Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
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Exkurs in den mathematik-ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Zusammenhang<br />
In diesem Exkurs werden einige relevante Entwicklungen in <strong>der</strong> Diskussion um die<br />
Grundlagen <strong>der</strong> Mathematik vom Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts bis zur Mitte des 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts dargestellt und in einen Zusammenhang mit den Entdeckungen und<br />
Einsi<strong>ch</strong>ten <strong>der</strong> Laws of <strong>Form</strong> gebra<strong>ch</strong>t. Zentral sind dabei die Typentheorie von Bertrand<br />
Russell und Alfred North Whitehead, die Unvollständigkeitssätze von Kurt Gödel und <strong>der</strong><br />
Begriff <strong>der</strong> Para¬doxie.<br />
Bertrand Russell stieß Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts bei dem Versu<strong>ch</strong> einer logis<strong>ch</strong>en<br />
Fundierung <strong>der</strong> Mathematik auf ein Problem, das die Grundlagen seiner Theorie<br />
ers<strong>ch</strong>ütterte; und das bis heute Rätsel aufgibt. Es war die Fortsetzung bzw. Wie<strong>der</strong>holung<br />
des Problems, das Bertrand Russell s<strong>ch</strong>on in dem formalen System von Gottlob Frege<br />
festgestellt hatte. Damals entdeckte er sowohl in Freges als au<strong>ch</strong> seinen eigenen Versu<strong>ch</strong>en<br />
<strong>der</strong> Fundierung <strong>der</strong> Mathematik die enorme Tragweite des Problems <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong>, über<br />
das si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on seit <strong>der</strong> grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Antike viele Philo-sophen und Logiker die Köpfe<br />
zerbra<strong>ch</strong>en. Und das seit Russells Ent¬deckung au<strong>ch</strong> Mathematikern, die si<strong>ch</strong> mit Fragen<br />
na<strong>ch</strong> den Grundlagen <strong>der</strong> Mathematik bes<strong>ch</strong>äftigen, s<strong>ch</strong>werwiegende, weil grundlegende<br />
Probleme bereitet.<br />
In den Jahren 1901-02 s<strong>ch</strong>rieb Bertrand Russell an den Prinzipien <strong>der</strong> Mathematik, in denen<br />
er si<strong>ch</strong> mit <strong>der</strong> Mengenlehre bes<strong>ch</strong>äftigte, die <strong>der</strong> Mathematiker Georg Cantor erda<strong>ch</strong>t hatte,<br />
denn diese s<strong>ch</strong>ien aus mehreren Gründen wie ges<strong>ch</strong>affen als logis<strong>ch</strong>e Grundlage <strong>der</strong><br />
Mathematik. Zu dieser Zeit stand ni<strong>ch</strong>t in Frage, dass Mathematik logis<strong>ch</strong> fundiert sein<br />
müsse. <strong>Die</strong> Mögli<strong>ch</strong>keit, dass stattdessen Logik ein Zweig o<strong>der</strong> Teilgebiet <strong>der</strong> Mathe¬matik<br />
sein könnte, wurde kaum in Betra<strong>ch</strong>t gezogen. Mit <strong>der</strong> Mengenlehre konnten so viele<br />
zentrale Probleme in den Grundlagen <strong>der</strong> Mathematik erklärt und gelöst werden, dass au<strong>ch</strong><br />
na<strong>ch</strong> Bertrand Russells Entdeckung auf sie als Grundlage ni<strong>ch</strong>t mehr verzi<strong>ch</strong>tet werden<br />
konnte. Sie gründet in <strong>der</strong> Idee, vers<strong>ch</strong>iedene Dinge hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ihrer Eigens<strong>ch</strong>aften zu<br />
Mengen zusammenfassen zu können. Für die von Bertrand Russell entdeckte <strong>Paradoxie</strong> ist<br />
relevant, dass es zum einen mögli<strong>ch</strong> ist, Mengen von Mengen (im Gegensatz zu Mengen<br />
von „Dingen“) zu bilden, also beispielsweise die Menge aller Mengen, die Albert Einstein<br />
enthalten. Zum an<strong>der</strong>en können si<strong>ch</strong> Mengen au<strong>ch</strong> selbst enthalten, wie zum Beispiel die<br />
Menge aller Mengen, die Albert Einstein ni<strong>ch</strong>t enthalten o<strong>der</strong> die Menge aller abstrak¬ten<br />
Dinge, die ja selbst abstrakt ist, o<strong>der</strong> au<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> die Menge aller Mengen.<br />
<strong>Die</strong>s berücksi<strong>ch</strong>tigend wollte Bertrand Russell die so genannte „normale Menge“ definieren<br />
als die Menge aller Mengen, die si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t selbst enthalten. <strong>Die</strong>se Menge wurde na<strong>ch</strong><br />
seinem Namen R genannt. In einer konsistenten, also au<strong>ch</strong> wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>sfreien Theorie<br />
müsse nun ents<strong>ch</strong>eidbar sein, ob si<strong>ch</strong> die normale Menge selbst enthält o<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t.<br />
Selbstbe¬inhaltung und Selbstauss<strong>ch</strong>luss sind die beiden Seiten einer Unters<strong>ch</strong>ei¬dung, die<br />
in <strong>der</strong> Theorie getroffen wurde, und jede Menge soll nun au<strong>ch</strong> entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite zugeordnet werden können. Im Falle <strong>der</strong> normalen Menge R ist das<br />
ers<strong>ch</strong>üttern<strong>der</strong> Weise ni<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> Fall. Selbstbeinhaltung verweist auf Selbstauss<strong>ch</strong>luss und<br />
umgekehrt. In dem Versu<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Zuordnung gerät man in eine Oszillation: Wenn sie si<strong>ch</strong><br />
selbst enthält, dann enthält sie si<strong>ch</strong> selbst ni<strong>ch</strong>t und umgekehrt ad infinitum. Man bea<strong>ch</strong>te,<br />
dass die Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit <strong>der</strong> Definition von R zu dieser unlös¬baren Situation führt. Wir<br />
werden später (in dem entspre<strong>ch</strong>enden Abs<strong>ch</strong>nitt in: II. 3. „<strong>Die</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong>“, S.<br />
132f.) no<strong>ch</strong> einmal ausführli<strong>ch</strong> auf die <strong>Paradoxie</strong> <strong>der</strong> Menge R zurückkommen, um die<br />
konstitutiven Merkmale <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> genauer herauszuarbeiten.<br />
In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts haben viele Mathe¬matiker auf<br />
unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Wegen versu<strong>ch</strong>t, die mathematis<strong>ch</strong>e Theorie so zu konstruieren, dass sie<br />
keine <strong>Paradoxie</strong>n hervorbringen kann. Den meisten und bekanntesten Versu<strong>ch</strong>en ist<br />
gemeinsam, dass das Fundament logis<strong>ch</strong>er Natur sein müsse. Als das au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong><br />
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