FTB_2015_web_dt.
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3 Wissenschaftliche Forschung und tertiäre Bildung<br />
Mit der Etablierung von „Smart Specialisation“<br />
als strategischem Konzept für wissens- und<br />
innovationsgeleitete, regionale Wachstums- und<br />
Entwicklungsstrategien durch die Europäische<br />
Kommission wird ein verstärktes Schlaglicht auf<br />
die regionale und standortspezifische Bedeutung<br />
von Hochschulen, insbesondere von Universitäten,<br />
geworfen. Die Implementierung regionaler<br />
Wissenschafts- und Innovationsstrategien für<br />
„Smart Specialisation“ als wissensbasierte Entwicklungskonzepte<br />
für Regionen (RIS3) 10 ist eine<br />
wichtige Säule der EU-2020-Strategie für intelligentes,<br />
nachhaltiges Wachstum und Teil der<br />
Krisenbewältigungsstrategie. Unternehmerische<br />
Rationalität sowie Erkenntnisse aus Wissenschaft<br />
und Forschung sollen sich im Sinne einer<br />
optimalen Nutzung der am Standort vorhandenen<br />
Potentiale ergänzen. Als Querschnittsmaterie<br />
schafft das „Smart-Specialisation“-Konzept<br />
eine strategiegeleitete Verbindung unterschiedlicher<br />
Politikfelder mit besonderem Fokus auf<br />
Wissenschafts-, Forschungs-, Innovations-, Wettbewerbs-,<br />
Regional- und Industriepolitik. „Smart<br />
Specialisation“ baut in der Definition von<br />
Schwerpunkten und Handlungsfeldern sowie in<br />
der Implementierung und Umsetzung einer darauf<br />
basierenden Strategie auf das Prinzip von<br />
Multi-Level-Governance 11 . Grundlage der Strategie<br />
ist eine SWOT-Analyse 12 des Innovationssystems<br />
einer Region unter Einbeziehung relevanter<br />
Stakeholder auf allen (politischen) Ebenen: EU,<br />
Nationalstaat, Region, Institutionen aus Wirtschaft,<br />
Wissenschaft und Gesellschaft. 13 Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen erhalten<br />
im Rahmen der „Smart-Specialisation“-Strategie<br />
ein explizites „Mandat“ in wirtschafts- und<br />
wettbewerbs- sowie innovationspolitischen Gestaltungsprozessen.<br />
14<br />
Während Fachhochschulen durch ihren Fokus<br />
auf anwendungs- bzw. praxisorientierte Ausbildung<br />
und Forschung bereits per se einen starken<br />
unternehmens- und damit auch standortrelevanten<br />
Bezug aufweisen 15 , ist die Analyse und Klassifikation<br />
der Wechselwirkungen zwischen den<br />
Universitäten und ihrem unmittelbaren regionalen<br />
Umfeld ein komplexes Unterfangen. Universitäten<br />
tragen über ihre unmittelbaren Kernfunktionen<br />
Lehre und wissenschaftliche Forschung<br />
hinaus ganz wesentlich über den Transfer von<br />
Wissen und Know-how in Gesellschaft und Wirtschaft<br />
direkt zum Innovationspotential und damit<br />
zur wirtschaftlichen Entwicklung sowie zur<br />
Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen und<br />
Zielsetzungen in Regionen bei. Diese Rolle der<br />
Universitäten wird auch als sogenannte Dritte<br />
Mission („Third Mission“) bezeichnet, wobei die<br />
Auslegung dieses Begriffes nicht einheitlich ist<br />
und vom angenommen Radius (regional, national)<br />
sowie vom Grad der Institutionalisierung der<br />
Transmissionsmechanismen abhängt. Die Bedeutung<br />
des Begriffes der Dritten Mission ist daher<br />
abhängig vom angewan<strong>dt</strong>en Kontext und umfasst<br />
in einem ökonomisch-technologischen Ansatz<br />
die aktive Kommerzialisierung von Wissen durch<br />
die Hochschulen, beispielsweise durch Patente,<br />
Lizenzen und Spin-Offs. Im erweiterten Sinne<br />
kann damit auch der Beitrag der Universitäten<br />
zur Innovationskapazität von Unternehmen<br />
durch den impliziten und expliziten Transfer von<br />
Know-how und Wissen, zur Wissensgesellschaft<br />
10 „Regional Innovation Strategies for Smart Specialisation (RIS3)“: wissens- und innovationsgeleitete regionale Wachstums- und Entwicklungsstrategien.<br />
11 Bezeichnet die Mehr-Ebenenverflechtung politischer Strukturen (EU, Nationalstaaten, Regionen) durch supranationale, aber auch<br />
intergouvernementale Entscheidungsebenen unter Einbeziehung anderer relevanter nationaler und subnationaler Akteure.<br />
12 Die SWOT-Analyse stellt ein Instrument zur Situationsanalyse und zur Strategiefindung dar. Stärken und Schwächen werden dabei<br />
üblicherweise als Eigenschaften des Untersuchungsgegenstandes verstanden. Chancen und Risiken gehen hingegen überwiegend vom<br />
Umfeld aus.<br />
13 Vgl. Stärkefelder im Innovationssystem: Wissenschaftliche Profilbildung und wirtschaftliche Synergien: Stärkefelder im Innovationssystem<br />
(<strong>2015</strong>); http://wissenschaft.bmwfw.gv.at/fileadmin/user_upload/wissenschaft/publikationen/forschung/AT_Forschungsraum_<br />
Endbericht.pdf, S. 104 ff.<br />
14 Vgl. EC (2014).<br />
15 Siehe dazu auch Kapitel 3.5 „Die österreichischen Fachhochschulen in der nationalen Forschungslandschaft“ im Österreichischen<br />
Forschungs- und Technologiebericht (2014); http://www.bmwfw.gv.at/ftb<br />
Forschungs- und Technologiebericht <strong>2015</strong> 67