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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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entspri<strong>ch</strong>t ein einzelner Kreis einem auf <strong>der</strong> Außenseite markierten Kreis. Insofern bestätigt<br />

dieses Experiment, dass jede Unters<strong>ch</strong>eidung von außen gesehen wird.<br />

Was wir also aus den Experimenten ersehen: Setzen wir für einen Beoba<strong>ch</strong>ter eine<br />

Markierung ein, so finden wir die anfängli<strong>ch</strong>en Axiome bestätigt. Sie sind das Resultat <strong>der</strong><br />

Beoba<strong>ch</strong>tung eines Beoba<strong>ch</strong>ters in Bezug auf die <strong>Form</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Entdeckung des Beoba<strong>ch</strong>ters als erste Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

<strong>Die</strong> erste Unters<strong>ch</strong>eidung war die Unters<strong>ch</strong>eidung, mit <strong>der</strong>en Treffen <strong>der</strong> Kalkül in Gang<br />

gesetzt wurde. Wir können sehen, dass jede Unters<strong>ch</strong>ei¬dung, die wir getroffen hätten, dies<br />

geleistet hätte, da jede Unters<strong>ch</strong>eidung zwei Seiten hervorgebra<strong>ch</strong>t, uns also zur <strong>Form</strong><br />

geführt hätte. Je<strong>der</strong> Unter¬s<strong>ch</strong>eidung wohnt inne, dass sie zwei Zustände unters<strong>ch</strong>eidet und<br />

dass die Zustände vers<strong>ch</strong>ieden gewertet werden. Dem Kalkül liegt jedo<strong>ch</strong> – wie wir<br />

anfängli<strong>ch</strong> sahen – eine ganz bestimmte Unters<strong>ch</strong>eidung zu Grunde: die Unters<strong>ch</strong>eidung,<br />

<strong>der</strong>en eine Seite selbst wie<strong>der</strong> die Unters<strong>ch</strong>eidung ist, das heißt die Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

zwis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>eidung und Anzeige. <strong>Die</strong>se Unters<strong>ch</strong>eidung, so <strong>der</strong> Ausgang <strong>der</strong><br />

Experimente, ist <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter selbst – o<strong>der</strong> genauer: Unters<strong>ch</strong>eiden-und-Anzeigen ist<br />

Beoba<strong>ch</strong>ten. <strong>Die</strong>s heißt, dass, um überhaupt eine Unters<strong>ch</strong>eidung treffen zu können, immer<br />

s<strong>ch</strong>on „jemand“ gegeben sein muss, <strong>der</strong> sie trifft: <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter.<br />

„Nun sehen wir, dass die erste Unters<strong>ch</strong>eidung, die Markierung und <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter ni<strong>ch</strong>t nur<br />

austaus<strong>ch</strong>bar sind, son<strong>der</strong>n, in <strong>der</strong> <strong>Form</strong>, identis<strong>ch</strong>.“ (SPENCER BROWN 1997: 66)<br />

<strong>Die</strong>ser letzte Satz des Spencer Browns<strong>ch</strong>en Kalküls enthält eine wi<strong>ch</strong>tige Entdeckung, die<br />

den Zugang zu dem Kalkül und seiner <strong>Form</strong> (im Na<strong>ch</strong>¬hinein) erlei<strong>ch</strong>tert. <strong>Die</strong> erste<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung, die s<strong>ch</strong>on immer getroffen ist, ist <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>ter selbst. <strong>Die</strong>se erste<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung unters<strong>ch</strong>eidet zwis<strong>ch</strong>en selbst (Beoba<strong>ch</strong>ter) und an<strong>der</strong>em (Beoba<strong>ch</strong>tetem).<br />

Anhand dessen können wir die erste konstruktive Anweisung:<br />

„Triff eine Unters<strong>ch</strong>eidung“<br />

au<strong>ch</strong> begreifen als:<br />

„Sei ein Beoba<strong>ch</strong>ter“.<br />

Dabei ist augens<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>, dass wir beide Auffor<strong>der</strong>ungen s<strong>ch</strong>on (immer) befolgen. Deshalb<br />

können wir im Kalkül erkennen, was wir s<strong>ch</strong>on immer tun und wel<strong>ch</strong>en Gesetzen wir folgen.<br />

Eine <strong>Form</strong>ulierung, die die philo¬sophis<strong>ch</strong>en Konsequenzen vorbereitet, lautet: <strong>Form</strong> ist<br />

Beoba<strong>ch</strong>tung, Beoba<strong>ch</strong>tung ist <strong>Form</strong>.<br />

Da es zur Konstitution eines Beoba<strong>ch</strong>ters gehört, Unters<strong>ch</strong>eidungen zu treffen, existiert er<br />

vor dem Akt des Unters<strong>ch</strong>eidens ni<strong>ch</strong>t. Im Vollzug des Unters<strong>ch</strong>eidens erzeugt si<strong>ch</strong> <strong>der</strong><br />

Unters<strong>ch</strong>eidende. Der Beoba<strong>ch</strong>ter „entsteht“, indem er simultan vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Unters<strong>ch</strong>eidungen trifft und zuglei<strong>ch</strong> sein Verhalten zu und mit diesen bestimmt. Das<br />

„zuglei<strong>ch</strong>“ drückt aus, dass das Leben und das Unters<strong>ch</strong>eidungen-Treffen ni<strong>ch</strong>t vers<strong>ch</strong>ieden<br />

voneinan<strong>der</strong> sind. Ein Beoba<strong>ch</strong>ter kann als ein Unters<strong>ch</strong>eidungen treffen<strong>der</strong> „Ort“<br />

<strong>ch</strong>arakterisiert werden, wenn bea<strong>ch</strong>tet wird, dass <strong>der</strong> „Ort“ kein räumli<strong>ch</strong>er ist, da <strong>der</strong> Raum<br />

ebenso wie die Zeit Konstruktion dieses Ortes sind; Raum und Zeit sind nur in <strong>der</strong> Existenz<br />

eines Beoba<strong>ch</strong>ters gegen¬wärtig. Ebenso haben wir Unters<strong>ch</strong>eidungen das Charakteristikum<br />

zuge¬ordnet, dass sie in einem die zwei Seiten und si<strong>ch</strong> selbst ers<strong>ch</strong>affen. Der „Ort“, in dem<br />

Unters<strong>ch</strong>eidungen getroffen werden, ist dann ein (selbst¬reflexives) Wesen, wenn es immer<br />

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