Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch
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Teil I: Der Indikationenkalkül<br />
Vorab eine terminologis<strong>ch</strong>e Bemerkung: Als Namen für den in den Laws of <strong>Form</strong><br />
entwickelten Kalkül wird „Indikationenkalkül“ verwendet. Synonyme dafür, die si<strong>ch</strong> in <strong>der</strong><br />
Sekundärliteratur finden, sind die Namen „<strong>Form</strong>enkalkül“, „Browns<strong>ch</strong>er Kalkül“ und „Kalkül<br />
<strong>der</strong> Bezei<strong>ch</strong>nungen“. Bezügli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> den Laws of <strong>Form</strong> inhärenten Erkenntnistheorie werden<br />
wir später au<strong>ch</strong> vom „Kalkül <strong>der</strong> Beoba<strong>ch</strong>tung“ spre<strong>ch</strong>en. <strong>Die</strong>s alles sind (interpretative)<br />
Übersetzungen des von George Spencer Brown gewählten Namens Calculus of Indication.<br />
Zur Verortung <strong>der</strong> Laws of <strong>Form</strong> in <strong>der</strong> Mathematik: Der Mathematiker versteht unter dem<br />
Begriff „Kalkül“ ein Verfahren zur Erzeugung von Sätzen o<strong>der</strong> Zei<strong>ch</strong>enreihen na<strong>ch</strong><br />
bestimmten festen Regeln. Dazu werden Grundsätze bzw. Axiome angenommen und<br />
vorausgesetzt ebenso wie Regeln, die angeben, wie diese grundlegenden Zei<strong>ch</strong>enreihen<br />
verän<strong>der</strong>t werden können. Das heißt, Kalküle sind Verfahren, aus „Grundfiguren“ o<strong>der</strong><br />
Glei<strong>ch</strong>ungen weitere zu erzeugen. Ein Kalkül ist demna<strong>ch</strong> eine uninterpretierte Struktur, in<br />
<strong>der</strong> die Grundfiguren, die formalen Regeln zur Manipulation und die erzeugten Figuren<br />
wie<strong>der</strong>gegeben sind. Ein Kalkül liefert in diesem Sinne no<strong>ch</strong> keine Bedeutung; er gibt<br />
ledigli<strong>ch</strong> Regeln und Zusammenhänge in <strong>Form</strong> von Zei<strong>ch</strong>en an. Ziel ist es, genau die<br />
gültigen bzw. wahren Figuren o<strong>der</strong> Zei<strong>ch</strong>enreihen dur<strong>ch</strong> den Kalkül zu erzeugen. Ein Kalkül<br />
wird häufig au<strong>ch</strong> als „formales System“ bezei<strong>ch</strong>net. Ein Kalkül kann dann auf vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Weisen interpretiert werden, indem man den Zei<strong>ch</strong>en Bedeutung gibt. Zum Beispiel werden<br />
wir später sehen, dass <strong>der</strong> Indikationenkalkül als Prädikatenlogik ausgelegt werden kann,<br />
und au<strong>ch</strong>, dass es mögli<strong>ch</strong> ist, ihn auf eine Weise zu interpretieren, die es erlaubt, mit ihm<br />
numeris<strong>ch</strong> zu re<strong>ch</strong>nen (siehe in II. 1. den Abs<strong>ch</strong>nitt „<strong>Die</strong> Interpretationen für Logik und<br />
Zahlen“, S. 124ff.).<br />
Das Fundament <strong>der</strong> Mathematik ist aber ni<strong>ch</strong>t numeris<strong>ch</strong>er Natur, enthält also no<strong>ch</strong> kein<br />
explizites Konzept von Zahlen. Wenn man so will: <strong>Die</strong> fundamentalen mathematis<strong>ch</strong>en<br />
Beziehungen umfassen no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t genügend Unters<strong>ch</strong>eidungen, sie sind no<strong>ch</strong> zu einfa<strong>ch</strong>,<br />
um so etwas verglei<strong>ch</strong>sweise Kompliziertes wie mit Zahlen re<strong>ch</strong>nen o<strong>der</strong> au<strong>ch</strong> Logik<br />
betreiben zu können. Übli<strong>ch</strong>erweise wird heutzutage eine <strong>Form</strong> <strong>der</strong> Mengenlehre als<br />
Fundament <strong>der</strong> Mathematik angenommen. Wie die numeris<strong>ch</strong>e Arithmetik (man denke an<br />
die Peano-Axiome ) und au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Indikationenkalkül beinhaltet <strong>der</strong> Ansatz <strong>der</strong> Mengenlehre<br />
zunä<strong>ch</strong>st kein numeris<strong>ch</strong>es Konzept; das heißt, dass Zahlen ni<strong>ch</strong>t vorausgesetzt werden.<br />
Aber aus o<strong>der</strong> mit Hilfe <strong>der</strong> Mengenlehre wie au<strong>ch</strong> des Indikationenkalküls und <strong>der</strong><br />
numeris<strong>ch</strong>en Arithmetik kann <strong>der</strong> Begriff o<strong>der</strong> die Idee von Zahlen entwickelt werden.<br />
Während jedo<strong>ch</strong> Mengenlehre und Arithmetik unter <strong>der</strong> Prämisse konstruiert sind, zu einem<br />
Konzept von Zahlen zu gelangen, können wir den Indikationenkalkül als fundamentaleren<br />
Versu<strong>ch</strong> auffassen, die allgemeinsten mathematis<strong>ch</strong>en Beziehungen formal darzustellen, <strong>der</strong><br />
eben au<strong>ch</strong> – aber gewissermaßen nebenher – für Zahlen interpretiert werden kann.<br />
1. Vor dem Eintritt (entry)<br />
Im Folgenden wird unter „Eintritt“ (entry) das Treffen einer (ersten) Unter¬s<strong>ch</strong>eidung<br />
verstanden. Der Begriff verans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>t ein Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>reiten, eine Verän<strong>der</strong>ung, ein Losgehen<br />
o<strong>der</strong> Anfangen. Beim Eintreten wird eine Grenze übers<strong>ch</strong>ritten. Zudem verweist <strong>der</strong> Begriff<br />
auf eine Tätigkeit, da immer jemand eintritt, sowie auf jemanden, <strong>der</strong> die Grenze kreuzt, und<br />
s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> auf eine eigene Aktivität, da man ni<strong>ch</strong>t eingetreten werden kann. Dur<strong>ch</strong> die<br />
Verwendung dieses Begriffes soll vor allem aber au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Zusammenhang mit dem re-entry,<br />
dem Wie<strong>der</strong>-Eintritt, begriffli<strong>ch</strong> hervor-gehoben werden. An<strong>der</strong>e mögli<strong>ch</strong>e Namen wie<br />
„Einsatz“, „Anfang“ o<strong>der</strong> „Ursprung“ haben an<strong>der</strong>e Vorzüge, betonen an<strong>der</strong>e S<strong>ch</strong>werpunkte<br />
(haben ihre Bere<strong>ch</strong>tigung, wenn man an<strong>der</strong>e Motive verfolgt) und werden hier nur am Rande<br />
erwähnt.<br />
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