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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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<strong>Die</strong> Hypothese besagt, dass man jedem Arrangement einen Wert zuordnen kann. Das heißt,<br />

dass jedes Arrangement als Ausdruck aufgefasst werden kann, da bestimmt werden kann,<br />

wel<strong>ch</strong>er Wert angezeigt wird. <strong>Die</strong> ein¬fa<strong>ch</strong>en Ausdrücke, die An- o<strong>der</strong> Abwesenheit einer<br />

Markierung, können den Werten „markiert“ und „unmarkiert“ zugeordnet werden. Somit kann<br />

je<strong>der</strong> Ausdruck dur<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>ende S<strong>ch</strong>ritte <strong>der</strong> Vereinfa<strong>ch</strong>ung in eine An- o<strong>der</strong> eine<br />

Abwesenheit <strong>der</strong> Markierung überführt werden. Später wird das dritte Theorem<br />

(Übereinstimmung) bewiesen, wel<strong>ch</strong>es besagt, dass unabhängig von vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

mögli<strong>ch</strong>en Wegen <strong>der</strong> Vereinfa<strong>ch</strong>ung ein gegebener Ausdruck stets auf nur einen <strong>der</strong> beiden<br />

einfa<strong>ch</strong>en Ausdrücke zurückgeführt werden kann. Das heißt, dass es keinen Unters<strong>ch</strong>ied<br />

ma<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e vereinfa<strong>ch</strong>enden S<strong>ch</strong>ritte getan und in wel<strong>ch</strong>er Reihenfolge sie ausgeführt<br />

werden. <strong>Die</strong> damit einhergehende Konsistenz des Kalküls spielt hier no<strong>ch</strong> keine Rolle. Der<br />

vierte Kanon si<strong>ch</strong>ert ledigli<strong>ch</strong>, dass aus jedem gegebenen Ausdruck dur<strong>ch</strong> vereinfa<strong>ch</strong>ende<br />

S<strong>ch</strong>ritte einer <strong>der</strong> einfa<strong>ch</strong>en Ausdrücke errei<strong>ch</strong>t wird. Er wird an dieser Stelle aufgrund seiner<br />

unmittel-baren Gewissheit aufgestellt. Er kann no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t bewiesen werden (und von einem<br />

Kanon wird Beweisbarkeit ja au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verlangt), da <strong>der</strong> Gedanke <strong>der</strong> Vereinfa<strong>ch</strong>ung zu<br />

allgemein ist, und er wird deshalb als Hypothese eingeführt. Erneut: Man bea<strong>ch</strong>te, dass ni<strong>ch</strong>t<br />

behauptet wird, dass die Vereinfa<strong>ch</strong>ung eindeutig ist. <strong>Die</strong>se stärkere These wird erst später<br />

bewiesen werden können.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> begrenzten Mögli<strong>ch</strong>keiten lässt si<strong>ch</strong> lei<strong>ch</strong>t verans<strong>ch</strong>au¬li<strong>ch</strong>en, dass je<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>teinfa<strong>ch</strong>e<br />

Ausdruck vereinfa<strong>ch</strong>t werden kann: Wenn zwei Markierungen <strong>der</strong> Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

ni<strong>ch</strong>t ineinan<strong>der</strong> stehen, dann stehen sie nebeneinan<strong>der</strong>. Mehr Mögli<strong>ch</strong>keiten gibt es ni<strong>ch</strong>t<br />

und in beiden Fällen kann eines <strong>der</strong> Axiome herangezogen werden, um ein bzw. zwei<br />

crosses dur<strong>ch</strong> Substitution verwendende Äquivalenzumformung zu elimi¬nieren. So kann<br />

man fortfahren, einen beliebig großen, aber endli<strong>ch</strong>en Ausdruck von innen her (seiner<br />

größten Tiefe) zu verkleinern, das heißt die Anzahl <strong>der</strong> crosses zu verringern. S<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong><br />

endet dies dadur<strong>ch</strong>, dass nur no<strong>ch</strong> ein cross o<strong>der</strong> gar keines übrig bleibt.<br />

Im Gegensatz zum zweiten bes<strong>ch</strong>reibt <strong>der</strong> fünfte Kanon eine Erweite¬rung <strong>der</strong> Referenz.<br />

Hier wird ni<strong>ch</strong>t das Zusammenziehen von Befehlen gestattet, son<strong>der</strong>n die Ausweitung von<br />

<strong>Form</strong>en. Wo ein Anlass zu weiterer Differenzierung gesehen wird, ist dem keine Grenze<br />

gesetzt. <strong>Die</strong> Erweite¬rung darf unbes<strong>ch</strong>ränkt fortgeführt werden.<br />

„Im allgemeinen also lass jede <strong>Form</strong> <strong>der</strong> Referenz uneinges<strong>ch</strong>ränkt teilbar sein.“ (SPENCER<br />

BROWN 1997: 10)<br />

Dur<strong>ch</strong> die Erweiterung <strong>der</strong> Referenz, die wir gebrau<strong>ch</strong>en, um auszu¬drücken, dass die<br />

Re<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>ritte ni<strong>ch</strong>t nur in die Ri<strong>ch</strong>tung <strong>der</strong> Verein¬fa<strong>ch</strong>ung dur<strong>ch</strong>geführt werden können,<br />

erweitern wir die Anzahl <strong>der</strong> „Primären S<strong>ch</strong>ritte“ auf vier, indem wir die Ri<strong>ch</strong>tung <strong>der</strong><br />

Anwendung <strong>der</strong> beiden Grundglei<strong>ch</strong>ungen unters<strong>ch</strong>eiden. Damit erhalten wir zu <strong>der</strong> <strong>Form</strong><br />

<strong>der</strong> Kondensation die <strong>der</strong> Bestätigung und zu <strong>der</strong> <strong>Form</strong> <strong>der</strong> Aufhebung die <strong>der</strong> Kompensation<br />

(darauf kommen wir zurück in I. 3. „Primäre Arithmetik und Primäre Algebra“, S. 68).<br />

So nebensä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> die Erweiterung <strong>der</strong> Referenz an dieser Stelle ers<strong>ch</strong>ei¬nen mag (denn<br />

s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> sind die Seiten <strong>der</strong> Grundglei<strong>ch</strong>ungen äquiva¬lent), so bedeutsam wird sie, wenn<br />

wir über die Entstehung von Kom¬plexität reflektieren. Im Grunde ist die Erweiterung <strong>der</strong><br />

Referenz gar keine Regel, die wir einführen. Eine Regel würde darin bestehen, eine Grenze<br />

zu setzen. Hier stellen wir jedo<strong>ch</strong> fest, dass eine sol<strong>ch</strong>e Grenze die Bere<strong>ch</strong>¬nungen ni<strong>ch</strong>t<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt. Denno<strong>ch</strong> muss die Erweiterung <strong>der</strong> Referenz explizit erlaubt werden, um <strong>der</strong><br />

Vereinbarung über die Absi<strong>ch</strong>t (dem ersten Kanon) gere<strong>ch</strong>t zu werden. Im dritten<br />

erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en Teil wird die Erweiterung <strong>der</strong> Referenz wie<strong>der</strong> auftreten als<br />

„konditionierte Koproduk¬tion“.<br />

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