Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gesagt werden kann, wie es ist, die Laws of <strong>Form</strong> im tägli<strong>ch</strong>en Leben anzuwenden (vgl. dazu<br />
die vierte Session <strong>der</strong> erwähnten AUM-Konferenz).<br />
„Befolger des Dao su<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> Erfüllung.<br />
Da sie keine Erfüllung su<strong>ch</strong>en, werden sie dur<strong>ch</strong> kein Verlangen na<strong>ch</strong> Än<strong>der</strong>ung vom Wege<br />
abgebra<strong>ch</strong>t.“ (LAO-ZI: Abs<strong>ch</strong>nitt 15)<br />
Jedes Än<strong>der</strong>n-Wollen und au<strong>ch</strong> das Än<strong>der</strong>n än<strong>der</strong>n wollen ist ein Verletzen <strong>der</strong> Realität, wie<br />
sie ist. Und es ist das allumfassende Dao.<br />
„wer dem lernen ergeben, gewinnt tägli<strong>ch</strong><br />
wer dem Dau ergeben, verliert tägli<strong>ch</strong><br />
verlierend, verlernend gelangt er<br />
mähli<strong>ch</strong> dahin, ni<strong>ch</strong>t mehr tätig zu sein<br />
ni<strong>ch</strong>ts bleibt ungetan<br />
wo ni<strong>ch</strong>ts überflüssiges getan wird.“ (LAUDSE: Abs<strong>ch</strong>nitt 48)<br />
Mit diesem Zitat kommen wir no<strong>ch</strong> einmal auf die Laws of <strong>Form</strong> zurück. Je weniger man<br />
weiß, um so offener kann man für jeden Augenblick sein. Man muss ni<strong>ch</strong>t denken und zu<br />
verstehen su<strong>ch</strong>en. Vielmehr „weiß“ man ohne jedes Konzept, intuitiv und spontan, was zu<br />
tun ist. Das drückt au<strong>ch</strong> George Spencer Brown mit seiner Rede vom „Entlernen“ aus (vgl.<br />
das Zitat aus dem einleitenden Abs<strong>ch</strong>nitt zur „Methode von Befehl und Betra<strong>ch</strong>tung“, S. 28).<br />
Mit dem „Ni<strong>ch</strong>t-Tun“ (wu wei) ist ein Ni<strong>ch</strong>t-Wissen verknüpft. Wir sind oben (siehe Seite<br />
168f.) s<strong>ch</strong>on darauf gekommen, dass jedes Wissen eines Standpunktes bedarf und dass es<br />
keinen objektiven Standpunkt gibt, an dem man si<strong>ch</strong> orientieren könnte. Au<strong>ch</strong> bei Lao-Zi<br />
finden wir, dass man si<strong>ch</strong> stets bewusst sein soll, dass man nur ein bedingtes Wissen hat.<br />
„wer sein ni<strong>ch</strong>t wissen weiß, ist erhaben<br />
wer es für wissen hält, ist leidend<br />
nur <strong>der</strong> gesundet von seinem leiden<br />
<strong>der</strong> sein leiden erkannt hat als leiden.“ (LAUDSE: Abs<strong>ch</strong>nitt 71)<br />
Ohne einen Standpunkt sieht man die Bedingtheit des Wissens dur<strong>ch</strong> den Standpunkt. Eine<br />
ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>e Darstellung dieses Gedankens gibt Francois Jullien in Der Weise hängt an<br />
keiner Idee. Er benutzt Ideen, Worte und Gedanken ohne an ihnen in dem Sinne zu hängen,<br />
als er ihre Wahrheit annähme und festhielte. Der Gebrau<strong>ch</strong> von Ideen liegt vielmehr in ihrem<br />
praktis<strong>ch</strong>en Nutzen statt in ihrer Wahrheit.<br />
Zen<br />
Heutzutage in angemessener, das heißt unverfäls<strong>ch</strong>ter und zuglei<strong>ch</strong> verständli<strong>ch</strong>er Weise<br />
vom Zen-Buddhismus (<strong>der</strong> Essenz <strong>der</strong> Lehre Buddhas) zu spre<strong>ch</strong>en, erfor<strong>der</strong>t Einsi<strong>ch</strong>ten<br />
und Fähigkeiten, die i<strong>ch</strong> mir ni<strong>ch</strong>t zus<strong>ch</strong>reiben kann. Im Zen können wir aber einen ganz<br />
praktis<strong>ch</strong>en Weg finden, um zu erkunden, was mit Leere gemeint ist und wie Leere und <strong>Form</strong><br />
si<strong>ch</strong> gegenseitig bedingen. Deshalb endet dieser Text damit, Zen in einen Zusammenhang<br />
mit den Laws of <strong>Form</strong> zu bringen – soweit mir dies mögli<strong>ch</strong> ist.<br />
I. Zunä<strong>ch</strong>st ein instruktives Zitat von Dogen Zenji, einem <strong>der</strong> einfluss¬rei<strong>ch</strong>sten Zen-<br />
Meister, <strong>der</strong> um 800 n. Chr. lebte.<br />
„Dur<strong>ch</strong> Körper und Geist können wir <strong>Form</strong> und Klang <strong>der</strong> Dinge verstehen. Sie wirken<br />
zusammen als eins. Jedo<strong>ch</strong> ist es ni<strong>ch</strong>t wie das Reflektieren eines S<strong>ch</strong>attens in einem<br />
Spiegel, o<strong>der</strong> wie <strong>der</strong> Mond, <strong>der</strong> si<strong>ch</strong> im Wasser spiegelt. Wenn Du nur auf eine Seite<br />
s<strong>ch</strong>aust, ist die an<strong>der</strong>e dunkel. Den Buddha-Weg zu erfahren, bedeutet, si<strong>ch</strong> selbst erfahren.<br />
Si<strong>ch</strong> selbst erfahren heißt si<strong>ch</strong> selbst vergessen. Si<strong>ch</strong> selbst vergessen heißt, si<strong>ch</strong> selbst<br />
wahrnehmen – in allen Dingen.“ (DOGEN ZENJI 1989: 24)<br />
110