dr. med. robert g. jackson - Sapientia
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unruhig, halten sich straff aufrecht und schnattern mit schneidenden Stimmen<br />
aufeinander ein; ihre Gesichtsmuskeln sind hart angezogen, und ich möchte wetten, sie<br />
sehen in wenigen Jahren alt und verwittert aus. Hier noch ein Mann und eine Frau, die<br />
Messer und Gabel und Löffel oder ein Stück Brot an sich reißen oder sich hastig von<br />
einer Platte bedienen, als ob sie eine Partie Schnipp-Schnapp spielten, anstatt anmutig<br />
ihre Hand nach dem Gewünschten auszustrecken, wie ein sehr kleines Kind es tun<br />
würde; ihr Fehler ist nicht der Mangel an guten Manieren, der Fehler ist, daß ihre<br />
Nerven und Muskeln sich nicht zu benehmen wissen.<br />
Nur beständig und auch bewußt gelockerte Muskeln und Gelenke kann man in<br />
anmutiger Gelassenheit zu den beabsichtigten Zwecken und mit der äußersten<br />
Genauigkeit in Raum- und Zeiteinteilung bewegen.<br />
Ein jeder beobachte sich nun selber einmal auf diese Dinge hin. Wahrscheinlich wird<br />
man dann viele Anzeichen körperlicher Spannungszustände bei sich selbst entdecken!<br />
Laß jemanden deinen Arm in die Höhe heben und gib acht, ob deine Hand lose vom<br />
Gelenk herunterhängt oder steif in die Luft hinaussteht. Wenn die unterstützende Hand<br />
sich unvermittelt zurückzieht — fällt dann dein Arm hernieder, als ob er lahm wäre?<br />
Lege dich hin, laß jemanden deinen Kopf von einer Seite zur andern rollen und<br />
plötzlich innehalten, und beobachte, ob dein Kopf augenblicklich aufhört, sich zu<br />
bewegen, und in der genauen Lage bleibt, in der er sich befand, als die Hand, die ihn<br />
bewegte, sich zurückzog, und ob diese Lage ungezwungen ist, oder ob der Kopf von<br />
selbst in eine andere Lage zurückrollt (wodurch die Anstrengung automatisch gelöst<br />
wird) und darin verharrt, wie der Kopf eines toten, schlaffen Körpers in der Lage<br />
verharren würde, in der er seinem Gewichte nach am günstigsten liegt. Oder bewegt<br />
sich dein Kopf in der Richtung, in welche die Hand ihn führte, weiter? In<br />
neunhundertneunundneunzig von tausend Fällen wird er das tun. Bist du nicht zufällig<br />
der tausendste Fall, so befindest du dich in einem Zustand chronischer Muskel- und<br />
Nervenspannung, die deine lebendige Nervenkraft beständig abnutzt.<br />
Beobachte dich, wenn du deine Hand nach irgendeinem Gegenstand ausstreckst, und<br />
sieh, ob Hand und Arm, die du für diesen Zweck benützest, die einzigen Teile deines<br />
Körpers sind, die den Impuls zur Bewegung erhalten; prüfe, ob ihre Bewegung<br />
krampfhaft ist, ob die Hand sich heftig und unkontrolliert ausstreckt und zurückzieht<br />
(Fall 1) oder überlegt und völlig sicher das gewünschte Ding aufhebt, ohne die<br />
geringste Hast im Wesen, in den Nerven und in den Muskeln, im Gegenteil, mit einem<br />
Gefühl vollständiger Gelassenheit (Fall 2). Im ersten Fall verschwendest du deine<br />
Lebenskraft in Überanspruchung deiner Kräfte und untergräbst deine Gesundheit<br />
zwecklos vorzeitig; im zweiten Fall bist du auserwählt, bei im übrigen gleichen<br />
Bedingungen viele Jahre länger als nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft zu<br />
leben. Beobachte dich, wenn du spazieren gehst, ob dein ganzer Körper unbiegsam<br />
und starr im Takte deiner steifen, ruckweisen Schritte gestoßen wird. Dann erschöpfst<br />
du rasch deinen Vorrat an Lebenskräften — an den Kräften, die die Natur dir zum<br />
Schutze gegen Krankheiten mitgegeben hat. Oder schwingst du deine Beine in freien,<br />
ausziehenden Schritten, folgt dein ganzer Körper rhythmisch ihren Bewegungen, und<br />
schwingen deine Arme dazu mehr oder weniger wie Dreschflegel in harmonischem<br />
Takt? Dann vermehrst du beständig deinen Vorrat an Lebenskraft, indem du jeweilen<br />
nur die für die momentane Verrichtung notwendige Kraft ausgibst.<br />
In dieser Weise solltest du jede einzelne bewußte Tätigkeit daraufhin untersuchen,<br />
ob deine Bewegungen wohl erwogen und überlegt und frei erfolgen und ob du nicht<br />
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