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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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Insofern wird behauptet, dass das die Krise verursa<strong>ch</strong>ende Problem dur<strong>ch</strong> den Versu<strong>ch</strong><br />

entstand, Mathe¬matik dur<strong>ch</strong> Logik zu begründen. Der Indikationenkalkül wirft dagegen ein<br />

ganz an<strong>der</strong>es Li<strong>ch</strong>t auf die zentrale Problematik <strong>der</strong> Grundlagenkrise: die <strong>Paradoxie</strong>. <strong>Die</strong>ses<br />

„Problem“ wird genauer identifiziert, indem die <strong>Form</strong> von <strong>Paradoxie</strong>n herausgestellt und ihre<br />

Notwendigkeit für und Kohärenz mit mathematis<strong>ch</strong>en Kalkülen verans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>t wird.<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit und Negation werden hier als die konstitutiven Elemente <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Paradoxie</strong> herausgestellt ebenso wie die <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e Oszillation zwis<strong>ch</strong>en zwei<br />

Zuständen, den zwei Seiten einer Unters<strong>ch</strong>eidung.<br />

Sowohl umgangsspra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> als au<strong>ch</strong> in wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Texten wird <strong>der</strong> Begriff<br />

„<strong>Paradoxie</strong>“ sehr uneinheitli<strong>ch</strong> und oft au<strong>ch</strong> vage verwandt. Im Allgemeinen wird die<br />

Bezei<strong>ch</strong>nung „paradox“ herangezogen, wenn etwas absurd ers<strong>ch</strong>eint o<strong>der</strong> bestimmten<br />

Ansi<strong>ch</strong>ten und Erwartungen wi<strong>der</strong>¬spri<strong>ch</strong>t. Oft ist das Gefühl, das eine <strong>Paradoxie</strong> auslöst,<br />

Verwirrung. Strengere Charakterisierungen enthalten einen Bezug auf einen (Selbst-)<br />

Wi<strong>der</strong>spru<strong>ch</strong>. In <strong>der</strong> Spra<strong>ch</strong>e <strong>der</strong> Logik zum Beispiel Aussagen wie „p genau dann wenn<br />

ni<strong>ch</strong>t-p“ o<strong>der</strong> „p und ni<strong>ch</strong>t-p“. Es sind wohl sol<strong>ch</strong>e Zusammenhänge mit <strong>der</strong> Logik, die<br />

<strong>Paradoxie</strong>n den Ruf verliehen, unbedingt vermieden werden zu müssen. Entspre<strong>ch</strong>end findet<br />

man in <strong>der</strong> eins<strong>ch</strong>lägigen Literatur zur Fundierung von Mathematik dur<strong>ch</strong>gängig die Strategie<br />

<strong>der</strong> Vermeidung. Als wären <strong>Paradoxie</strong>n Probleme, die gelöst werden müssen, indem ihr<br />

Auftreten verhin<strong>der</strong>t und ausges<strong>ch</strong>lossen wird. Dahinter steht die Überzeugung, dass es zu<br />

<strong>Paradoxie</strong>n dur<strong>ch</strong> Fehler in den Annahmen bzw. Voraussetzungen o<strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> fals<strong>ch</strong>en<br />

Gebrau<strong>ch</strong> <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>lussregeln kommt, die man nur erkennen und vermeiden müsse. Was man<br />

also übli<strong>ch</strong>erweise in <strong>der</strong> Literatur zu <strong>Paradoxie</strong>n, Logik und Grund¬lagen <strong>der</strong> Mathematik<br />

findet, ist eine Überzeugung, na<strong>ch</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong>n aus versteckten Wi<strong>der</strong>sprü<strong>ch</strong>en und<br />

Fehlern resultieren. In diesem Sinne kann man eine <strong>Paradoxie</strong> nur lösen, indem man sie<br />

wie<strong>der</strong> los wird, indem man also zeigt, was s<strong>ch</strong>ief gelaufen ist, als es zur <strong>Paradoxie</strong> kam.<br />

Daraus resultiert, dass <strong>Paradoxie</strong>n selbst ni<strong>ch</strong>t in den Blick kommen, im Sinne von: Wenn sie<br />

erst einmal verboten sind, brau<strong>ch</strong>t man si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t länger mit ihnen zu bes<strong>ch</strong>äftigen.<br />

Unter Bezugnahme auf die Laws of <strong>Form</strong> wird hier ganz im Gegenteil aufgezeigt, dass die<br />

Vermeidungsstrategien bezügli<strong>ch</strong> <strong>Paradoxie</strong>n auf einem grundlegenden Miss- o<strong>der</strong><br />

Unverständnis beruhen, und dass sie insbeson<strong>der</strong>e die Konsequenzen aus den<br />

Entdeckungen von Kurt Gödel ni<strong>ch</strong>t ernst nehmen.<br />

Hier werden für den <strong>Paradoxie</strong>begriff keine weiteren Klassifizierungen in logis<strong>ch</strong>,<br />

epistemologis<strong>ch</strong>, mengentheoretis<strong>ch</strong> o<strong>der</strong> semantis<strong>ch</strong> vorge¬nommen. Man kann sol<strong>ch</strong>e<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Unterteilungen zu bestimmten Zwecken gebrau<strong>ch</strong>en, hier soll jedo<strong>ch</strong> die allen<br />

gemeinsame „Struktur“ beleu<strong>ch</strong>tet werden.<br />

Um die Bedeutung <strong>der</strong> Rehabilitation <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> für die Mathematik in einen<br />

angemessenen Rahmen zu stellen, wird in einem vorangestellten Exkurs zunä<strong>ch</strong>st <strong>der</strong><br />

mathematik-ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Zusam¬menhang, in dem die Laws of <strong>Form</strong> stehen, kurz<br />

dargestellt. Das läuft vor allem auf eine klare Abgrenzung und Hierar<strong>ch</strong>isierung von<br />

Mathematik und Logik heraus (erster Abs<strong>ch</strong>nitt). Bevor dann die <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> au<strong>ch</strong><br />

anhand von einigen Beispielen präzisiert wird (dritter Abs<strong>ch</strong>nitt), zeigt <strong>der</strong> zweite Abs<strong>ch</strong>nitt<br />

ein beson<strong>der</strong>s ans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>es Beispiel: <strong>Die</strong> funk-tionale Äquivalenz von imaginärem Wert des<br />

Indikationenkalküls und imaginärer Einheit <strong>der</strong> numeris<strong>ch</strong>en Mathematik wird au<strong>ch</strong> als ein<br />

Argument herangezogen, das <strong>der</strong> Figur des re-entry, die <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> <strong>Paradoxie</strong> zu Grunde<br />

liegt, mathematis<strong>ch</strong>es Gewi<strong>ch</strong>t verleiht und ein Umdenken im Umgang mit und in <strong>der</strong><br />

Beurteilung von <strong>Paradoxie</strong>n for<strong>der</strong>t. Es ist das Ziel dieses Kapitels, das den mathematis<strong>ch</strong>en<br />

Gewinn darstellt, <strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> die Laws of <strong>Form</strong> errei<strong>ch</strong>t werden kann, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

formale Struktur von <strong>Paradoxie</strong>n zu rehabilitieren.<br />

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