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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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umgesetzt werden und als grundlegende Gesetze <strong>der</strong> Manipulation bzw. Verän<strong>der</strong>ung von<br />

Ausdrücken dienen.<br />

Grundlegende Ideen: Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige<br />

Mit dem ersten Satz des ersten Kapitels <strong>der</strong> Laws of <strong>Form</strong> werden die für den Kalkül<br />

grundlegende Unters<strong>ch</strong>eidung und die entspre<strong>ch</strong>enden Anzeigen (indication) in <strong>Form</strong> von<br />

Benennungen eingeführt:<br />

„Wir nehmen die Idee <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung und die Idee <strong>der</strong> Bezei<strong>ch</strong>nung [Anzeige; F. L.] als<br />

gegeben an, und dass wir keine Bezei<strong>ch</strong>nung [Anzeige; F. L.] vornehmen können, ohne eine<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung zu treffen.“ (SPENCER BROWN 1997: 1)<br />

Damit werden ni<strong>ch</strong>t nur zwei Ideen als gegeben angenommen, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> ein<br />

Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en ihnen gesehen. Mit <strong>der</strong> anfängli<strong>ch</strong>en Unter¬s<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige wird eine Asymmetrie in die ursprüngli<strong>ch</strong>e „Namenlosigkeit“<br />

o<strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>iedslosigkeit gebra<strong>ch</strong>t. <strong>Die</strong> totale Symmetrie <strong>der</strong> Leere des namenlosen<br />

Uranfanges (<strong>der</strong> Anfang von Himmel und Erde) wird gebro<strong>ch</strong>en. Es ist diese<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung, mit denen die Laws of <strong>Form</strong> einsetzen, weil sie die allgemeinste ist. Jede<br />

an<strong>der</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidung würde implizit die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Unter-s<strong>ch</strong>eidung und<br />

Bezei<strong>ch</strong>nung mitführen. Jede Idee und jedes Konzept ist ja einerseits von an<strong>der</strong>en Ideen und<br />

Konzepten unters<strong>ch</strong>ieden, und an<strong>der</strong>er¬seits führt au<strong>ch</strong> jede Idee und jedes Konzept seine<br />

an<strong>der</strong>e Seite mit, als das, was es ni<strong>ch</strong>t ist.<br />

<strong>Die</strong> Ideen <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung und <strong>der</strong> Anzeige werden voneinan<strong>der</strong> unters<strong>ch</strong>ieden und sie<br />

werden bezei<strong>ch</strong>net (ni<strong>ch</strong>t nur: angezeigt ). Der Gebrau<strong>ch</strong> dieser Unters<strong>ch</strong>eidung verdeckt<br />

ihre Einheit. Au<strong>ch</strong> dies könnte man als Eintritt, als Anfang des Kalküls betra<strong>ch</strong>ten. Es ist<br />

si<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Anfang dessen, was George Spencer Brown in den Laws of <strong>Form</strong><br />

demonstriert, und es ist <strong>der</strong> Boden, aus dem wir die Axiome für den Indikationenkalkül<br />

gewinnen werden. <strong>Die</strong>ser Beginn ist notwendig um zu verstehen, was (später) mit <strong>der</strong><br />

konstruktiven Anweisung „Triff eine Unter¬s<strong>ch</strong>eidung!“ gemeint ist, die gemeinhin als Eintritt<br />

verstanden wird.<br />

Im englis<strong>ch</strong>en Original verwendet George Spencer Brown den Begriff indication, was in <strong>der</strong><br />

deuts<strong>ch</strong>en Sekundärliteratur zu den Laws of <strong>Form</strong> zumeist mit „Bezei<strong>ch</strong>nung“ übersetzt wird.<br />

Wie bereits im „Einführenden Überblick“ erwähnt, übersetzen wir diesen Begriff mit<br />

„Anzeige“. Zum Verständnis dieser Ents<strong>ch</strong>eidung ist es hilfrei<strong>ch</strong>, an<strong>der</strong>e Bedeutungen zu<br />

kennen, die mit indication mitgemeint sind: vor allem „Andeutung“ und „Hinweis“. <strong>Die</strong><br />

Anzeige hebt eben die eine Seite einer Unters<strong>ch</strong>eidung hervor, sie zeigt die eine an bzw.<br />

weist auf die eine <strong>der</strong> Seiten hin. Von den genannten Übersetzungsmögli<strong>ch</strong>keiten ist<br />

„Anzeige“ gerade wegen des darin enthaltenen „Zeigers“, <strong>der</strong> auf die eine o<strong>der</strong> die an<strong>der</strong>e<br />

Seite einer Unters<strong>ch</strong>eidung zeigt, am prägnantesten. Im Zusammenhang mit einem<br />

Beoba<strong>ch</strong>ter, <strong>der</strong> eine Unters<strong>ch</strong>eidung trifft, können wir au<strong>ch</strong> von einer Lenkung von<br />

Aufmerksamkeit spre<strong>ch</strong>en. Ein Beoba<strong>ch</strong>ter s<strong>ch</strong>enkt einer Seite einer Unters<strong>ch</strong>eidung mehr<br />

Aufmerksamkeit als <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en. Von daher leu<strong>ch</strong>tet au<strong>ch</strong> ein, dass mit einer Anzeige no<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t unbedingt <strong>der</strong> Gebrau<strong>ch</strong> eines Namens gemeint ist. Um anzuzeigen wird no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

einmal ein (S<strong>ch</strong>rift-) Zei<strong>ch</strong>en benötigt. Das heißt, um die Welt als unter¬s<strong>ch</strong>iedene zu<br />

erkennen, bedarf es ni<strong>ch</strong>t notwendigerweise einer symbo¬lis<strong>ch</strong>en, die Welt<br />

repräsentierenden Ebene. (Das „Zei<strong>ch</strong>en“ markiert eben ni<strong>ch</strong>t außerhalb <strong>der</strong><br />

wahrgenommenen Welt, das „Zei<strong>ch</strong>en“ ist die Welt.) Hinter einer Anzeige steht ledigli<strong>ch</strong> ein<br />

Motiv dafür, etwas als unters<strong>ch</strong>ied¬li<strong>ch</strong> im Wert zu erkennen. Das kann dur<strong>ch</strong> eine<br />

Bezei<strong>ch</strong>nung fixiert werden. <strong>Die</strong> Anzeige kann die <strong>Form</strong> einer Bezei<strong>ch</strong>nung o<strong>der</strong> eines<br />

Namens haben. Zum Beispiel merkt man zuerst, dass es kalt ist, bevor man es denken o<strong>der</strong><br />

sagen kann. Jedes Zei<strong>ch</strong>en und je<strong>der</strong> Name ist eine Anzeige, aber eine Anzeige muss kein<br />

Name sein. Mit <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Anzeige wird ausgedrückt, dass man eine Seite einer<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung dur<strong>ch</strong> ihre Hervor¬hebung von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en unters<strong>ch</strong>eidet. Mit einer Anzeige<br />

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