Die ausführliche Version als pdf - Futur III
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ckungswahrscheinlichkeit bei. Und bei Entdeckung kann man sich obendrein besser entlasten,<br />
weil man ja nicht bewusst betrogen habe: Das Unterbewusstsein war schuld.<br />
Damit wird verständlich, warum Selbstbetrug so „populär” ist: Er ist evolutionär bedingt, ebenso<br />
wie unser heute unsinniger Appetit auf Fett, Zucker und Salz. Ein weiteres Beispiel für<br />
die schlechte Anpassung von Körper und Geist an die schnelle Veränderung unserer Umwelt<br />
durch uns selbst.<br />
2.4.4 Moral und Verantwortung<br />
Moral<br />
Moral bezeichnet die akzeptierten Handlungsprinzipien der Gemeinschaft. Sie ist die „innere<br />
Landkarte” des sozialen Menschen. Nur bei wenigen Menschen ist diese Landkarte so klar<br />
gezeichnet, dass sie sich ohne äußere Hilfe sicher auf diesem unwegsamen Terrain bewegen<br />
können, alle anderen benötigen immer wieder Wegweiser oder müssen jemanden nach dem<br />
Weg fragen. Hierbei spielen Autoritäten eine tragende Rolle.<br />
Moral ist keine zeitliche Konstante, sondern eine momentane Übereinkunft des gesellschaftlich<br />
Akzeptierten. Und sie ist meist kein schmaler Pfad, sondern ein mehr oder weniger breiter<br />
Weg mit ausgefransten Kanten. Moralische Entrüstung steigert sich langsam mit der Entfernung<br />
von der Mittellinie. Gesellschaft und Individuen sind in einer ständigen Abstimmung<br />
über die „moralischen Leitplanken”, manchmal öffentlich, beispielsweise im Parlament oder<br />
bei einer Sitzblockade, häufiger jedoch durch private Diskussionen mit Freunden und Fremden,<br />
oder durch privates Handeln, beispielsweise ob jemand sein Vermögen zur Ökobank<br />
bringt oder damit an der Börse zockt.<br />
<strong>Die</strong>jenigen, die weit oben in der sozialen Anerkennung stehen, vermögen besonders wirkungsvoll<br />
moralische Leitplanken zu definieren oder niederzuwalzen. Moral hat zudem viel<br />
mit Gewöhnung zu tun – und mit dem Aussterben der älteren Generation, denn moralische<br />
Vorstellungen werden stark von der Kindheit und der Tradition geprägt.<br />
Moral ist auch eine „denk-ökonomische Strategie”. Man muss im Alltag individuelle Entscheidungssituationen<br />
auf das notwendige Maß reduzieren, man möchte nicht dauernd alles mit<br />
sich und anderen ausdiskutieren. Dafür bleiben immer noch genügend Gelegenheiten. Deshalb<br />
gibt man sich selbst Leitlinien, die man bewusst oder unbewusst anwendet, und beschränkt<br />
das große Nachdenken auf die wirklich wichtigen Fälle. Routine spielt in der Praxis<br />
des Alltags die größere Rolle.<br />
Eine Gesellschaft, gerade wenn sie keine Zwangsbeglückung will, muss sich auf ihre Leitlinien<br />
verständigen. Individualismus ohne Gemeinschaftssinn ist asozial.<br />
Verantwortung<br />
Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, eine Angelegenheit zur eigenen zu erklären. Verantwortungslosigkeit<br />
bedeutet, seine eigenen Angelegenheiten ungefragt anderen zu überlassen.<br />
Es hat sich noch nie bewährt, wenn Menschen Verantwortung übernehmen für Dinge, die<br />
eigentlich ihrem Ziel widersprechen, wenn sozusagen der Bock zum Gärtner gemacht wird:<br />
• Geschwindigkeitsbegrenzungen im Straßenverkehr: Eigentlich will man schnell<br />
vorankommen.<br />
• Selbstverpflichtung von Unternehmen zum ökologischen oder sozialen Handeln: Eigentlich<br />
wollen sie ungehindert ihre Produkte verkaufen. Das „gute Handeln” wird auf<br />
diese Weise zum Teil des Produktes und abhängig von der Marktakzeptanz. <strong>Die</strong> Kunden<br />
befinden sich jedoch ebenfalls in dem unauflösbaren Konflikt zwischen gut und<br />
billig.<br />
• Appelle an Mediziner und Patienten, Kosten im Gesundheitssystem zu sparen: <strong>Die</strong><br />
Mediziner wollen ihre Brötchen verdienen, und Patienten wollen gut behandelt wer-<br />
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