Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
geht notwendig <strong>der</strong> Gebrau<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedener Ebenen einher: bei <strong>der</strong> Menge aller Mengen ist<br />
das offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>. <strong>Die</strong> Annahme bzw. <strong>der</strong> Gebrau<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedener Ebenen ist notwendig für<br />
die formale Darstellung von Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit. <strong>Die</strong> Negation ist notwendig, um von einer<br />
Seite auf die an<strong>der</strong>e zu kommen.<br />
Weitere Beispiele und Gegenbeispiele für <strong>Paradoxie</strong>n<br />
Wenn Probleme auftreten, die ni<strong>ch</strong>t die hier skizzierte <strong>Form</strong> haben und denno<strong>ch</strong> als paradox<br />
bezei<strong>ch</strong>net wurden, wie etwa Zenons <strong>Paradoxie</strong>n o<strong>der</strong> – mo<strong>der</strong>ner – das Einstein-Podolsky-<br />
Rosen-Paradoxon, das Zwillings¬paradoxon <strong>der</strong> Relativitätstheorie o<strong>der</strong> das Kleins<strong>ch</strong>e<br />
Paradoxon, dann sind diese auf Theorie- o<strong>der</strong> Wissenslücken zurückzuführen und haben mit<br />
einer oszillierenden Struktur, die in Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit gründet, ni<strong>ch</strong>ts zu tun. <strong>Die</strong> ungenaue<br />
Wortverwendung mag mit dem übli<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>mack des Ni<strong>ch</strong>tmögli<strong>ch</strong>en o<strong>der</strong><br />
Unvorstellbaren zusammenhängen, <strong>der</strong> si<strong>ch</strong> bei <strong>der</strong> Bes<strong>ch</strong>äftigung mit <strong>Paradoxie</strong>n einstellen<br />
kann. Mit <strong>der</strong> hier gelieferten klaren Bestimmung und Abgrenzung sollte es jedo<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong><br />
sein, einen s<strong>ch</strong>ärferen Spra<strong>ch</strong>gebrau<strong>ch</strong> zu etablieren.<br />
Ein beson<strong>der</strong>s ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>es Beispiel für die <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> ist:<br />
<strong>Die</strong>se Aussage ist fals<strong>ch</strong>.<br />
Wäre die Aussage wahr, so sagt sie über si<strong>ch</strong> selbst aus, dass sie fals<strong>ch</strong> ist. Nimmt man<br />
also an, sie wäre fals<strong>ch</strong>, so ist das gerade, was sie über si<strong>ch</strong> selbst aussagt – ein Umstand,<br />
<strong>der</strong> sie wahr ma<strong>ch</strong>t. Wir finden die Selbst¬bezügli<strong>ch</strong>keit und die vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen<br />
darin, dass wir eine Aussage betra<strong>ch</strong>ten, die etwas über si<strong>ch</strong> selbst aussagt. Dadur<strong>ch</strong>, dass<br />
sie si<strong>ch</strong> auf si<strong>ch</strong> selbst bezieht, können wir zwei Aussageebenen unters<strong>ch</strong>eiden: als normale<br />
Aussage über etwas und als Aussage über eine Aussage. <strong>Die</strong> Negation liegt darin, dass die<br />
Aussage ihre Fals<strong>ch</strong>heit postuliert. So wie Enthaltung ein Charakteristikum für Mengen ist,<br />
so ist Wahrheit das Charakteristikum für Aussagen. In diesem Beispiel wird die an<strong>der</strong>e Seite<br />
von Wahrheit in die Unters<strong>ch</strong>eidung wahr/fals<strong>ch</strong> eingeführt.<br />
Eine <strong>der</strong> obigen Aussage s<strong>ch</strong>einbar sehr ähnli<strong>ch</strong>e ist:<br />
Ein Kreter: „Alle Kreter lügen (immer).“<br />
<strong>Die</strong>s ist jedo<strong>ch</strong> keine e<strong>ch</strong>te <strong>Paradoxie</strong>: Wenn er die Wahrheit sagt, dann lügt er. Aber wenn<br />
er mit dem Satz lügt, heißt das ni<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong>, dass alle an<strong>der</strong>en Kreter lügen – und nur damit<br />
würde die Aussage des Kreters wie<strong>der</strong> wahr werden. Er könnte also mit diesem Satz lügen<br />
und „trotzdem“ ein Lügner sein. Seine Aussage wird ni<strong>ch</strong>t wahr, wenn man annimmt, dass er<br />
lügt.<br />
Demgegenüber ist<br />
„I<strong>ch</strong> lüge mit diesem Satz.“<br />
na<strong>ch</strong> formalen Gesi<strong>ch</strong>tspunkten eine <strong>Paradoxie</strong>. <strong>Die</strong> Aussage ist ja, dass i<strong>ch</strong> mit dem<br />
Statement meiner Lüge lüge. <strong>Die</strong> auftretende Oszillation ist gebunden daran, dass es die<br />
selbe Unters<strong>ch</strong>eidung ist, die in si<strong>ch</strong> eingeführt wird.<br />
Nehmen wir als Gegenbeispiel<br />
„I<strong>ch</strong> sage ni<strong>ch</strong>ts.“<br />
Ein sol<strong>ch</strong>er Ausspru<strong>ch</strong> ist ni<strong>ch</strong>t paradox. Es ist ein Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>, denn i<strong>ch</strong> sage etwas, wenn<br />
i<strong>ch</strong> dies sage. Es ist ni<strong>ch</strong>t die identis<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidung, die in si<strong>ch</strong> selbst eingeführt wird.<br />
(O<strong>der</strong> bedeutet meine Wertung nur, dass i<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit des Spre<strong>ch</strong>ens mehr<br />
Bedeutung beimesse als dem Inhalt <strong>der</strong> Aussage?)<br />
79