nostalgische Legende. <strong>Die</strong> Einsicht, dass die Zufriedenheit mit<br />
dem, was man hat und was man ist, das sicherste Glück beschert, war nicht nur eine alte,<br />
von Buddha bis zu Schopenhauer reichende Philosophenweisheit, sondern auch eine Alltagsweisheit<br />
der kleinen Leute.” (Joachim Radkau in Seidl/Zahrnt 2010, S. 39)<br />
Aus der guten, alten Zeit können wir eine Menge Anregungen erhalten, denn die besaßen<br />
das Nachhaltigkeitsprinzip, wenn man mal von den wenigen Ressourcen absieht, die sie<br />
wirklich dauerhaft entnommen haben. Ein großer Teil des damaligen Unglücks hatte seine<br />
Ursache in Ungleichverteilung, Kriegen und Unwissen, z. B. dem Fehlen elementarer medizinischer<br />
oder hygienischer Kenntnisse. Für ein einfacheres Leben brauchen wir heute nicht<br />
mehr in lichtlosen, verräucherten Katen zu sitzen. Da sind wir schon viel weiter.<br />
6.5.1 Grundbedürfnisse<br />
<strong>Die</strong> Allgemeine Erklärung der Menschenrechte kann <strong>als</strong> Indikator für die Grundbedürfnisse<br />
des Menschen dienen (Artikel 25):<br />
„Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit<br />
und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche<br />
Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht<br />
auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im<br />
Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete<br />
Umstände.”<br />
<strong>Die</strong> Frage ist: Wie sieht eine Gesellschaft aus, die diese Grundbedürfnisse auf möglichst einfache<br />
Weise sicherstellt? Welche Berufe muss sie haben? <strong>Die</strong> Antwort ist einfach, sie ist seit<br />
Jahrhunderten im Grunde die gleiche:<br />
• Landwirtschaft<br />
112