dr. med. robert g. jackson - Sapientia
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abkürzt. Das ist sogar dann wahr, wenn der unmäßige, aber erblich vielleicht sehr gut<br />
ausgestattete und ausgiebig mit Lebenskraft versehene Mensch hundert Jahre lebt. Bei<br />
richtiger Lebensweise hätte er mit seiner vortrefflichen Konstitution leicht<br />
hundertfünfundzwanzig oder sogar hundertfünfzig Jahre alt * werden, hätte den<br />
Jüngeren viele Jahrzehnte lang ein Beispiel und Vorbild sein können.<br />
Im Lichte dieser Schlußfolgerung betrachtet, erschien es mir plötzlich<br />
verwunderlich, daß ich überhaupt noch am Leben war. Ich hatte bisher der<br />
Zusammenstellung<br />
* Auch wenn heute festzustehen scheint, daß der Mensch ein höheres Alter als 115 bis 120 Jahre nicht<br />
erreichen kann, so verliert die Betrachtungsweise des Verfassers dadurch nichts von ihrer Richtigkeit.<br />
Anm. des Herausgebers<br />
meiner Speisen niemals auch nur einen Gedanken gewidmet. Es war mir nie<br />
eingefallen, daß von einer Speisenmischung, die zum Teil (Proteine) nur in einem<br />
Säure<strong>med</strong>ium, zum andern Teil (Stärken) nur unter dem Einfluß des Mundspeichels<br />
und daher nur in einem alkalischen Medium verarbeitet werden kann, der eine oder der<br />
andere Teil im Magen einfach nicht verdaut wird. Ich hatte nicht einmal daran gedacht,<br />
daß der viele weiße Zucker, den ich unter meine Speisen mischte und der des Körpers<br />
Verlangen nach Wärme und Energie rasch zu stillen scheint, die gleichzeitige<br />
Verdauung aller anderen Nahrungsstoffe unmöglich macht oder diese zum mindesten<br />
in Verbindungen und Bestandteile auflöst, die meine Körpergewebe vergiften und die<br />
Ausscheidungsorgane über Gebühr belasten mußten.<br />
Erst jetzt wurde mir klar, daß ich mich auf zwei Arten zugrunderichtete: erstens,<br />
weil ich die Nahrung zu mir nahm, die meinen Körper nicht beleben konnte; zweitens,<br />
weil meine Kost ein Übermaß (besonders an Eiweißstoffen) aufwies, das meinen<br />
Körper noch der wenigen Lebenskraft beraubte, die er aus den ihm zugefügten<br />
Nahrungsmischungen zu ziehen imstande war.<br />
Ich wußte nun, daß mein Körper an chronischer Vergiftung litt, fast wörtlich<br />
abgenutzt war und schwer gegen die Überlastung mit zu reichlichem, nahrhaftem<br />
Essen kämpfen mußte, denn ich aß damals Mengen, die <strong>dr</strong>ei hart arbeitenden Männern<br />
genügt hätten.<br />
Einige Zeit riet ich umsonst an dem Rätsel meines ständigen Hungers herum, des<br />
Gefühls, das ich „Leere“ und „innere Schwäche“ nannte und das unfehlbar wenige<br />
Stunden nach dem Genuß einer Mahlzeit sich einstellte, auch wenn ich, wie ich damals<br />
bereits deutlich erkannte, viel zu viel gegessen hatte. Schließlich erinnerte ich mich,<br />
wie oft ich als junger Bursche im Wachstumsalter eine Mahlzeit übersprungen hatte,<br />
obwohl reichliche Nahrung in der Entwicklungsperiode besonders wichtig ist — aber<br />
ich durchstreifte damals Felder und Wälder und spürte, sogar wenn ich hungrig war,<br />
niemals die haltlose Leere, die mich in meiner Krankheitszeit beständig quälte. Immer<br />
deutlicher erkannte ich, daß das Schwächegefühl, welches mich überfiel, sobald ich<br />
einige Stunden ohne Nahrung gewesen war, eine gewisse Verwandtschaft mit der<br />
Depression und dem Verlangen des Gewohnheitstrinkers oder eines<br />
Rauschgiftsüchtigen aufwies; auch der Trinker oder der Morphinist erlebt diesen<br />
Zusammenfall, sobald die Wirkung des letzten Genusses sich verloren hat und die<br />
sekundäre Folgeerscheinung der Depression, Hilflosigkeit und Vergiftungsarbeit,<br />
einsetzt.<br />
Ich sah jetzt, warum die reichlichen Mahlzeiten und das häufige Essen in mir dies<br />
Schwächegefühl und diese Empfindung von Leere hervorriefen, so daß ich immer<br />
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