Die ausführliche Version als pdf - Futur III
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Sportsgeist im Privatleben<br />
Und der Mensch stellt sich darauf ein: Sportsgeist ist auch im Privaten eine große Motivationsquelle.<br />
Schaffe ich die Ampel noch oder nicht? Kriege ich die S-Bahn? Komme ich mit<br />
dem Fahrrad den Hügel hoch? Wir suchen die Herausforderung im Großen wie im Kleinen.<br />
<strong>Die</strong> Überwindung von Hindernissen ist eine Überlebensstrategie, und wenn die beruhigte<br />
Natur um uns herum nicht mehr genug Überlebenshindernisse bietet, müssen wir uns selbst<br />
welche definieren.<br />
Auch die ganze Geiz-ist-geil-Debatte und das Schnäppchenjägertum lassen sich meines Erachtens<br />
wesentlich auf das Phänomen „Sportsgeist” zurückführen. Der Preis ist die sportliche<br />
Herausforderung, sozusagen die Messlatte, die es zu reißen gilt, und die Anbieter sind die<br />
Wettkämpfer, die wir herausfordern zum Zweikampf. Verstärkt wird dieses Phänomen durch<br />
die Anonymität großer Anbieter oder Internet-Anbieter, das senkt die moralischen Hürden.<br />
Unser Gewinn ist der Stolz, etwas billiger <strong>als</strong> alle anderen erworben zu haben – eine monetäre<br />
Goldmedaille, Ruhm und Ehre im Bekanntenkreis.<br />
Wer heute aufwächst, wächst in dem Bewusstsein auf, dass jeder seines Glückes Schmied ist<br />
und seine Biografie darauf auszurichten muss, wenn er denn an dem schönen Spiel teilnehmen<br />
möchte. Was in der Marktwirtschaft <strong>als</strong> Wettbewerb dazugehört, findet zwangsläufig<br />
seine Entsprechung im Privaten: Der Wettbewerb prägt mittlerweile alle Facetten des Lebens,<br />
und mit der Gestaltung der Biografie fangen ehrgeizige Eltern schon im Kleinkindalter<br />
an. Bis zum Eintritt in das Berufsleben ist ein unglaublicher Staffellauf von Qualifikationen zu<br />
absolvieren, und wer ins Ziel kommt, gehört zur neuen Kaste der „High Potenti<strong>als</strong>”. <strong>Die</strong> Wirtschaftsbiografie<br />
<strong>als</strong> Krone der Selbstverwirklichung.<br />
<strong>Die</strong> Unternehmen spielen für die derart in den „modernen Adelsstand” Erhobenen die Rolle<br />
des Ritterschlägers: Viel Geld und ein hohes Sozialprestige winken <strong>als</strong> Gegenleistung für<br />
Treue und hohe Arbeitsleistung ihrem Lehnsherren gegenüber – wobei es mit der Treue nur<br />
solange gut geht, bis sie das Königreich wechseln. Aber im Kern ist es immer das Gleiche:<br />
Wie kann man den Sportsgeist eines Menschen anstacheln? Ihn dazu bringen, ohne Peitsche<br />
Höchstleistungen zu vollbringen? Ihn zu Treue und Loyalität anhalten?<br />
Sportsgeist in höheren Sphären<br />
Eine besondere Variante scheint vor allem eine Domäne der Männer unter den Menschen zu<br />
sein: Wir wollen sein wie Gott. Hier ist der sportliche Gegner die Natur. Roboter werden immer<br />
ausgefeilter, die Künstliche Intelligenz wird weiterentwickelt (gerne auch beides kombiniert),<br />
die medizinischen Grenzen werden immer weiter hinausgeschoben. Mit der Gentechnologie<br />
wird in den Fortpflanzungsprozess direkt eingegriffen, was zuvor schon indirekt bei<br />
der Züchtung von landwirtschaftlichen Hochleistungstieren geschehen ist. Man möchte besser<br />
sein <strong>als</strong> die Natur, und man möchte diese Macht dann auch durch Patente abgesichert<br />
wissen.<br />
Grundsätzlich geht es bei Sportsgeist und Wettbewerb um positive Eigenschaften des Menschen.<br />
Sie werden allerdings zu einseitig auf das Feld Wirtschaft ausgerichtet und zu einseitig<br />
gegenüber Kooperation und Mäßigung gefördert. Es muss erlaubt sein, die Frage zu stellen:<br />
Wer befürwortet Wettbewerb, und auf wessen Kosten geht er? Das Konzept des Wettbewerbs<br />
und seine Ausweitung werden typischerweise von den Starken eingefordert, und<br />
schon allein das sollte Misstrauen wecken. Es besteht der Verdacht, dass das nichts anderes<br />
<strong>als</strong> eine Form von Lobbyismus in eigener Sache ist.<br />
2.5.5 Sportsgeist und Widerstand<br />
Verbote, Schranken und Grenzen haben vor allem einen Effekt: Sie wecken Widerstand bei<br />
jenen, die davon betroffen sind. Und zwar grundsätzlich, denn der Mensch ist (auch) Individualist,<br />
und ein Eingreifen in sein individuelles Handeln stellt zunächst mal eine Kränkung<br />
dar, egal ob das Verbot legitim ist oder nicht. Das individuelle Gerechtigkeitsempfinden ist<br />
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