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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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Au<strong>ch</strong> in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts gab es vers<strong>ch</strong>iedene Versu<strong>ch</strong>e, <strong>der</strong><br />

<strong>Paradoxie</strong> bzw. ihrer Eliminierung auf die S<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e zu kommen. Als am bedeutsamsten<br />

haben si<strong>ch</strong> die Theorien von Alfred Tarski und Saul Kripke erwiesen sowie die Axiomatis<strong>ch</strong>e<br />

Mengenlehre. Sehr knapp dargestellt errei<strong>ch</strong>te Alfred Tarski mit einer Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

zwis<strong>ch</strong>en Objekt- und Metaspra<strong>ch</strong>e, die zu einer Hierar<strong>ch</strong>ie von Spra<strong>ch</strong>en führt, dass<br />

Ableitungen von <strong>Paradoxie</strong>n in seinem System verhin<strong>der</strong>t werden. Neben diesem Weg <strong>der</strong><br />

Hierar<strong>ch</strong>isierung besteht <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Weg im Umgang mit <strong>Paradoxie</strong>n darin,<br />

Wahrheitswertlücken anzunehmen. Darauf basiert zum Beispiel <strong>der</strong> Versu<strong>ch</strong> von Saul<br />

Kripke, <strong>der</strong> behauptet, dass ni<strong>ch</strong>t je<strong>der</strong> Satz o<strong>der</strong> jede Aussage wahr o<strong>der</strong> fals<strong>ch</strong> ist. Sätzen<br />

könne zum Beispiel dann kein Wahrheitswert zugeordnet werden, wenn bestimmte<br />

Voraussetzungen, die für den Satz getroffen werden, ni<strong>ch</strong>t erfüllt seien. Aber <strong>Paradoxie</strong>n<br />

hängen eben ni<strong>ch</strong>t von empiris<strong>ch</strong>en Fakten (den so genannten kontext-unabhängigen<br />

Voraussetzungen) ab.<br />

Au<strong>ch</strong> mit <strong>der</strong> Axiomatis<strong>ch</strong>en Mengenlehre, <strong>der</strong>en erste Darstellung von Zermelo und Fränklin<br />

1908 vorgelegt wurde, werden <strong>Paradoxie</strong>n dur<strong>ch</strong> eine Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Mengen<br />

und Klassen vermieden: Eine Klasse ist nur dann eine Menge, wenn sie selbst wie<strong>der</strong>um<br />

Element einer neuen Klasse ist. Indem gezeigt wird, dass R eine e<strong>ch</strong>te Klasse ist, es also<br />

keine Klasse gibt, die R als Element enthält, wird die Oszillation zwis<strong>ch</strong>en Selbstbeinhaltung<br />

und Selbstauss<strong>ch</strong>luss aufgelöst.<br />

Mir s<strong>ch</strong>eint, dass nahezu allen populären aktuellen Versu<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> den Veröffentli<strong>ch</strong>ungen<br />

von Kurt Gödel weiterhin gemeinsam ist, <strong>Paradoxie</strong>n aus <strong>der</strong> Theorie zu eliminieren. <strong>Die</strong><br />

Erwartung hinter dieser Haltung verkennt die Bedeutung und <strong>Form</strong>alisierbarkeit von<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit. <strong>Die</strong> Fur<strong>ch</strong>t besteht darin, dass man aus einem Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong> alles<br />

ableiten könne, weshalb als Voraussetzung akzeptiert wurde, dass alle Wi<strong>der</strong>¬sprü<strong>ch</strong>e<br />

unannehmbar seien.<br />

1. Mathematik als Grundlage für Logik<br />

<strong>Die</strong> Ursa<strong>ch</strong>e für die Grundlagenkrise <strong>der</strong> Mathematik, die seit über hun<strong>der</strong>t Jahren weniger<br />

gelöst als vielmehr vergessen und verdrängt wurde, sieht George Spencer Brown in <strong>der</strong><br />

Frage na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Grundlage für die mathe¬matis<strong>ch</strong>e Theorie: Logik o<strong>der</strong> Mathematik? <strong>Die</strong><br />

These, die in den Laws of <strong>Form</strong> und im vorliegenden Text vertreten wird, lautet, dass Logik<br />

eine Interpretation eines bestimmten Zweiges <strong>der</strong> Mathematik, nämli<strong>ch</strong> ihrer Grundlagen,<br />

und ni<strong>ch</strong>t selbst Fundament für Mathematik ist. Als Belege für diese These dienen die<br />

Interpretation des Indikationenkalküls für die Prädikatenlogik erster Stufe, die eine<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en cross und Negation beinhaltet, und die Interpretation für Zahlen,<br />

die beide am Ende dieses Abs<strong>ch</strong>nittes skizziert werden.<br />

Mit dem Indikationenkalkül von George Spencer Brown lässt si<strong>ch</strong> zeigen, dass Logik aus <strong>der</strong><br />

Mathematik ableitbar ist, wenn man mit Mathematik ursprüngli<strong>ch</strong> beginnt, das heißt, wenn<br />

man das Einfa<strong>ch</strong>ste formalisiert. Insofern kann man mit George Spencer Brown behaupten,<br />

dass die Beziehung <strong>der</strong> Logik zur Mathematik <strong>der</strong> Beziehung einer angewandten<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft zu ihrem Ursprung entspri<strong>ch</strong>t.<br />

„Ein grundsätzli<strong>ch</strong>es Anliegen dieser Abhandlung ist es, das, was als Algebren <strong>der</strong> Logik<br />

bekannt ist, vom Gegenstand <strong>der</strong> Logik zu trennen, und sie wie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Mathematik zu<br />

verbinden“. (SPENCER BROWN 1997: XXVI)<br />

<strong>Die</strong>se Fragestellung hängt mit <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Arithmetik, mit <strong>der</strong> man auf<br />

Konstanten operiert, und Algebra, mit <strong>der</strong> Regeln <strong>der</strong> (dazugehörigen) Arithmetik mittels<br />

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