dr. med. robert g. jackson - Sapientia
dr. med. robert g. jackson - Sapientia
dr. med. robert g. jackson - Sapientia
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Erlebnis der Wiedergesundung verschrieben hat, der fühlt die Begierde nach immer<br />
weiteren normalisierenden Maßnahmen; er genießt schließlich die Berührung mit dem<br />
kältesten Wasser, mit dem schärfsten Wind.<br />
Ich bin — wie gesagt — jetzt bereits achtzig Jahre alt und erfreue mich des klarsten<br />
Verstandes; zu keiner früheren Zeit war er klarer. Ich fühle mich nie einen Augenblick<br />
unwohl.<br />
Ich fürchte mich vor keiner Krankheit und weiß, daß ich Grund habe, mich nicht zu<br />
fürchten. Auf Jahre hinaus plane ich Arbeiten auf körperlichem und geistigem Gebiet<br />
und träume davon, nach und nach alles das noch nachzuholen, was ich in jenen Jahren,<br />
die man Jugend und mittleres Alter nennt, so gerne getan hätte und meiner armseligen<br />
Gesundheit wegen nicht habe tun können. Immer noch besitze ich das ganze Feuer, die<br />
ganze Lebendigkeit der Jugend, und oben<strong>dr</strong>ein die Erfahrung eines — wie man es<br />
heute noch nennt — langen Lebens. Wer das hört, wird sicher nicht mehr fragen, ob<br />
die Belohnung der großen Anstrengungen wert ist. Und niemand wird meine<br />
überschwengliche Beschreibung dieser Belohnung als bloßes Gerede hinstellen.<br />
Ich erkläre feierlich, daß dieselbe Belohnung, die mich nun schon seit langer Zeit<br />
beglückt und in immer höherem Maße auch in Zukunft beglücken wird, auch jedem<br />
andern Menschen zuteil werden kann, der sich ein krankheits- und leidensfreies Dasein<br />
sichern möchte, vorausgesetzt, daß die Gewebe seines Körpers nicht bereits der<br />
Zerstörung so stark anheimgefallen sind, daß sich ein Versuch zu ihrer<br />
Wiederbelebung gar nicht mehr lohnt.<br />
Wer diese Einsicht in seine eigenen Möglichkeiten nicht hat, dem habe ich nichts zu<br />
sagen. Er muß, soweit ich es übersehen kann, den Weg der Selbsttäuschung<br />
weiterwandern, der ihn von Gesundheit zu Krankheit, von Krankheit zu künstlichen<br />
Heilmitteln und schließlich zu vorzeitigem Altern und frühem Tode führen wird. Das<br />
Altern kommt immer zu früh, wie lange Jahre auch der Körper schon auf dieser Erde<br />
geweilt haben mag. Es ist das Brandmal der Zivilisation.<br />
Nein, Gott will, daß wir lange leben sollen auf der Erde, die er uns gegeben hat,<br />
länger, weit länger, als die Jahre, die wir heute noch fälschlicherweise mit „Alter“<br />
bezeichnen. Und er will auch, daß wir bis zum Ende warmblütig, hellsinnig und<br />
hochgemut bleiben sollen, um dann einst in den kühlen und stillen Stunden eines<br />
frühen Morgens leise unsere Augen zu schließen und aus diesem Leben hinaus in ein<br />
anderes Leben hinüberzugleiten, wie ein Samenkorn, das ein leichter Frühlingswind<br />
sanft in die Ferne weht, damit es an einem andern Orte niederfällt, in anderes Er<strong>dr</strong>eich<br />
ein<strong>dr</strong>ingt und neues Leben zum Licht emporsendet.<br />
134