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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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Jede <strong>Paradoxie</strong> lässt si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>reiben als das (Wie<strong>der</strong>-)Auftreten einer Unters<strong>ch</strong>eidung in<br />

ihrem eigenen Raum, auf einer Seite eben dieser Unter¬s<strong>ch</strong>eidung. Einerseits haben wir es<br />

dann mit nur einer Unters<strong>ch</strong>eidung zu tun, an<strong>der</strong>erseits können wir anhand <strong>der</strong><br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen (sie kommt als Ganze, das heißt mit beiden Seiten, auf einer ihrer<br />

Seiten wie<strong>der</strong> vor) ni<strong>ch</strong>t von <strong>der</strong>selben Unters<strong>ch</strong>eidung spre<strong>ch</strong>en. Obwohl wir nur eine<br />

Unter¬s<strong>ch</strong>eidung treffen, können wir zwis<strong>ch</strong>en zwei Unters<strong>ch</strong>eidungen we<strong>ch</strong>seln, also<br />

dieselbe Unters<strong>ch</strong>eidung unters<strong>ch</strong>eiden.<br />

Wenn wir eine Unters<strong>ch</strong>eidung treffen, benutzen und erhalten wir unmittelbar eine<br />

angezeigte und eine unangezeigte Seite. Wir können eine Unters<strong>ch</strong>eidung, die wir in ihren<br />

eigenen Raum wie<strong>der</strong>-einführen, demna<strong>ch</strong> entwe<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> angezeigten o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

unangezeigten Seite placieren. In letzterem Fall wird die angezeigte Seite unentwegt<br />

bestätigt. <strong>Die</strong>s wird Tautologie genannt. Wird die Unters<strong>ch</strong>eidung aber auf <strong>der</strong> angezeigten<br />

Seite ihrer selbst eingeführt, verweist die angezeigte Seite stets auf die ni<strong>ch</strong>t angezeigte und<br />

umgekehrt. In diesem Fall spre<strong>ch</strong>en wir von einer <strong>Paradoxie</strong>. Ihr <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>es Merkmal<br />

ist die Oszillation zwis<strong>ch</strong>en den beiden Seiten <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung. In spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Zusammenhängen findet man die unangezeigte Seite als Negation <strong>der</strong> angezeigten vor.<br />

4. <strong>Die</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Laws of <strong>Form</strong> für die Mathematik<br />

<strong>Die</strong>ses Kapitel verfolgte den Zweck, den Begriff <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> zu präzisie¬ren und <strong>der</strong>gestalt<br />

aufzuzeigen, dass <strong>der</strong> übli<strong>ch</strong>e rigide Umgang mit <strong>Paradoxie</strong>n, spri<strong>ch</strong> ihr Verbot, ni<strong>ch</strong>t<br />

aufre<strong>ch</strong>t zu halten ist. <strong>Die</strong> <strong>Paradoxie</strong> ist eine notwendig auftretende <strong>Form</strong>, die si<strong>ch</strong> eben au<strong>ch</strong><br />

mathematis<strong>ch</strong> fassen lässt. Insofern wird hier davon gespro<strong>ch</strong>en und gefor<strong>der</strong>t, die<br />

<strong>Paradoxie</strong> zu rehabilitieren. Im Folgenden werden die zentralen Motive <strong>der</strong> Laws of <strong>Form</strong><br />

sowie <strong>der</strong>en mathematis<strong>ch</strong>e Relevanz zusammengefasst.<br />

Von Ununters<strong>ch</strong>iedenheit ausgehend ist mit <strong>der</strong> Annahme <strong>der</strong> beiden Ideen <strong>der</strong><br />

Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige eine Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en ihnen gesetzt, sie sind getrennt.<br />

Zu unters<strong>ch</strong>eiden ist etwas an<strong>der</strong>es als anzuzeigen. <strong>Die</strong>se Trennung zwis<strong>ch</strong>en<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige teilt den Raum, in dem diese Unters<strong>ch</strong>eidung getroffen wird, in<br />

zwei Seiten. Für diese Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige gilt, dass ihre<br />

Einheit, ihr gemeinsames Auftreten als Beoba<strong>ch</strong>tung bes<strong>ch</strong>rieben werden kann. Mit einer<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung verhält es si<strong>ch</strong> immer so, dass mit ihr zwei Seiten einhergehen, von denen<br />

zumindest die eine, die angezeigte Seite, als Einheit aufgefasst wird. Zudem unterteilt jede<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung eine Einheit, die wie<strong>der</strong>um eine Seite einer weiteren Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

darstellt.<br />

Mit <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en In- und Nebeneinan<strong>der</strong> von zwei crosses und <strong>der</strong> Idee<br />

einer Wie<strong>der</strong>holung können zwei Axiome aus <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung abgeleitet<br />

und formal dargestellt werden. Aus diesen entwickeln si<strong>ch</strong> dann die so genannte Primäre<br />

Arithmetik und Algebra: ein fundamentaler mathematis<strong>ch</strong>er Kalkül, <strong>der</strong> als Prädikatenlogik<br />

o<strong>der</strong> Booles<strong>ch</strong>e Algebra und au<strong>ch</strong> für Zahlen interpretiert werden kann. Der<br />

Indikationenkalkül ist aber ni<strong>ch</strong>t auf die Primäre Arithmetik und Algebra bes<strong>ch</strong>ränkt. Zentral<br />

ist <strong>der</strong> <strong>Form</strong>begriff, <strong>der</strong> im Kalkül eine gänzli<strong>ch</strong> an<strong>der</strong>e Bedeutung erhält als gewöhnli<strong>ch</strong>. Ihm<br />

wird keine an<strong>der</strong>e Seite gegenüber gestellt, und das hat seine Ursa<strong>ch</strong>e darin, dass es ni<strong>ch</strong>ts<br />

gibt, was ni<strong>ch</strong>t in <strong>der</strong> <strong>Form</strong> wäre. Eine jede Unters<strong>ch</strong>eidung bringt eine <strong>Form</strong> hervor bzw.<br />

je<strong>der</strong> <strong>Form</strong> liegt eine Unters<strong>ch</strong>eidung zu Grunde, und <strong>Form</strong> ist immer Zwei-Seiten-<strong>Form</strong>.<br />

<strong>Die</strong>ser <strong>Form</strong>begriff bringt also s<strong>ch</strong>on insofern Selbst¬bezügli<strong>ch</strong>keit mit si<strong>ch</strong>, als er beides, die<br />

beiden Seiten einer Unters<strong>ch</strong>ei-dung und die Seite einer Unters<strong>ch</strong>eidung (Raum), in <strong>der</strong><br />

diese Unters<strong>ch</strong>ei¬dung getroffen wird, zusammenbringt. Am Ende dessen, was George<br />

Spencer Brown mit dem Indikationenkalkül präsentiert, wird erkennbar, dass man<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit formal behandeln kann, dass unendli<strong>ch</strong>e Ausdrücke mit<br />

selbstbezügli<strong>ch</strong>en Glei<strong>ch</strong>ungen dargestellt werden können. Dadur<strong>ch</strong> verlieren die<br />

anfängli<strong>ch</strong>en Setzungen ihren Stellenwert als grund¬legende Bedingungen, denn die<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit findet si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur auf <strong>der</strong> inhaltli<strong>ch</strong>en Ebene des Kalküls. Der Kalkül ist<br />

selber selbstbezüg¬li<strong>ch</strong>, indem am Ende reflektiert wird, was es war, womit er begann. Der<br />

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