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Die Form der Paradoxie - Uboeschenstein.ch

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dagegen <strong>der</strong> Indikationenkalkül, dass die Mathematik ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> einen Satz vom<br />

ausges<strong>ch</strong>lossenen Dritten einge¬s<strong>ch</strong>ränkt ist. <strong>Die</strong> Primäre Arithmetik und Algebra bringen<br />

diese Regel zwar hervor (Konsequenz 1: Reflexion), gestatten aber die <strong>Form</strong>alisierung von<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit, so dass diese Regel für Glei<strong>ch</strong>ungen ersten Grades gilt, jedo<strong>ch</strong><br />

Glei<strong>ch</strong>ungen zweiten Grades ni<strong>ch</strong>t tangiert.<br />

Au<strong>ch</strong> <strong>der</strong> „Satz <strong>der</strong> Identität“, <strong>der</strong> besagt, dass etwas zu si<strong>ch</strong> selbst identis<strong>ch</strong> ist, und <strong>der</strong> in<br />

allen gängigen Logiken vorausgesetzt wird, lässt si<strong>ch</strong> mit dem Konzept von<br />

Selbstbezügli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t vereinbaren. Man denke an ein abges<strong>ch</strong>lossenes System, etwa<br />

einen Beoba<strong>ch</strong>ter, <strong>der</strong> im Modus Bewusstsein operiert. Für einen Beoba<strong>ch</strong>ter dieses ersten<br />

Beoba<strong>ch</strong>¬ters stellt er eine Einheit dar. Er ist, was er ist; er ist mit si<strong>ch</strong> identis<strong>ch</strong>; au<strong>ch</strong> wenn<br />

er mal so und mal an<strong>der</strong>s ist, bleibt er <strong>der</strong>, <strong>der</strong> er ist. Dur<strong>ch</strong> seine Operationen s<strong>ch</strong>afft und<br />

erhält er eine Grenze zu seiner Umwelt. Für diesen ersten Beoba<strong>ch</strong>ter selbst gilt das au<strong>ch</strong>,<br />

solange er ni<strong>ch</strong>t selbstbe¬zügli<strong>ch</strong> operiert, solange er si<strong>ch</strong> etwa die Frage na<strong>ch</strong> seiner<br />

Identität ni<strong>ch</strong>t stellt. Do<strong>ch</strong> wenn er si<strong>ch</strong> selbst beoba<strong>ch</strong>tet, ist er ni<strong>ch</strong>t mehr mit si<strong>ch</strong> selbst<br />

identis<strong>ch</strong>: er hat si<strong>ch</strong> (die Einheit, die er war) in Beoba<strong>ch</strong>ter und Beoba<strong>ch</strong>¬tetes unterteilt.<br />

Operational bleibt er natürli<strong>ch</strong> eine Einheit, das heißt er wird ni<strong>ch</strong>t zu zwei Systemen, aber<br />

für si<strong>ch</strong> ist er ni<strong>ch</strong>t mehr eines. Er sieht si<strong>ch</strong> als <strong>der</strong>-und-<strong>der</strong> an, ist aber zuglei<strong>ch</strong> <strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />

si<strong>ch</strong> so sieht. Er kann ni<strong>ch</strong>t mehr ents<strong>ch</strong>eiden, ob er Einheit o<strong>der</strong> Zweiheit ist: Wenn er si<strong>ch</strong><br />

als Einheit betra<strong>ch</strong>tet, s<strong>ch</strong>afft er dur<strong>ch</strong> die Differenz, die die (Selbst-)Betra<strong>ch</strong>¬tung ma<strong>ch</strong>t,<br />

eine Zweiheit. <strong>Die</strong>se Zweiheit operiert aber als ein System.<br />

Soweit zu einigen Unvereinbarkeiten, die auftreten, wollte man logis<strong>ch</strong>e Grundsätze au<strong>ch</strong> als<br />

Fundament einer Mathematik nehmen, die Selbstbe¬zügli<strong>ch</strong>keit eins<strong>ch</strong>ließt.<br />

In den Laws of <strong>Form</strong> führt George Spencer Brown in zwei Anhängen vor, dass <strong>der</strong><br />

<strong>Form</strong>alismus des Indikationenkalküls sowohl interpretiert werden kann als klassis<strong>ch</strong>e<br />

Logik (und damit au<strong>ch</strong> als Booles<strong>ch</strong>e Algebra) als au<strong>ch</strong> für Zahlen. Bevor diese<br />

Interpretationen des Kalküls skizziert werden, wird die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en dem<br />

cross des Kalküls und <strong>der</strong> Negation <strong>der</strong> Logik dargestellt.<br />

Eine Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en Negation und cross<br />

Für die Interpretation des Kalküls als Logik ist die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en cross und<br />

Negation wesentli<strong>ch</strong>. <strong>Die</strong> Zustände, die mit <strong>der</strong> ersten Unters<strong>ch</strong>eidung einhergehen, haben<br />

die glei<strong>ch</strong>e „Struktur“ wie die Wahr¬heitswerte von Aussagen. Na<strong>ch</strong> den Laws of <strong>Form</strong> ist<br />

je<strong>der</strong> Ausdruck von Unters<strong>ch</strong>eidungen entwe<strong>der</strong> auf den markierten o<strong>der</strong> den unmarkierten<br />

Zustand zurückführbar. <strong>Die</strong>s ist die grundlegende Unters<strong>ch</strong>eidung, mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kalkül<br />

operiert. <strong>Die</strong> Logik ordnet Aussagen die Werte „wahr“ und „fals<strong>ch</strong>“ zu, wobei gilt: Wenn eine<br />

Aussage A wahr ist, dann ist ihre Negation fals<strong>ch</strong>. Insofern, als in beiden Fällen zwei Werte<br />

zu Grunde gelegt werden, besteht eine Ähnli<strong>ch</strong>keit zwis<strong>ch</strong>en cross und Negation.<br />

Mit dem cross ist jedo<strong>ch</strong> eine allgemeinere Idee zum Ausdruck gebra<strong>ch</strong>t. Eine<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung ist entwe<strong>der</strong> getroffen o<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t und entspre<strong>ch</strong>end ist ein Zustand markiert<br />

o<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t. Um diesen Umstand zu kennzei<strong>ch</strong>nen, bedarf es jedo<strong>ch</strong> ledigli<strong>ch</strong> einer einzigen<br />

Markierung, eben das cross – und seine Abwesenheit. <strong>Die</strong> Negation dagegen funktioniert<br />

an<strong>der</strong>s: sie bezieht si<strong>ch</strong> immer auf etwas, auf eine Position. Wird eine Aussage negiert,<br />

kreuzt man die Grenze zwis<strong>ch</strong>en Position und Negation, da die Negation die an<strong>der</strong>e Seite<br />

<strong>der</strong> Position ist. Das cross bezieht si<strong>ch</strong> dagegen auf den Raum, in dem es steht. Zudem ist<br />

das cross zuglei<strong>ch</strong> Operation und Operand: Wir treffen mit dem cross diese Unters<strong>ch</strong>eidung<br />

(no<strong>ch</strong>) ni<strong>ch</strong>t. Demgegenüber benötigt die Negation in <strong>der</strong> Logik sogar s<strong>ch</strong>on die Idee von<br />

Variablen, auf die sie si<strong>ch</strong> beziehen kann.<br />

Insofern hat die Negation in <strong>der</strong> Logik eine an<strong>der</strong>e Stellung als das cross, da ihr das An<strong>der</strong>e,<br />

das, worauf sie si<strong>ch</strong> bezieht, gegeben sein muss. Eine Aussage und ihre Negation stellen<br />

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