dr. med. robert g. jackson - Sapientia
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1. KAPITEL<br />
Vom Wesen der Krankheit und der Lebenskraft<br />
Unter allem, was die Schöpfung an Lieblichem und Wohlgefälligem<br />
hervorgebracht bat, ist sicherlich nichts so schön und beglückend wie der Anblick<br />
eines vollkommen gestalteten menschlichen Körpers. Nicht viele von uns wissen<br />
jedoch um diese Schönheit; denn ein falsch gerichtetes und falsch angewandtes<br />
religiöses Gefühl hat in uns eine kleinliche, unreine, unfromme Gesinnung erzeugt, die<br />
den Körper, den geweihten Tempel unserer Seele, verachtet.<br />
Diese Auffassung stammt aus der religiösen Einstellung längstvergangener Zeiten,<br />
als noch Menschen von engem Horizont, Mönche und Frömmler, anstatt geistig<br />
Erleuchteter die Weltanschauung bestimmten. Sie übersahen, daß ein unrein<br />
gescholtener Körper von selbst unreine Gedanken erweckt. Wird der Körper durch die<br />
Bekleidung unseren Blicken entzogen, so ist das eine Herausforderung an sämtliche<br />
Kräfte unserer Phantasie, die alles, was wir angeblich nicht sehen dürfen, nach<br />
Belieben vor unsere Augen zaubern und noch dazu in der unsauberen Form, die den<br />
Dingen durch das Verbot anhaftet.<br />
Betrachten wir unser wahres Selbst aber mit den Augen reifer Geistigkeit, so strahlt<br />
es uns entgegen als Funken des endlosen göttlichen Glanzes, enthüllt sich uns als<br />
Seele, die selber aus dem Staub der Erde den herrlichsten aller Tempel sich zu bauen<br />
vermag; dann befinden wir uns auch in der richtigen geistigen Verfassung, um die<br />
erstaunliche Schönheit des menschlichen Körpers zu erkennen.<br />
Das will natürlich nicht heißen, daß jeder menschliche Körper tatsächlich über alle<br />
Maßen schön zu nennen ist — obwohl es sicherlich im Rahmen des Möglichen liegt,<br />
daß ein jeder es sein könnte; denn nur weil wir den Körper so sehr verachten und<br />
mißhandeln, zeigt er — mit wenigen und darum auffallenden Ausnahmen — eine<br />
unschöne, unterentwickelte Gestalt.<br />
Die Zeit wird aber sicherlich einst kommen, da der biblische Aus<strong>dr</strong>uck „zum Bilde<br />
Gottes“ etwas Konkretes und Greifbares darstellen wird. Er bedeutet, daß wir<br />
tatsächlich zu Gottes Ebenbild geschaffen sind, weil wir in unserer auf höhere<br />
Entwicklung gerichteten Vernunft die schöpferischen Möglichkeiten mitbekommen<br />
haben, uns innerhalb gewisser Grenzen der Naturgesetze zu unserem Frommen selber<br />
zu bedienen. Dann werden wir einsehen, daß niemand den Körper verachten kann,<br />
ohne gleichzeitig auch seinen Erbauer und Bewohner, den göttlichen Funken in uns, zu<br />
beleidigen. Dann werden wir auch aufhören, den menschlichen Körper moralisch zu<br />
werten; wir werden vielmehr in unseren Körpern Tempel erblicken, die unser innerstes<br />
Selbst dem Lebensfunken zur Wohnung baut, und werden durch geduldige Arbeit dem<br />
vor Zeiten durch die alten Griechen erreichten Ideal der Körperschönheit nahekommen<br />
können, es vielleicht sogar zu übertreffen wissen.<br />
Es wird behauptet, daß das alte Griechenland in intellektueller Beziehung den<br />
fortgeschrittensten modernen Staaten weit überlegen gewesen sei; sein<br />
Kulturdurchschnitt stand nach der Meinung mancher Sachverständiger so weit über<br />
demjenigen heutiger Kulturländer, wie die heutigen Kulturnationen sich über primitive<br />
Rassen erhaben dünken. Dieser hohen Kulturstufe entspricht es durchaus, daß die<br />
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