Die ausführliche Version als pdf - Futur III
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auch ausfallen mag, es könnte ihnen ja immer noch schlechter gehen.<br />
<strong>Die</strong> erweiterte Antwort, die in der Bundesrepublik gewählt wurde, war die Soziale<br />
Marktwirtschaft. Von den Gewinnern wurde mehr verlangt <strong>als</strong> nur Almosen. Es wurde<br />
ein institutionalisiertes soziales Netz eingezogen, das von den großen und kleinen<br />
Gewinnern finanziert wurde. Solange die Zahl der Menschen, die durch wirtschaftliche<br />
Umbrüche in dieses Netz fielen, überschaubar war, funktionierte das leidlich gut, <strong>als</strong><br />
Mischform zwischen Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft.<br />
Es wurden mit der Zeit aber immer mehr. Das liberale Modell funktioniert in diesem<br />
Punkt nicht mehr, weil – wie beschrieben – das gesellschaftlich subventionierte Wirtschaftswachstum<br />
mit seiner ständigen Steigerung der Produktivität zu einer zunehmenden<br />
Zahl von Verlierern, zu einem Zerfall des sozialen Systems und zu einer<br />
Überlastung des Staates, sprich: der Gemeinschaft führt.<br />
Wie wir gesehen haben, sind Maßlosigkeit und fehlende Grenzen der wesentliche Aspekt der<br />
Wachstumsdiskussion. Unbegrenzte wirtschaftliche Macht und unbegrenzter Naturverbrauch<br />
führen das System des Wirtschaftsliberalismus in den Ruin, weil die widersprüchlichen Botschaften<br />
des Gesellschaftsmodells in einem völligen Ungleichgewicht zueinander stehen. Sie<br />
erzeugen eine im wahrsten Sinne des Wortes unmenschliche Dynamik.<br />
<strong>Die</strong> entscheidende Frage ist jetzt:<br />
Wie setzt man wirksam akzeptierte Grenzen, um der Maßlosigkeit des<br />
Menschen zu begegnen, ohne die Idee der individuellen und wirtschaftlichen<br />
Freiheit insgesamt zu gefährden?<br />
Wie entschärft man das Problem der widersprüchlichen Botschaften, ohne<br />
in einem undurchsichtigen System aus kleinteiliger Gängelung, dirigistischen<br />
Maßnahmen und willkürlicher Bestrafung zu enden, welches pausenlos<br />
Widerstand provozieren wird?<br />
6.1.2 Das Menschenbild im Grundgesetz<br />
„Das Menschenbild des Grundgesetzes ist nicht das eines isolierten souveränen<br />
Individuums; das Grundgesetz hat vielmehr die Spannung Individuum -<br />
Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und Gemeinschaftsgebundenheit<br />
der Person entschieden, ohne dabei deren Eigenwert anzutasten.<br />
Das ergibt sich insbesondere aus einer Gesamtsicht der Art. 1, 2, 12, 14, 15,<br />
19 und 20 GG. <strong>Die</strong>s heißt aber: der Einzelne muß sich diejenigen Schranken<br />
seiner Handlungsfreiheit gefallen lassen, die der Gesetzgeber zur Pflege und<br />
Förderung des sozialen Zusammenlebens in den Grenzen des bei dem gegebenen<br />
Sachverhalt allgemein Zumutbaren zieht, vorausgesetzt, daß dabei die<br />
Eigenständigkeit der Person gewahrt bleibt.”<br />
(Aus dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom<br />
20. Juli 1954 in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden verschiedener<br />
Firmen gegen das Bundesgesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen<br />
Wirtschaft vom 7. Januar 1952. <strong>Die</strong> Antragsteller hatten unter anderem<br />
geltend gemacht, in ihrer unternehmerischen Freiheit unzumutbar eingeschränkt<br />
worden zu sein.)<br />
Über allem steht das Menschenbild. Das Menschenbild ist eine innere Haltung und Überzeugung<br />
davon, „wie der Mensch funktioniert”, insbesondere wie seine Motivation funktioniert,<br />
sein Eintreten für eigene Interessen und die Interessen der Gemeinschaft. Das kann sich<br />
dann in Sätzen äußern wie „Der Mensch an sich ist gut” oder „Der Mensch an sich ist gierig”<br />
oder ähnlichem. Mehr oder weniger explizit äußert sich das Menschenbild in den Prinzipien<br />
des Grundgesetzes, wie zum Beispiel<br />
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