Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
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„<strong>Die</strong> kleinste Bewegung des Geistes erzeugt die drei Welten.“ (LINJI 1996: 84)<br />
Was wir erfahren, liegt in uns selbst begründet – und wir können darauf a<strong>ch</strong>ten, was wir tun,<br />
wel<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidungen wir treffen, um die Dinge so ers<strong>ch</strong>einen zu lassen, wie sie<br />
ers<strong>ch</strong>einen.<br />
S<strong>ch</strong>lussbetra<strong>ch</strong>tung<br />
In diesem Text wurde die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en <strong>der</strong> Mathematik und <strong>der</strong> Philosophie <strong>der</strong><br />
Laws of <strong>Form</strong> von George Spencer Brown verfolgt. <strong>Die</strong>se Unters<strong>ch</strong>eidung entspri<strong>ch</strong>t <strong>der</strong><br />
Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en einerseits dem Indikationenkalkül in seiner mathematis<strong>ch</strong>en <strong>Form</strong>,<br />
Präzision sowie Bedeutung für die Grundlagen <strong>der</strong> Mathematik und an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong><br />
Anwendung <strong>der</strong> <strong>Form</strong> des re-entries auf den Unters<strong>ch</strong>ei<strong>der</strong>: den Beob¬a<strong>ch</strong>ter. Es wurde mit<br />
diesem Text versu<strong>ch</strong>t, beide Seiten <strong>der</strong> „Medaille“ Laws of <strong>Form</strong> verständli<strong>ch</strong> darzustellen.<br />
Dabei lagen die Ziele in <strong>der</strong> mathematis<strong>ch</strong>en Rehabilitation <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> und <strong>der</strong><br />
Darstellung einer auf den Laws of <strong>Form</strong> aufbauenden Erkenntnistheorie, die darin mündet,<br />
einen Weg aufzuzeigen, keiner <strong>der</strong> beiden Seiten Beoba<strong>ch</strong>¬ter/Beoba<strong>ch</strong>tetes einen Vorrang<br />
einzuräumen.<br />
Alan Watts weist den Laws of <strong>Form</strong> sogar eine über die Mathematik und Philosophie<br />
hinausrei<strong>ch</strong>ende Bedeutung zu:<br />
„Aber sobald au<strong>ch</strong> nur eine Unters<strong>ch</strong>eidung getroffen ist, wie zwis<strong>ch</strong>en Yin und Yang o<strong>der</strong> 0<br />
und 1, dann ist alles, was wir die Gesetze o<strong>der</strong> Grundsätze <strong>der</strong> Mathematik, Physik und<br />
Biologie nennen, eine notwendige Folge, wie G. Spencer mit seinem Kalkül bewiesen hat.“<br />
(WATTS 1983: 79)<br />
Das bes<strong>ch</strong>reibt au<strong>ch</strong> eine dritte zentrale Zielsetzung dieses Textes: Plau¬sibel und<br />
verständli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en, dass jedes Universum aufgrund des ursprüngli<strong>ch</strong>en Aktes einer<br />
Trennung, einer Unters<strong>ch</strong>eidung zustande kommt. Man findet diesen Anfang au<strong>ch</strong> in allen<br />
großen Religionen und S<strong>ch</strong>öpfungsges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten.<br />
Es ist ein weiteres Anliegen dieser Arbeit gewesen, dem Gedanken Ausdruck zu verleihen,<br />
dass Bedeutung ni<strong>ch</strong>t in den Dingen steckt, die wir für bedeutend halten, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />
zu verans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>en, dass es <strong>der</strong> jeweilige Beoba<strong>ch</strong>ter ist, <strong>der</strong> Bedeutungen bewusst o<strong>der</strong><br />
unbewusst zus<strong>ch</strong>reibt.<br />
Wir haben als lebende und denkende Wesen/Systeme gelernt, bestimmte Dinge so-und-so<br />
zu bewerten, ihnen diese o<strong>der</strong> jene Bedeutung zu geben. <strong>Die</strong>s ges<strong>ch</strong>ieht individuell, ist aber<br />
au<strong>ch</strong> kulturell bedingt, also von <strong>der</strong> Umwelt geprägt. Ein beliebtes Bild für den Gedanken,<br />
dass wir es sind, die den Dingen Bedeutungen zus<strong>ch</strong>reiben, ist das <strong>der</strong> Brille (selektive<br />
Blindheit), die jedes Wesen/System trägt und dur<strong>ch</strong> die es die Umwelt sieht. <strong>Die</strong> Brille steht<br />
dann für unser Wertungssystem, mit dem <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter die Leere strukturiert, um eine<br />
Welt zu erleben. Dabei kommt <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter ni<strong>ch</strong>t zu <strong>der</strong> Leere hinzu, wie es die<br />
<strong>Form</strong>ulierung des letzten Satzes nahe legt, son<strong>der</strong>n ist die Seite <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung<br />
zwis<strong>ch</strong>en Welt und Beoba<strong>ch</strong>ter, <strong>der</strong> das Strukturieren und Konstruieren zugere<strong>ch</strong>net wird –<br />
in einem koproduzierenden Prozess <strong>der</strong> evolutionären Ausdifferen-zierung. <strong>Die</strong> Welt selbst<br />
enthält keine Unters<strong>ch</strong>iede – und ist dadur<strong>ch</strong> offen und frei für jede mögli<strong>ch</strong>e<br />
Unters<strong>ch</strong>eidung, lässt si<strong>ch</strong> mit je<strong>der</strong> Brille betra<strong>ch</strong>ten. <strong>Die</strong> Welt ist leer. In diesem Sinne ist<br />
letztli<strong>ch</strong> alles bedeutungs-los. An<strong>der</strong>erseits ist die Welt, die wir erleben, jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts<br />
an<strong>der</strong>es als Bedeutung (die wir ihr geben). Hier zeigt si<strong>ch</strong>, dass bedeutungsvoll und<br />
bedeutungslos letztli<strong>ch</strong> identis<strong>ch</strong> – zwei Seiten einer <strong>Form</strong> – sind.<br />
<strong>Die</strong> Laws of <strong>Form</strong> wie au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> vorliegende Text sind – zunä<strong>ch</strong>st fraglos – wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Texte. Sie sind beide in dem Themenkreis thematis<strong>ch</strong> angesiedelt, wo Mathematik, Logik<br />
und Philosophie ineinan<strong>der</strong> übergehen. Wenn es si<strong>ch</strong> hier also um Wissens<strong>ch</strong>aft handelt,<br />
kann man erwarten, dass die Frage na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Wahrheit zu Grunde liegt. Zum Beispiel fanden<br />
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