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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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Um dem (vermuteten) Interesse eines Großteils <strong>der</strong> Lesenden entgegen¬zukommen, steht<br />

den erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en Kapiteln ein Exkurs in die Systemtheorie von Niklas Luhmann<br />

voran. Dabei handelt es si<strong>ch</strong> um eine knappe Darstellung dessen, was er den Laws of <strong>Form</strong><br />

entnimmt, worauf er si<strong>ch</strong> stützt. Der Exkurs kann au<strong>ch</strong> als formtheoretis<strong>ch</strong>e Hinführung zur<br />

Differenztheorie Niklas Luhmanns gelesen werden. Auf die vielen an<strong>der</strong>en miteinan<strong>der</strong><br />

vernetzten Konzepte und Begriffe <strong>der</strong> Systemtheorie – wie Autopoiesis, strukturelle<br />

Kopplung, operationale Ges<strong>ch</strong>lossenheit etc. – wird hier ni<strong>ch</strong>t eingegangen.<br />

Exkurs in die Systemtheorie von Niklas Luhmann<br />

In diesem Exkurs geht es um den (Begründungs-)Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en <strong>der</strong><br />

Luhmanns<strong>ch</strong>en Systemtheorie und den Laws of <strong>Form</strong>; das erfor<strong>der</strong>t eine kurze, sehr<br />

spezifis<strong>ch</strong>e und einseitig gewi<strong>ch</strong>tete Einführung in die Systemtheorie.<br />

Niklas Luhmann bezieht si<strong>ch</strong> fast auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> auf die ersten und letzten beiden Kapitel <strong>der</strong><br />

Laws of <strong>Form</strong>. In diesen findet er die no<strong>ch</strong> unmathematis<strong>ch</strong>en Voraussetzungen des Kalküls<br />

(1. Kapitel), das heißt, dass no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t demonstriert und bewiesen wird, sowie den ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr streng mathematis<strong>ch</strong>en Selbstbezug (12. Kapitel) des Indikationenkalküls auf si<strong>ch</strong><br />

selbst (re-entry).<br />

Für Niklas Luhmann steht zunä<strong>ch</strong>st außer Frage, dass Beoba<strong>ch</strong>tungen statt¬finden:<br />

„Der Ausgangspunkt liegt in <strong>der</strong> empiris<strong>ch</strong>en Faktizität des Beoba<strong>ch</strong>tens.“ (LUHMANN<br />

1990a: 77)<br />

<strong>Die</strong>s wird au<strong>ch</strong> in <strong>der</strong> bekannten Floskel „Es gibt Systeme!“ zum Ausdruck gebra<strong>ch</strong>t. Das ist<br />

eine Erkenntnis. Für jede Erkenntnis kommt die System¬theorie aber zu dem S<strong>ch</strong>luss:<br />

„Wenn Erkenntnis ni<strong>ch</strong>ts an<strong>der</strong>es ist als eine Konstruktion, dann gilt dies natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> für<br />

eben diesen Satz.“ (LUHMANN 1990a: 512)<br />

Und ebenso für die Feststellung, dass es Systeme gibt. Au<strong>ch</strong> das ist eine konstruierte<br />

Erkenntnis, die si<strong>ch</strong> für bestimmte Zwecke eignet. Deshalb halten wir es mit Dirk Baecker für<br />

angemessener, ni<strong>ch</strong>t davon auszugehen, dass Systeme tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> existieren, son<strong>der</strong>n<br />

davon, dass es sinnvoll ist, Überlegungen anzustellen, die davon ausgehen, dass es<br />

Systeme gibt (vgl. den S<strong>ch</strong>utzums<strong>ch</strong>lag von BAECKER 2002). In diesem zurückhalten<strong>der</strong>en<br />

Sinne geht es Niklas Luhmann um den Entwurf einer auf dem Beoba<strong>ch</strong>ter gegründeten<br />

Theorie, die es erlaubt einzusehen, inwiefern jede Beoba<strong>ch</strong>¬tung auf einer <strong>Paradoxie</strong> beruht,<br />

ohne dass dies zur Folge hätte, dass Beoba<strong>ch</strong>tung unmögli<strong>ch</strong> würde.<br />

„Jede Beoba<strong>ch</strong>tung brau<strong>ch</strong>t ihre Unters<strong>ch</strong>eidung und also ihr Paradox <strong>der</strong> Identität des<br />

Differenten als ihren blinden Fleck, mit dessen Hilfe sie beoba<strong>ch</strong>ten kann.“ (LUHMANN<br />

1992: 123)<br />

Dementspre<strong>ch</strong>end werden in <strong>der</strong> Soziologie die Rufe na<strong>ch</strong> einer Logik, die <strong>Paradoxie</strong>n<br />

zulässt und handhaben kann, lauter. Man verglei<strong>ch</strong>e zum Beispiel REESE-SCHÄFER 2001:<br />

66; LUHMANN 1994: 72; o<strong>der</strong> BAECKER 2002: 68.<br />

Was aber ist mit dem Beoba<strong>ch</strong>ter gemeint? Und was mit dem Begriff eines Systems, dem<br />

die fortlaufende Aktualisierung von Beoba<strong>ch</strong>tungen zuge¬s<strong>ch</strong>rieben wird?<br />

Der Begriff des Systems meint die Vernetzung und Fortsetzung von selbstreferentiellen<br />

Operationen, das heißt ganz allgemein: Beoba<strong>ch</strong>tungen auf <strong>der</strong> Grundlage von<br />

Unters<strong>ch</strong>eiden und Anzeigen, dur<strong>ch</strong> die alles, was als Einheit ers<strong>ch</strong>eint eigendynamis<strong>ch</strong> und<br />

selbstreferentiell konstruiert wird. Und: Jede Konstruktion einer Einheit ges<strong>ch</strong>ieht über eine<br />

Abgren¬zung von einer Umwelt.<br />

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